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„Schwarz und rund genügt nicht“

660 Reifenwerker haben einen neuen Chef. Mirek Maziarka ist gern nach Riesa gezogen.

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© Sebastian Schultz

Mirek Maziarka hat schon in Polen, Luxemburg und Brasilien für den Reifenhersteller Goodyear-Dunlop gearbeitet. Nun ist er seit dem Sommer neuer Werkleiter in Riesa – und damit Chef von aktuell 660 Mitarbeitern. Die SZ hat den 48-jährigen Polen in seinem neuen Büro an der Paul-Greifzu-Straße besucht und zu seinen Plänen mit dem Reifenwerk befragt.

Das Riesaer Reifenwerk von Goodyear-Dunlop: Etwa fünfeinhalb Millionen Reifen werden dort jährlich hergestellt.
Das Riesaer Reifenwerk von Goodyear-Dunlop: Etwa fünfeinhalb Millionen Reifen werden dort jährlich hergestellt. © Lutz Weidler

Herr Maziarka, zuletzt kamen fünfeinhalb Millionen Stück pro Jahr aus dem Riesaer Werk. Wie viele werden es mit Ihnen als Chef?

Die exakte Zahl steht noch nicht fest. Es sollen aber mehr werden. Die reine Anzahl ist aber für mich nicht das Wichtigste: Wir wollen mehr High-End-Produkte produzieren, komplexere und damit anspruchsvollere Reifen.

Wovon hängt ab, ob das Ziel gelingt?

Am Wichtigsten ist das Team: Die Mitarbeiter sollen mit unseren Produkten nicht nur die Kunden zufriedenstellen, sondern auch selbst mit ihrer Tätigkeit zufrieden sein. Ich möchte, dass Riesas Reifenwerker stolz auf ihre Arbeit sind.

Und: Sind sie das?

Wir haben keine Probleme, Nachwuchs zu finden und konnten daher alle freien Stellen besetzen. Die Leute wollen bei uns arbeiten. Der Fokus liegt bei uns auf der Qualität der Produkte: Nur „schwarz und rund“ reicht nicht aus. Deshalb sind Reifen aus Riesa auch so gefragt. Genauso wichtig ist aber, dass die Mitarbeiter einen sicheren Job haben.

Was meinen Sie damit?

Sicherheit sehe ich unter zwei Gesichtspunkten: gesicherte Arbeitsstellen und Sicherheit am Arbeitsplatz. So wollen wir beim Thema Arbeitsplatz nicht nur die Vorschriften erfüllen, sondern wirklich auf der sicheren Seite sein. Wir sprechen nicht über das Thema, weil wir zu viele Unfälle im Werk haben, sondern weil sie erst gar nicht passieren sollen.

Warum ist Ihnen das Thema Sicherheit so wichtig?

In Riesa hatten wir einen Fall, dass ein Kollege auf dem Weg zur Arbeit von einem Lkw angefahren wurde. Das hat mich geschockt. Indem man mit solchen Vorfällen offen umgeht und sie mit den Kollegen bespricht, sensibilisiert man für das Thema Sicherheit.

Audi, BMW oder Mercedes, aber auch Renault und Toyota setzen bei Neuwagen auch auf Reifen aus Riesa. Warum?

Unser Werk kann mit den unterschiedlichen Anforderungen der Autohersteller umgehen. Der Markt entwickelt sich. SUV oder neue Limousinen brauchen größere und komplexere Reifen. Genau das kann Riesa. Wir haben die richtige Technologie, die richtigen Leute und das richtige Produkt für zufriedene Kunden.

Fahren Sie persönlich denn auch auf Goodyear-Reifen?

Natürlich! Ich fahre Dunlop im Sommer, Goodyear im Winter - nichts anderes. Ich lasse auch meine Frau auf Reifen von Goodyear fahren – und sie ist mit unserem kleinen Sohn unterwegs. Die lasse ich nur auf guten Reifen fahren. Unsere Reifen sind sogar bei meiner Fahrweise sicher. (lacht)

Ihr Vorgänger Bruno Kihm war fünf Jahre Chef in Riesa. Was wollen Sie anders machen?

Ich möchte das, was Bruno hier gemacht hat, fortsetzen. Eine Revolution wird es nicht geben. Ich muss mir das hohe Vertrauen der Mitarbeiter aber erst erarbeiten. Es freut mich, dass die Leute hier sehr offen sind: Sie haben mich gleich willkommen geheißen und mir einen Vertrauensvorschuss gegeben.

In Riesa arbeiten 660 Reifenwerker. Sind es bald 700?

Wir wollen wachsen, aber nachhaltig. So einen großen Sprung wie bei der letzten Erweiterung von 2012 haben wir derzeit nicht geplant. Noch weiß ich zwar nicht, wie viele Mitarbeiter wir in fünf Jahren haben werden, aber es werden nicht weniger als heute sein.

Goodyear-Dunlop hatte erst kürzlich bekannt gegeben, das Werk in Philippsburg (Baden-Württemberg) schließen zu wollen. Wie steht Riesa im Konzern da?

Zu Philippsburg kann ich nichts sagen. Ich spreche nur für Riesa: Wir bieten sichere Jobs mit Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Mitarbeiter. Wer zu uns kommt, kann weltweit bei Goodyear Karriere machen.

Sie sind ja auch schon im Unternehmen herum gekommen …

Ja, ich fing 1995 im Reifenwerk Debica (Südostpolen) in der Entwicklungsabteilung an, kurz bevor Goodyear das Werk kaufte. Dann bin ich ins unternehmenseigene Technikcenter in Luxemburg gewechselt, wo ich zuletzt Chefingenieur für die Entwicklung von Lkw-Reifen war. Danach kam ich als Manager erst nach Philippsburg, dann wieder nach Debica – und schließlich ins Goodyear-Werk in Brasilien. Über eine Zwischenstation in Luxemburg bin ich jetzt in Riesa gelandet.

Da haben Sie aber schon an einigen Orten in der Welt gelebt ...

Ja. Das Wichtigste dabei ist es, offene Leute zu finden, mit denen man gut auskommt. Das ist mir in Riesa sehr leicht gelungen. Und außerdem ist die Entfernung zur Familie in Polen jetzt viel kürzer: Von Brasilien habe ich mit dem Flieger 24 Stunden bis zur Haustür gebraucht. Von Riesa kann ich am Freitagabend die 700 Kilometer nach Hause fahren.

Gespräch: Christoph Scharf