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Schuhe im Hausflur, Rollator im Keller

Die 76-jährige Ilse Koch* aus der Ossietzky-Straße ärgert sich über Unordnung im Haus.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Ilse Koch leckt den Zeigefinger der rechten Hand an und fährt über das weiß lackierte Blech: „Der Briefkasten am anderen Hauseingang ist sauber, und hier sehen Sie!“ Der Finger hat eine helle Spur auf dem Blech hinterlassen, ist selbst dunkel geworden. „Und an der Wand da steht: Fickt euch! Das ist doch hässlich, und niemand tut etwas dagegen“, sagt die 76-jährige Rentnerin.

Gestern erst hat Ilse Koch elf Eimer Dreck, wie sie sagt, aus dem Schnittgerinne und von der Hecke weggeräumt. Allerdings hat sie nur zwei Eimer davon in die Tonnen vor dem Haus geschafft, der Rest wartet im Keller in einem Sack, man darf die Tonnen ja nicht überfordern.

Ilse Koch ist nicht nur unzufrieden mit der Ordnung um das Haus, sondern auch im Haus selbst. Am meisten stört sie, dass Schuhe vor den Wohnungstüren stehen. Dabei ist in der Hausordnung des Vermieters Seeg eindeutig unter Punkt 1 e festgehalten: „Das Abstellen von Schuhen vor der Wohnungstür sowie das Lagern von Gegenständen jeglicher Art im Treppenhaus sowie auf Gemeinschaftsflächen, insbesondere Kellergänge und Boden, ist nicht gestattet.“ Allerdings halten sich in ihrem Haus einige Mieter einfach nicht daran. „Ich bin schon zwei Mal im Haus gestürzt und habe mir jedes Mal ein Bein gebrochen“, erklärt die Seniorin. Sie hat einfach Angst, einmal über die Schuhe zu stürzen. Oder über einen der Läufer im Hausflur. „Ich bin kürzlich im Kaufland der Länge nach hingefallen, ohne einen Grund, ich muss vorsichtig sein.“

Ilse Koch gefällt auch nicht, dass oben im Hausflur vor einer der Wohnungen ein Schuhregal steht. „Falls ich mal mit einer Plastewanne Wäsche vom Boden holen sollte, komme ich da nicht richtig durch.“ Apropos Boden. Sie hat dort auf eigene Kosten PVC-Belag legen lassen, „damit ich besser wischen konnte“. Allerdings habe sie damit einen Fehler gemacht, sagt Ilse Koch, denn die Hausverwaltung hat den Belag wieder rausreißen lassen, weil sich Feuchtigkeit darunter angesammelt hat. Auch in ihrem Keller hat Ilse Koch den Fußboden auf eigene Kosten betonieren lassen, damit er sich besser säubern lässt. In den anderen Kellern ist ein eher rauer Betonboden zu finden.

Seit 2008 wohnt Ilse Koch auf der Ossietzky-Straße. Aus ihrer vorigen Wohnung war sie ausgezogen, weil der neue Hauseigentümer die Hausordnung an eine Firma vergeben hat. „Der Mann hat mit einem halben Eimer den Hausflur gewischt, über mein Gewischtes drüber, da habe ich wieder drübergewischt, und mein Lappen war dreckig.“ Deshalb ist sie ausgezogen, und auch jetzt trägt sie sich mit solchen Plänen, weil das Schuhproblem einfach nicht gelöst wird, obwohl sie schon mehrere diesbezügliche Termine bei der Seeg gehabt habe. Sie vermutet, dass die Seeg nicht durchgreift, um keine Mieter zu verlieren.

Was Ilse Koch auch noch ärgert, ist die Geschichte mit ihrem Rollator. „Die dürfen die Schuhe im Hausflur stehen lassen, aber ich nicht meinen Rollator. Einmal hat ihn sogar jemand in den Raum unter der Treppe eingeschlossen. „Ich habe die Polizei gerufen, weil ich dachte, er ist weg.“

Ob sie denn einmal mit den Mietern geredet habe, die die Schuhe im Hausflur stehen lassen, lautet die Frage. Das habe keinen Sinn, antwortet sie. Es gehe um ein generelles Problem: „Ob mich das mit den Schuhen betrifft oder nicht ist egal, es steht im Mietvertrag drin.“

* Name von der Redaktion geändert