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Schwieriger Fall

Das angeschlagene Sebnitzer Krankenhaus bekommt eine Kur verordnet. Es soll von der Hohwald-Klinik profitieren.

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Von Dirk Schulze

Trotz aller Beteuerungen: Die Verunsicherung über die Zukunft der Sebnitzer Klinik ist in der Bevölkerung nach wie vor groß. Immer wieder machen Gerüchte über eine angeblich bevorstehende Schließung die Runde. Das kommt nicht von ungefähr: Die Auslastung der Klinik lässt zu wünschen übrig, zwei Jahre lang konnte kein neuer Chefarzt für die Innere Medizin gefunden werden, seit über einem Jahr ist der Tarifkonflikt für das Pflegepersonal ungelöst. Befeuert wurde die Gerüchteküche, als die Klinikleitung Ende März die Schließung der Babystation verkündete. Nur wenige Wochen später wurde bekannt, dass mit Dr. Aiman Bachouri, Chefarzt der Gynäkologie und Leiter des Brustzentrums Ostsachsen, einer der prominentesten Mediziner das Haus verlässt.

Stefan Härtel, Regionalgeschäftsführer der Asklepios-Kliniken in Sachsen und seit 1997 Geschäftsführer der Hohwaldklinik. Foto: priv.
Stefan Härtel, Regionalgeschäftsführer der Asklepios-Kliniken in Sachsen und seit 1997 Geschäftsführer der Hohwaldklinik. Foto: priv.

Jetzt macht Stefan Härtel, Leiter der Hohwaldklinik und als Regionalgeschäftsführer des Asklepios-Konzerns auch für das Sebnitzer Krankenhaus verantwortlich, die Klinik Sebnitz zur Chefsache. Beide Häuser sollen in Zukunft enger zusammenarbeiten, sagte Härtel der SZ. Sebnitz soll dabei vom guten Ruf der Hohwald-Klinik profitieren, aber trotzdem eigenständig bleiben. Zudem plant Härtel eine mehrjährige Kooperation mit Gesundheitswissenschaftlern der TU Dresden. Ziel des Projekts ist es, die Klinik Sebnitz neu zu positionieren.

Wird aus der Sebnitzer Klinik eine Außenstelle der Hohwaldklinik?

Nein. „Die Sebnitzer Klinik ist und bleibt ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung“, sagt Asklepios-Regionalgeschäftsführer Stefan Härtel. Als solches wird die Klinik aktuell im Krankenhausplan des Freistaats Sachsen geführt und der werde nach seiner Einschätzung auch über das Jahr 2016 hinaus entsprechend fortgeschrieben. Das Krankenhaus sei an diesem Standort unverzichtbar, um die Bevölkerung zu versorgen. Die fünf Abteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie, Radiologie und Intensivmedizin bleiben weiterhin bestehen. Die Hohwaldklinik hingegen ist ein Fachkrankenhaus für Orthopädie. Beide Häuser bleiben als wirtschaftlich eigenständige Gesellschaften erhalten, sollen aber in Zukunft eng miteinander kooperieren.

Nicht festlegen wollte sich Härtel hingegen auf die künftige Bettenzahl in Sebnitz. Aktuell sind im Krankenhausplan 162 Betten für die Sächsiche-Schweiz-Klinik festgeschrieben. Nicht die Größe sei entscheidend, sondern die Qualität, so Härtel. Es gebe zudem eine allgemeine Tendenz, dass die Patienten immer kürzer in den Kliniken bleiben und häufiger ambulant behandelt wird.

Wie soll die Kooperation

im Detail aussehen?

Bereits zum 1. Juli hat die Pflegedienstleiterin der Hohwaldklinik auch die Verantwortung für die Schwestern und Pfleger der Sebnitzer Klinik übernommen. Sie managt nun das Pflegepersonal für beide Häuser. Seit April wird auch die Finanzbuchhaltung vom Hohwald aus gesteuert, darüber hinaus ist die leitende OP-Schwester Ivett Sauer seit März ständig in Sebnitz.

Außerdem werden bereits Patienten aus der Hohwaldklinik in Sebnitz operiert. Die Operateure aus dem Hohwald fahren dann dorthin. Besonders bei komplizierten Eingriffen, bei denen im Anschluss eine längere intensivmedizinische Betreuung nötig ist, ein Vorteil. Auf freiwilliger Basis sollen zudem weitere Mitarbeiter der Hohwaldklinik in Sebnitz arbeiten und umgekehrt, um das gegenseitige Verständnis zu fördern. Geprüft wurde auch eine Zusammenlegung der Küchen beider Krankenhäuser, die ist jedoch vom Tisch. Die gewünschte Qualität sei durch die dann entstehenden Fahrzeiten nicht zu halten.

Wie ist die wirtschaftliche Situation der Sebnitzer Klinik?

