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Schulden mit Schläger eingetrieben

Zwei verurteilte Drogendealer sollen als Zeugen Licht ins Dunkel bringen. Doch es gibt da ein Problem.

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© dpa

Von Jürgen Müller

Meißen. Die halbe Drogenszene von Meißen ist an diesem Tag im Gerichtssaal versammelt. Besser gesagt, die ehemalige Drogenszene. Denn zwei Dealer werden aus dem Gefängnis vorgeführt, sollen als Zeugen aussagen. Der Eine sitzt bis Oktober 2019, der Andere wurde vom Landgericht Dresden wegen Drogenhandels zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.

Sie sollen aussagen gegen einen 35 Jahre alten Coswiger. Dem wird vorgeworfen, in mindestens 26 Fällen Crystal aus Tschechien besorgt und über einen Dealer weiterverkauft zu haben. Dieser Dealer hatte bereits am ersten Verhandlungstag ausgesagt und den Angeklagten schwer belastet. Ein halbes Jahr lang habe ihm der Mann jede Woche zehn Gramm Crystal verkauft, die dieser dann weiter veräußern sollte. Weil ein „Kunde“ nicht zahlte, hatte der Zeuge schließlich 3 000 Euro Drogenschulden bei dem Angeklagten.

Diese habe er eintreiben wollen und sei in der Wohnung des Dealers aufgetaucht. Dort habe er seiner Forderung mit einem Baseballschläger Nachdruck verliehen, Mobiliar zerschlagen und dem Mann gedroht, er wisse, wo seine Familie wohne. Weil der Dealer es mit der Angst zu tun bekam, ging er zur Polizei. Dort zeigte er nicht nur den Angeklagten, sondern sich selbst an, legte eine Art „Lebensbeichte“ zu seinen Drogengeschäften ab.

Das Schweigen der Sünder

Doch eine einzige Zeugenaussage reicht dem Gericht nicht, um den Angeklagten zu verurteilen, zumal dieser die Taten energisch bestreitet. So hat das Gericht keine Mühe gescheut, um weitere Zeugen zu hören. Einer davon ist jener Mann, der sein Crystal nicht bezahlt hatte. Doch die Sache hat einen Haken. Beide Zeugen, die gerade langjährige Haftstrafen absitzen, sind zwar wegen Drogenhandels verurteilt worden, nicht aber wegen jener Sache, um die es diesmal geht.

Bei einer Aussage müssten sie sich selbst belasten und würden sich einer weiteren Strafverfolgung aussetzen. Das müssen sie als Zeugen nicht, dürfen deshalb die Aussage verweigern. Davon machen sie auch Gebrauch. Das Gleiche gilt für eine dritte Zeugin aus Käbschütztal. Sie erwartet Anfang Januar ein Verfahren wegen Drogenhandels vor dem Landgericht, auch sie verweigert die Aussage.

So kann lediglich ein Kriminalist gehört werden, der einen Zeugen vernommen hatte. Er hält dessen Aussagen zwar für glaubwürdig, die Widersprüche kann er aber auch nicht aufklären.

So fehlen dem Gericht objektive Anhaltspunkte, um im Falle des Drogenhandels den Angeklagten verurteilen zu können. In diesen Anklagepunkten wird der 35-Jährige freigesprochen. Anders ist es mit der Bedrohung. Die hält das Gericht für erwiesen. Der Richter macht einen Deal. Er bietet dem Angeklagten an, bei einem Geständnis eine Haftstrafe von nicht mehr als zwei Jahren auf Bewährung zu verhängen. Der Angeklagte willigt ein, gesteht und wird letztlich zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Strafe ist deshalb relativ gering, weil das Gericht einen „minderschweren Fall“ sieht. Letztlich ist der Angeklagte sehr gut weggekommen. Hätten die Zeugen „gesungen“, wäre wohl auch er für lange Zeit ins Gefängnis gegangen.