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Schwarz-Rot-Goldene Deutungshoheit

Die Deutschlandfahne ist im Sport ein Symbol für fröhlichen Patriotismus – bei Pegida ein Zeichen von Nationalismus.

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© SZ

Berlin. Bei der Fußball-WM 2006 war es ein Massenphänomen: Die Deutschen hatten beim Turnier im eigenen Land auf einmal Lust auf Schwarz-Rot-Gold. Die Folgen: Bratwurst-Packungen, Partyschminke und Überzieher für den Autorückspiegel in Nationalfarben. Es gab Bücher, die einen fröhlichen Patriotismus beschworen. Schwarz-Rot-Gold bekam einen Spaßfaktor. Und nun? Die Demos der Pegida  sind nicht nur in Dresden an den Deutschlandfahnen zu erkennen. Rückt Schwarz-Rot-Gold jetzt in die rechte Ecke?

Bundesinnenminister Thomas de Maizière ärgert sich, wenn die Nationalfarben für die Zwecke der Pegida-Bewegung genutzt werden. „Ich möchte nicht eine Demonstration sehen, bei der ein Kreuz in Schwarz-Rot-Gold so beleuchtet ist, dass es mich an den Ku-Klux-Klan erinnert“, so der CDU-Politiker bei einer Podiumsdiskussion zur Frage „Was will das Volk?“ in Dresden.

Der Sozialwissenschaftler Ulrich Wagner (Universität Marburg) weiß um die Bedeutung von Flaggen für bestimmte Gruppen. „Man versammelt sich sozusagen hinter der Fahne.“ Welche Bedeutung Pegida für das Nationalsymbol hat, hängt von der Entwicklung der Bewegung ab. „Das kann ein Strohfeuer sein.“ Wenn die Fahne auf Dauer „okkupiert“ werde, könne das für manche Menschen einen Bedeutungswechsel bringen – sie würde aus ihrer Sicht noch konservativer, so Wagner. Sein erster Gedanke beim Anblick von Schwarz-Rot-Gold in Dresden: „Was bedeutet das für Haltungen, Einstellungen und Akzeptanz von Einwanderern in Deutschland?“

„Deutschlandfahne und schwarz-rot-goldene Accessoires sind für Pegida wichtig, weil sie identitätsstiftend wirken“, sagt die Sozialpsychologin und Autorin Dagmar Schewidy. Beides sorgte für die emotionale Rückbindung und den Zusammenhalt. „Das ist gerade für eine Bewegung, die so heterogen ist, von großer Bedeutung.“

Die Junge Union schreibt sich einen „aufgeklärten Patriotismus in Deutschland“ auf die Fahnen. Den grenzt sie „bewusst und ausdrücklich von nationalistischem Gedankengut und einigen ausländerfeindlichen Parolen von Pegida“ ab.

Gestern auf dem Theaterplatz waren wieder viele Fahnen zu sehen, sächsische, russische, gar japanische. Auch jene mit einem skandinavischen Kreuz. Die stammt als Idee aus dem Jahr 1944 – aus dem Kreis der Hitler-Attentäter um Claus Graf Schenk von Stauffenberg. (dpa/SZ)