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Schwelle raus, Schwelle rein

Bei der Schmalspurbahn ist Betriebspause. Züge fahren nicht, dafür wird an der Strecke gearbeitet. Das missfällt manchem.

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© Rafael Sampedro

Von Mario Sefrin

Mit einem großen, schweren Schrauber lockern die Männer der Gleisbau Bautzen GmbH die Muttern, die Gleis und Schwelle zusammenhalten. Dann kommt der Bagger zum Einsatz: Dieser entfernt die Schottersteine rund um die große Holzbohle und legt diese nach und nach frei – bis die Schwelle ganz unter dem Schienenstrang hervorgezogen und durch eine neue ersetzt werden kann.

Damit die Schmalspurbahn freie Fahrt hat: Roberto Spaziani, Mitarbeiter vom Baumdienst Andreas Harazin, geht nahe dem Bahnhof Bertsdorf mit der Motorsäge gegen störende Äste vor.
Damit die Schmalspurbahn freie Fahrt hat: Roberto Spaziani, Mitarbeiter vom Baumdienst Andreas Harazin, geht nahe dem Bahnhof Bertsdorf mit der Motorsäge gegen störende Äste vor. © SZ Thomas Eichler

Es ist Betriebspause bei der Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft, kurz Soeg. Wie jedes Jahr nutzt die Zittauer Schmalspurbahngesellschaft den urlauberarmen Monat November, um ihr Streckennetz ins Zittauer Gebirge, nach Oybin und Jonsdorf auf Vordermann zu bringen. „Da werden vor allem marode Bahnschwellen ausgetauscht und die Strecke von Ästen und Sträuchern freigeschnitten“, sagt Sabine Barthelmes. Sie ist als Oberste Betriebsleiterin bei der Soeg für die sichere Durchführung des Eisenbahnverkehrs auf der Strecke der Schmalspurbahn verantwortlich. Und um diese Sicherheit gewährleisten zu können, geht die Soeg einmal jährlich in Betriebspause. Aus diesem Grund fahren bis zum 26. November keine Züge bei der Schmalspurbahn. „Die würden uns bei den Arbeiten nur behindern“, sagt Sabine Barthelmes.

Im Grunde genommen sind bei der Schmalspurbahn das ganze Jahr über Mitarbeiter unterwegs, um die notwendigen Arbeiten für diese vier Wochen im Spätherbst zusammenzustellen. „Wir haben sogenannte Infrastrukturmitarbeiter, die einmal im Monat die gesamte Strecke abgehen und auf Schäden oder Beeinträchtigungen kontrollieren“, erklärt Sabine Barthelmes. „Das Ergebnis dieser Begehungen wird dann schriftlich dokumentiert. Dazu gibt es ein Arbeitsbuch“, so die Betriebsleiterin. Bei den Begehungen wird per Sichtprüfung auf verschiedene Aspekte geachtet: Sitzen die Kleineisen und Laschenverbindungen an den Schienen fest, wie ist der Zustand der Schwellen. „Unsere Mitarbeiter schauen, ob die Schwellen Risse haben und wie deren Gesamtzustand ist“, sagt Sabine Berthelmes. Für diese Prüfung haben die Soeg-Leute übrigens ein besonderes Talent entwickelt, weiß die Soeg-Frau: „Ein guter Infrastrukturmitarbeiter hört am Klang der Schwellen, ob diese morsch oder hohl sind. Oftmals sieht die Oberfläche noch gut aus, aber innen ist die Schwelle hohl“ – und muss ausgewechselt werden. Denn die Soeg hat für den Betrieb der Schmalspurbahn eine Verkehrssicherungspflicht: „Auch wir müssen uns an die Gesetze halten, speziell gilt für uns das allgemeine Eisenbahngesetz“, so Sabine Berthelmes. Dafür nimmt die Soeg viel Geld in die Hand: „Unser Budget für Investitionen in die Infrastruktur beträgt jährlich circa 100 000 Euro“, sagt Frau Berthelmis.

Ein großer Teil dieser Summe wird zur Betriebspause im November ausgegeben. So auch in diesem Jahr: In den vergangenen Tagen waren die Mitarbeiter der Gleisbau Bautzen GmbH, mit der die Soeg bereits eine langjährige gute Zusammenarbeit verbindet, auf der Bahnstrecke nach Oybin tätig. Den Schwellen, die dort aus dem Gleisbett gezogen wurden, sah man Alter und Verschleiß schon von weitem an. Sabine Berthelmes kennt auch den Grund dafür: „Die Schwellen, die jetzt ausgewechselt werden, bestehen oft aus weichen Holzarten, wie Fichtenholz. Die neuen Hartholzschwellen sind aus Eiche oder Buche. Die halten länger.“ Die alten Schwellen werden übrigens durch den Bautzner Gleisbaubetrieb nicht nur ausgebaut, sondern gleich auch fachgerecht entsorgt, erklärt die Soeg-Betriebsleiterin.

Neben den Schwellen stehen in punkto Sicherheit aber auch die Bahndämme im Blickpunkt der Arbeiten. Bahndämme sind entlang der gesamten Strecke zu finden, es gibt aber auch unterirdische, nicht sichtbare Dämme. Hier ist es vor allen Dingen wichtig, dass die Entwässerung funktioniert. „Sind die Entwässerungsgräben beispielsweise mit Laub zugestopft, kann das Wasser nicht richtig abfließen. Dann kann es passieren, dass die Bahndämme ausgespült werden“, sagt Sabine Berthelmes.

Der dritte Schwerpunkt, auf den die Soeg bei der Sicherung des Bahnverkehrs zu achten hat, ist das Freischneiden der Strecke von Ästen und Sträuchern. Auch dabei setzt die Bahn auf Fachleute. „Wir arbeiten hier sehr gut mit dem Baumdienst Andreas Harazin aus Zittau zusammen“, sagt Sabine Berthelmes. Dessen Arbeit in den vergangenen Tagen ist zumindest in Olbersdorf nicht unbeachtet geblieben. So meldete sich ein Bewohner der Randsiedlung, die an der Bahnstrecke liegt, der die Arbeiten verfolgt hatte. Dabei sei auch eine große Eiche gefällt worden, mehrere Bäume wurden stark zurückgeschnitten. Muss das sein, fragt der Anwohner? „Ja“, sagt Andreas Harazin. Wo seine Mitarbeiter Äste zurückschneiden oder gar Bäume kappen, sei das aus Gründen der Verkehrssicherheit für die Schmalspurbahn unumgänglich. „Dabei geht es um Gefahrenstellen“, so Harazin. Er weiß das auch deshalb so genau, weil es vor den Arbeiten eine gemeinsame Begehung der betroffenen Stellen mit Soeg-Mitarbeitern gegeben habe. Auch die Eiche in Olbersdorf war eine Gefahr: „Der Baum hatte ein Einfahrsignal verstellt. Das war schwer zu erkennen“, erklärt Sabine Berthelmes. Andreas Harazin weist neben der Gefahr auch auf einen anderen Aspekt hin: „Je größer die Bäume oder Sträucher werden, umso teurer wird es, diese zurückzuschneiden.“ Neben Olbersdorf sind er und seine Mitarbeiter derzeit auch an der Strecke in Zittau tätig, unter anderem am Vorstadtbahnhof .

Läuft alles wie geplant, soll die Schmalspurbahn ab dem 27. November mit Volldampf und Überraschungen in die Advents- und Weihnachtszeit fahren. Dann tritt der Nebenfahrplan in Kraft.

www.soeg-zittau.de