Merken

Schwere Technik für filigrane Klammern

Görlitzer Geschichte: Was der Erfinder der Zahnspange noch heute mit einer Werkstatt in Biesnitz zu tun hat.

Teilen
Folgen
© Ralph Schermann

Von Ralph Schermann

In der Biesnitzer Werkstatt von Lothar Kaulfers, dem Medizintechniker, Zaubergerätehersteller und langjährig bekannten Magier, steht ein unscheinbarer grüner Kasten. Die kleine Schachtel hat es in sich: „Sie wiegt 35 Kilogramm, mit Zubehör sogar 50“, sagt der rastlose Tüftler. Er weiß natürlich, was das für ein Kasten ist: „Das ist ein Löt- und Schweißapparat aus den 1950er Jahren.“ Mit dem Teil kann man bei Wahl der richtigen Temperatur sogar kleinste Teile punktschweißen, etwa zwei Stecknadeln zu einer – Aufgaben, die ein Zaubertrickerfinder zu nutzen versteht. Genutzt aber hat den Apparat einst ein anderer: „Das ist die Original-Maschine aus der Praxis von Dr. Klammt“, sagt Kaulfers, und er betont den Namen ehrfürchtig.

Dem verdienstvollen Zahnarzt (Bild von 1987) hat die Stadt Görlitz viel zu danken. Deshalb verlieh sie ihm die Ehrenbürgerschaft.
Dem verdienstvollen Zahnarzt (Bild von 1987) hat die Stadt Görlitz viel zu danken. Deshalb verlieh sie ihm die Ehrenbürgerschaft. © Helmut Vogt

Zu recht. Denn Georg Klammt, Ehrenbürger in Görlitz, ist in der Welt bekannt, ein Institut in Brasilien trägt seinen Namen, und er selbst trug den selten vergebenen päpstlichen „Orden des heiligen Silvester“. Am 27. Februar wäre er jetzt 110 Jahre alt. Der fast 60 Jahre praktizierende Zahnarzt und Kieferorthopäde schrieb Medizingeschichte. Denn er erfand den Klammtschen Gebiss-Regulierungsapparat. Den kennt jeder – und sagt viel einfacher Klammer oder Zahnspange dazu. Seine Erfindung wäre ohne das Löt- und Schweißgerät nicht möglich gewesen. Mit ihm verband der geniale Zahnmediziner Bänder, Verschraubungen und Drähte, die er nach Vorlage von Gebissabdrücken formen, biegen, verbinden und letztlich anpassen konnte. Georg Klammt wurde in Bad Flinsberg im Isergebirge geboren. Die Familie (auch sein Vater war Dentist) zog 1914 nach Görlitz. Hierher kam er zurück, nachdem er in Bonn, Freiburg/Breisgau und Berlin studiert hatte. Auf dem Demianiplatz 26 hing das Praxisschild des Gründungsmitglieds der örtlichen CDU. Georg Klammt hatte die 1935 als Assistentin zu ihm gekommene und später promovierte Zahnärztin Christine Pick geheiratet. Fünf Kinder gingen aus dieser Dentisten-Ehe hervor. Eine seiner Töchter führte eine eigene Görlitzer Praxis. Sanitätsrat Dr. med. dent. Georg Klammt blieb Görlitz immer treu. Im März 2003 trug man ihn hier zu Grabe.

Die kleine grüne Maschine erinnert weiter an ihn. Lothar Kaulfers war einst dafür zuständig, sie in vorgeschriebenen Abständen zu warten und, wenn nötig, zu reparieren. In den 1980er Jahren leistete sich Dr. Klammt eine neue Anlage. Der Techniker bewahrte die alte Maschine vor dem Schrottplatz. „Sie leistet mir heute noch gute Dienste“, sagt er: „Immer, wenn ich damit arbeite, erinnert sie mich wieder an den so wunderbaren Dr. Klammt, der für Görlitz so viel geleistet hat.“