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Schwerlast-Transport mit der Rikscha

Alles, was Frank Resagk bei Ebay ersteigert, holt er selbst ab. Dafür ist auch mal Hunderte Kilometer unterwegs.

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© Steffen Füssel

Von Doreen Reinhard

Für Frank Resagk endet jede Schnäppchenjagd mit Muskelkater. Auch von seiner letzten ist er mit großer Beute zurückgekehrt, aber hat mit höllischen Schmerzen bezahlt. „Meine Beine haben so wehgetan, dass ich drei Tage keine Treppen steigen konnte.“ Das sagt einer, der für sein Leben gern shoppen geht. Oder besser gesagt: fährt. Denn normal ist Resagks Kaufverhalten nicht. Handelsüblich ist, dass er beim Einkauf auf die Preise achtet und deshalb Stammkunde bei Ebay ist. Im Internet vergleicht er häufig die Second-Hand-Angebote und schlägt immer dann zu, wenn in seinem Haushalt etwas fehlt. Selbstabholung? Kein Problem. Der 56-Jährige hat schließlich seine Fahrradrikscha.

Für einen Geschirrspüler ist er schon bis in den Bayrischen Wald geradelt und für sieben Weinfässer bis in die tiefste Lausitz. Er hat für seine Freundin ein Laufband in Brandenburg abgeholt und gerade einen Kühlschrank in Riesa. Der war wieder ein Schnäppchen, aber auch eine echte Last. „Das war das Sperrigste, was ich bisher gemacht habe“, das ist ein Teil von Resagks Bilanz. Der andere lautet: Am Ende hat ihn das Gerät 69 Euro und 112 schweißtreibende Kilometer auf dem Elberadweg gekostet.

Warum einfach, wenn es kompliziert geht – dieser Gedanke fährt bei jeder seiner Ebay-Touren mit. Ein anderer endet in einem Portemonnaie, denn früher hatte Resagk Jobs im Bergbau und in Fitnessstudios, nun ist er schon seit Jahren arbeitslos. Ein eigenes Auto übersteigt sein Budget. Dafür hat er Zeit für Sport, das ist seit seiner Jugend eine Passion. Vor allem Disziplinen, bei denen es um Ausdauer und Kondition geht. Seit 35 Jahren nimmt er am Rennsteiglauf teil und trainiert dafür mehrmals in der Woche, unter anderem im Sattel. 2007 kam der Dresdner zum ersten Mal auf die Idee, dass Ebay der Weg zu noch mehr Kondition ist. Die erste Reise zu einem Küchengerät, das in Berlin stand, verlief jedoch wacklig. „Ich hatte damals nur einen Anhänger am Rad, das war nicht optimal“, sagt er. Also ersteigerte er sich als Nächstes eine Rikscha, die er vom Verkäufer in Bielefeld natürlich selbst abholte und nach Dresden fuhr. Seither ist sie sein zuverlässiger Begleiter, die er auch über unwegsames Gelände manövriert. Sonntagsfahrten sind seine Touren trotzdem nicht. Erst recht nicht mit einem zwei Meter hohen und 80 Kilo schweren Kühlschrank an Bord.

Anfang April startete Frank Resagk auch diese Selbstabholung. Die Leer-Fahrt im Morgengrauen an der Elbe entlang – beinah Entspannung, auch wenn er mit diversen Treppen und Holper-Pflasterstrecken nicht gerechnet hatte. Der Verkäufer staunte über den Kunden, der nicht mit dem Auto vorfuhr, aber half ihm, den Küchen-Koloss auf die Rikscha zu hieven. Die Rückfahrt war ein Balanceakt, der schon nach wenigen Kilometern zu scheitern drohte, denn das Amt schritt ein. „Eine Polizeistreife hat mich angehalten und wollte wissen, was es mit meinem Gefährt auf sich hat.“ Die Beamten kontrollierten und mussten ihm schließlich den Laufpass geben. „Sie wollten nur schauen, ob alles ordnungsgemäß verstaut ist, waren zufrieden und ließen mich weiterfahren“, erzählt er.

Nünchritz, Meißen, Coswig, Cotta – von Etappe zu Etappe kämpfte er sich mit seiner Last voran, bis er nach 18 Stunden endlich vor seiner Wohnung ankam, vollkommen erschöpft und ausgebrannt. „Das war eine meiner anstrengendsten Touren“, sagt Resagk. Die nächste plant er trotzdem schon. Einen Räucherofen für seinen Garten bräuchte er bald, die Ebay-Angebote sondiert er bereits. Das Geld dafür fehlt zwar noch, Kraft für die Selbstabholung hat er aber längst wieder gesammelt.