Die Sächsische-Schweiz-Klinik Sebnitz habe im Jahr 2014 ein positives Ergebnis verzeichnet, erklärt Regionalgeschäftsführer Härtel. Das werde auch im laufenden Jahr so sein. Längerfristig hat die Klinik mit dem Bevölkerungsrückgang im ländlichen Raum zu kämpfen. Durch die zunehmende Überalterung werden die Patientenzahlen nach Prognosen des Statistischen Landesamtes bis zum Jahr 2025 jedoch ansteigen.

Wie geht es weiter im Tarifstreit

an der Sebnitzer Klinik?

Der Tarifkonflikt ist weiter ungelöst. Im vergangenen Sommer hatten die nichtärztlichen Mitarbeiter teilweise mit öffentlichen Aktionen vor der Klinik ein höheres Gehalt eingefordert, die Gewerkschaft Verdi drohte mit einem Streik. Doch die Klinikleitung lehnte Verhandlungen mit der Gewerkschaft prinzipiell ab. Das wird auch so bleiben. Stattdessen ist eine sogenannte Einigungsstelle eingerichtet, bei der sich Betriebsrat und Geschäftsführung unter Vorsitz eines Tarifexperten gegenübersitzen und in gemeinsamer Verantwortung eine Lösung suchen.

Das Gremium tagt erneut am 20. Juli in Dresden. Regionalleiter Stefan Härtel informiert, dass die Geschäftsführung der Belegschaft ein Angebot unterbreitet hat, das eine neue Vergütungstabelle und eine einmalige Nachzahlung enthält. Bis zum 31. Oktober soll das Thema geklärt sein, die neue Regelung dann rückwirkend zum 1. September in Kraft treten. Einen neuen Tarifvertrag wird es trotzdem nicht geben. Verhandlungen mit Verdi schließt Härtel weiterhin aus.

Warum war der Chefarztposten für Innere Medizin so lange unbesetzt?

Vor wenigen Tagen hat die Klinik mit Dr. Andreas Müller einen neuen Chefarzt für die Abteilung Innere Medizin präsentiert. Der bislang in Görlitz tätige Mediziner tritt am 1. Oktober seinen Dienst in Sebnitz an. Die Stelle war damit über zwei Jahre lang unbesetzt. Die Abteilung, immerhin die größte der Klinik, wurde vertretungsweise von Dr. Alexander Böhme geleitet – sehr verantwortungsvoll, lobt Stefan Härtel. Der Regionalgeschäftsführer erklärt, man habe sehr lange nach einem Chefarzt gesucht, der zur Sebnitzer Klinik passt. Die Neubesetzung stehe auch schon seit einigen Monaten fest, mit Rücksicht auf das vorherige Arbeitsverhältnis von Dr. Müller und lange Kündigungsfristen habe sie jedoch erst jetzt bekannt gemacht werden können. Der 53-Jährige sei fachlich renommiert und die geeignete Persönlichkeit für den Umgang sowohl mit älteren als auch mit jüngeren Patienten.

Im vergangenen Jahr hatte die Klinik bereits die Chefarztposten für Chirurgie und Radiologie neu besetzt. Die Vorgänger hatten das Haus verlassen. Nach dem Weggang von Dr. Aiman Bachouri muss nun noch ein neuer Leiter für die Gynäkologie gefunden werden. Auch hier gebe es vielversprechende Lösungsansätze in kürzester Zeit, so Härtel.

Was soll das Projekt mit der

TU Dresden bringen?

Der Lehrstuhl für Gesundheitswissenschaften der TU Dresden soll die Klinik umfassend untersuchen, mit Schwerpunkt auf der internen Kommunikation. Das werde unter enger Einbeziehung der Mitarbeiter passieren, so Stefan Härtel. Man wolle ein ähnlich gutes Arbeitsklima schaffen wie in der Hohwaldklinik, die mehrfach als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet wurde.

Darüber hinaus steckt Asklepios auch Geld in Medizintechnik wie ein neues CT-Gerät. Einschließlich der Zusammenarbeit mit der TU werde der Konzern einen siebenstelligen Betrag in Sebnitz investieren, kündigt Härtel an. Das Ziel ist eine neue Positionierung der Klinik. Das Sebnitzer Krankenhaus soll sich den Ruf als „kleine aber feine Klinik mit Herz“ erarbeiten.

Der CDU-Stadtverband Sebnitz bereitet gemeinsam mit der Klinik ein Bürgerforum zum Thema Gesundheitsversorgung vor, das im 2. Halbjahr 2015 stattfinden soll. Hier sollen alle Interessierten Antworten auf ihre Fragen sowie Informationen über das aktuelle Geschehen erhalten. Der Veranstaltungstermin werde rechtzeitig bekannt gegeben.