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Schulfotografie mit kritischem Blick

Agenturen versuchen, mit Spenden und Präsenten Aufträge zu erhalten. Auch rund um Niesky. Obwohl das verboten ist.

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© André Schulze

Von Katja Schlenker

Winnie Scholz-Kunitz lacht. Das wäre toll, wenn die Schule Geld zurückbekommen würde, sobald dort Bilder von den Kindern gemacht werden. Aber so läuft das an der Oberschule in Niesky nicht, sagt die Schulleiterin. Denn im Gegenzug für einen Fotoauftrag Spenden oder Geschenke anzunehmen, ist verboten. Dabei handelt es sich um Korruption. Dennoch kann es auch anders laufen, wie ein Blick in die Statistik des Bundeskriminalamtes zeigt. Denn darin spielt das Thema Schulfotografie sogar eine recht große Rolle. Etwa in jeden zweiten Korruptionsfall in Deutschland sind Schulfotografen verwickelt.

An der Oberschule in Niesky wird seit Langem mit dem gleichen Unternehmen zusammengearbeitet, das die Schulfotos aller zwei Jahre macht, erklärt Winnie Scholz-Kunitz. Ein Mitarbeiter der Agentur meldet sich. Ein Termin wird vereinbart. Und die Eltern werden informiert. Sie dürfen dann entscheiden, ob ihr Kind fotografiert werden soll und welche Fotomappe sie kaufen möchten. Die Schule stelle lediglich einen Raum zur Verfügung, sagt die Schulleiterin. Nachdem die Fotos gemacht sind, dauert es eine Zeit, bis die vereinbarten Mappen an die Schule gesendet werden. Jedes Kind bekommt seine mit nach Hause. Danach haben die Eltern eine bestimmte Frist, in der sie die Bilder bezahlen müssen. Oder zurückgeben können, wenn sie ihnen nicht gefallen.

Ähnlich wird es in der Rothenburger Oberschule gehandhabt, erklärt Ines Rohrlapper aus dem Sekretariat. Geld fließe keines – weder von der Schule an den Fotografen, noch umgekehrt. Das bedeutet jedoch nicht, dass hiesige Schulen und Kindergärten von großen Agenturen verschont bleiben, die mit kuriosen Versprechen werben. Bis zu drei Anrufe pro Woche bekomme sie, sagt Doreen Proske. Sie leitet den Kindergarten „Sonnenland“ in See. „Die Anrufer sind mittlerweile so dreist, dass sie sich nicht mal als Fotografen vorstellen, sondern direkt mit Geschenken locken“, sagt sie. „Oder sie drängeln, dass sie ihre Mappe herschicken dürfen.“ Auch der Elternrat ist dazu bereits befragt worden, um sich für oder gegen solch eine Agentur zu entscheiden. Die Anrufe nerven unheimlich, sagt Doreen Proske.

Dass es im Bereich Schulfotografie üblich sei, mit Spenden oder Geschenken zu arbeiten, bestätigt Uwe Garack, Inhaber eines Fotostudios in Niesky. Er selbst beteilige sich daran aber nicht, nehme keine Aufträge für Schulfotografie an. Generell sei es auch schwierig, da reinzukommen. Bundesweit agierende Agenturen dominieren diese Sparte. Zu diesem Ergebnis kommen auch Recherchen der ARD-Sendung „Plus-Minus“ und des MDR-Magazins „Umschau“. Demnach gehört die Firma Megastar zu den bundesweit agierenden Unternehmen und tritt dabei unter einer Vielzahl von Namen und Unterfirmen auf.

Über Call-Center werden Kindergärten und Schulen abtelefoniert. Reporter der Fernsehsender haben sich in einem dieser Call-Center umgesehen. „Unsere Anrufe sind natürlich nicht immer willkommen, da müssen Sie schon mit guten Argumenten überzeugen“, erklärt eine Niederlassungsleiterin im Beitrag. „Wenn Sie nach der Fotoaktion 1 500 Euro auf den Tisch legen, kann ich mir nicht vorstellen, dass die sich einen neuen Fotografen suchen.“ Der Geschäftsführer der Firmengruppe ist jüngst wegen Bestechung zu einer Geldstrafe verurteilt worden und lässt ausrichten, „innerhalb der bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen“ zu arbeiten.

Am Ende zahlen die Eltern drauf. Denn sie finanzieren die Bestechung insgeheim mit, da die Summe, welche als Spende oder Geschenk zurück an die Schule geht, bereits in die Fotomappen eingerechnet ist. Klassen- und Porträtfotos zusammen kosten da rasch zwischen zwanzig und dreißig Euro. „Das hat nichts mit Wohltätigkeit zu tun, sondern hier wird Eltern Geld aus der Tasche gezogen. Sie finanzieren im Grunde genommen das mit, was die öffentliche Hand zu finanzieren hätte, nämlich neue Computer, Beamer und so weiter“, erklärt Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes im Fernsehbeitrag. „Und das Unseriöse daran ist, dass es wie ein Geschenk dargeboten wird, aber tatsächlich von den Eltern vorfinanziert wurde.“ Für Firmen ist das Geschäft lukrativ. Kommen doch schnell mehr als 5 000 Euro Umsatz zusammen – je nach Anzahl der Schüler.

Fälle dieser Art Korruption seien im Landkreis Görlitz nicht bekannt, teilt Sprecher Till Neumann von der hiesigen Staatsanwaltschaft mit. Aber die Staatsanwaltschaft Erfurt zum Beispiel hat bereits gegen Lehrer und Schulfotografen ermittelt, weil einige Hundert Euro an den Förderverein geflossen sind. Am Ende ist das Verfahren gegen eine Bußgeldzahlung eingestellt worden – wegen geringer Schuld. Abschreckend ist das für die Agenturen nicht.

Dabei kommt es Lehrern und Erziehern oft auf etwas ganz anderes an. „Mir liegt viel dran, dass der Fotograf gut mit den Kindern kann“, sagt Kita-Leiterin Doreen Pros-ke aus See. „Sich Zeit nimmt beim Fotografieren und auf die Kinder eingeht.“ Deswegen arbeitet sie auch seit Jahren mit derselben Fotografin zusammen.