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Schusseligkeit oder bewusste Täuschung?

Ein Familienvater zahlte nur Unterhalt, wann es ihm passte. Weil das Jugendamt ihm auf die Schliche kam, wird es teuer.

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Von Marcus Herrmann

Eine Trennung im Bösen sieht anders aus. Mit einem Lächeln im Gesicht stehen sich der Angeklagte Heiko M. und Klägerin Sandra J. im Amtsgericht Pirna gegenüber. De facto sind beide seit Oktober 2009 getrennt. Das gemeinsame Kind blieb bei der Mutter in Pirna. Seit Ende 2009 – so lautet die Anklage der Staatsanwaltschaft – habe der Vater des achtjährigen Jungen gar nicht oder nur unregelmäßig Unterhalt bezahlt. Bei Androhung einer Haftstrafe müsse der säumige Vater nun schnellstens seiner Pflicht nachkommen, so Staatsanwalt Thomas Müller.

Die Gründe, warum der 37-jährige Dresdner das bisher selten getan hatte, benennt dieser auf Nachhaken der Richterin zögerlich: „Ich verdiene in meinem Gerüstbaubetrieb kein geregeltes Gehalt, komme kaum über 1 000 Euro im Monat.“ Außerdem habe er seine Ex-Freundin und seinen Sohn zuletzt ein Jahr lang nicht gesehen. Sandra J. habe ihre Telefonnummer gewechselt und sei nicht erreichbar gewesen. Mit dem neuen Freund der Klägerin liege er ohnehin im Clinch. Da er sein Kind nicht zu Gesicht bekam, wollte er auch keinen Unterhalt zahlen, so Heiko M.

Die Richterin erinnerte ihn aber an ein Formular zur „Gemeinsamen Sorge“, das der Gerüstbauer gemeinsam mit seiner Ex-Freundin noch im August 2009 unterzeichnet hatte. Seitdem hätte M. monatlich zahlen müssen. Doch es gab nur ab und zu Barbeträge, die Heiko M. seinem Sohn – der bei der Mutter in Pirna wohnt – zusteckte. Das gesteht er ein. Das Jugendamt sprang ein und holt sich nun per Beschluss sein Geld für vier Jahre zurück. Insgesamt muss Heiko M. über 2 500 Euro in Raten entrichten. Das stand aber schon vor der Verhandlung fest. Seiner seit 2013 weiterlaufenden Unterhaltspflicht kam Heiko M. im letzten Jahr nicht nach. Darum entschied sich die 36-jährige Mutter gemeinsam mit dem Jugendamt zur Klage. Private Streitereien folgten. Die Klägerin weist – gefragt nach dem Grund, warum Heiko M. seinen Sohn mehrere Monate nicht gesehen hatte – auf die unklare Wohnungssituation ihres Ex-Freundes hin. „Ich wusste nie, wo er sich mit unserem Kind aufhält. Deswegen habe ich ihn nicht weg gelassen“, sagt sie. Trotzdem habe sie Heiko M. erlaubt, sein Kind zu sehen. „Ich bin ja nicht umgezogen. Er wusste also, wo er hin muss“, sagt die Pirnaerin. Auch die Richterin weist auf das fehlende Engagement des Angeklagten hin. „Sie hätten, wenn sie schon nicht zahlen, jederzeit über das Jugendamt Ansprüche geltend machen können“, sagt sie.

Heiko M., der in jungen Jahren nach eigenmächtigem Fernbleiben von der Bundeswehr unehrenhaft entlassen wurde und auch mit Autodiebstahl in Berührung kam, wohnt inzwischen bei seiner neuen Freundin. Seit drei Wochen sieht er seinen Sohn wieder öfter. „Jetzt weiß ich, wo sich beide aufhalten, und habe nichts dagegen“, sagt Sandra J. Der Kindsvater zeigt sich einsichtig und will ab jetzt Unterhalt zahlen.

Entsprechend seinem geringen Einkommen und unter Berücksichtigung der laufenden Rückzahlungsforderungen vom Jugendamt fällt die Strafe mild aus.

M. muss ein Jahr lang 100 Euro im Monat zahlen, danach wird je nach Lebenssituation des Angeklagten neu justiert. Der Staatsanwalt stimmte dem Strafmaß zu, mahnte den Angeklagten aber zur Sorgfalt, seine Zahlungen nachzuweisen. Sonst drohe die Wiederaufnahme des Verfahrens. Heiko M. ist einverstanden. Die Verfahrenskosten übernimmt die Staatskasse.