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Schweizer verlagern Produktion nach Zittau

Beim Textilmaschinenhersteller Küsters geht es wieder aufwärts – weil einige Kunden bewusst höhere Preise zahlen.

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© Thomas Eichler

Von Thomas Mielke

Klaus-Dieter Weimann und Kay Wildenhain bauen bei der Küsters textile GmbH an Gerhart-Hauptmann-Straße in Zittau mit ihren Kollegen Textilmaschinen. Schon bald werden sie neue Kollegen bekommen, denn die Mutterfirma, die Benninger AG, will ihre in Europa verbliebene Produktion und Montage bis Ende 2017 vom Heimatstandort im Schweizer Uzwil an die Mandau verlagern. „Wir werden Produktion, Konstruktion und Entwicklung von Textilveredelungsanlagen in Zittau betreiben, zusätzlich Ersatzteilverkauf und Servicefunktion für gelieferte Anlagen“, teilte Beat Meienberger, Chef der Benninger AG, auf SZ-Anfrage mit. „Zittau wird auf die Fertigung von Foulard-Anlagen spezialisiert sein.“ Foulard-Maschinen werden beim Färben oder anderen Veredlungstechniken eingesetzt.

Konkret will die Benninger AG künftig wieder 40 bis 50 Menschen in Zittau beschäftigen. Seit April 2016 sind es bereits wieder 23. Am Tiefpunkt vor vier Jahren waren es um die zehn.

Mit dem Aufbau des Personals sind auch Investitionen in Zittau verbunden. „Wir haben bereits letztes Jahr in eine neue Drehmaschine investiert, um überlange Walzen bis sechs Meter fertigen zu können“, so Meienberger. „Weitere Ergänzungen/Erneuerungen des Maschinenparks sind geplant.“

Die Verlagerung der Produktion aus dem Kanton St. Gallen nach Ostsachsen hat eine eindeutige Ursache: „Die Lohnkosten im Speziellen und das allgemeine Kostenniveau in der Schweiz verunmöglichen eine gewinnbringende Produktion in der Schweiz“, so Meienberger. „Die kleine Mannschaft in Zittau“ dagegen habe mit Know-how, Einsatz und Qualität überzeugt. Sie muss vorerst nicht befürchten, dass das Unternehmen noch weiter gen Osten zieht. Zum einen hat Benninger den Teil der Produktion für Asien, mit dem die Firma einen Großteil ihres Umsatzes macht, schon vor Jahren nach Indien verlagert. Zum anderen „gibt es immer ein Segment von Kunden, die Maschinen mit europäischem Ursprung haben wollen und dafür bereit sind, bei angeglichenem Preis-/Leistungsniveau, einen Mehrpreis zu zahlen“, so Meienberger. „Dieses Segment wollen wir aus Zittau betreiben.“ Wenn der Markt mitspielt, sei er deshalb für den Oberlausitzer Standort sehr optimistisch.

Uzwil soll das Kompetenzzentrum der Benninger-Gruppe für Vertrieb, Entwicklung, Ingenieurdienstleistungen und Service bleiben. Die Zahl der Beschäftigten wird voraussichtlich um 40 auf rund 75 sinken. Nach Angaben der Thurgauer Zeitung, die sich auf eine Mitteilung des Unternehmens beruft, ist die Benninger AG vom Schweizer Angestellten-Verband aufgefordert worden, „gute Lösungen“ für die Betroffenen des Stellenabbaus zu suchen.

Benninger hat Küsters Zittau vor neun Jahren übernommen und damals schon angekündigt, die Produktion von Uzwil nach Zittau verlagern zu wollen. Dann kamen die Krisenjahre 2008 und 2009, in denen der Umsatz um 60 Prozent einbrach. Die Produktion wurde von Zittau nach Uzwil und ins indische Pune verlegt. Von einst rund 180 Mitarbeitern blieben am Ende nur reichlich zehn übrig. Sie produzierten Walzen für die Textilveredelungsindustrie und kümmerten sich um Serviceaufträge.

Die Maschinenbau-Firma hat eine lange Tradition in Zittau. 1864 legte Albert Gottlieb Constantin Kiesler den Grundstein. Als Zittauer Maschinenfabrik AG wuchs sie bis zum weltweit größten und bekanntesten Lieferanten von Ausrüstungsanlagen für textile Warenbahnen.

Auch zu DDR-Zeiten wurden 90 Prozent der Textima-Maschinen aus Zittau exportiert. Zu Höchstzeiten waren 800 Menschen beschäftigt. Bereits vor der Wende begann die Zusammenarbeit mit der Firma Küsters aus Krefeld, die das damals zu Robur gehörende Werk nach der Wende übernahm.