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Schüsse hinterm Hauptbahnhof

Bei einer Massenschlägerei wurden zwei Menschen verletzt. Jetzt ist von einer Bürgerwehr die Rede.

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© Nick Dolz

Von Christoph Springer

Dresden. Ein zerbrochener Baseballschläger liegt auf der Straße, außerdem ein großes Messer in einer Schutzhülle aus Kunststoff. Daneben sitzt ein Mann im weißen T-Shirt, seine Hände sind mit einem Kabelbinder auf dem Rücken gefesselt. In Sichtweite lässt ein Polizist mit spitzen Fingern eine Pistole in eine Plastiktüte rutschen. Beweissicherung hinter dem Hauptbahnhof. Es ist das Ende einer Auseinandersetzung, an der am Donnerstagabend wenigstens elf Männer beteiligt waren. Zwei wurden dabei verletzt. Die Polizei nahm die Personalien der Verdächtigen auf und ließ sie dann laufen. Der Hintergrund der Schlägerei ist noch nicht bekannt.

Polizei beendet Massenschlägerei

Gegen 20 Uhr ging die Alarmmeldung bei den Beamten ein. Passanten berichteten am Telefon von einer Schlägerei, an der zwei Gruppen beteiligt waren. Auch von Schüssen war die Rede. Die Verantwortlichen im Lagezentrum schickten sofort alle verfügbaren Streifenwagen zur Bayrischen Straße. Als sie eintrafen, war die Bundespolizei schon da, die für die Anlagen der Bahn zuständig ist. Diese Beamten haben elf mutmaßliche Schläger gestellt. Unbestätigten Angaben zufolge waren aber weitere Männer an der Auseinandersetzung beteiligt. Etwa zehn Täter sind demnach entkommen.

Kripobeamte und Bundespolizisten, schwer bewaffnete Spezialisten der Landespolizei, mehrere Kollegen aus den vier Dresdner Polizeirevieren sowie Hundeführer waren schließlich hinter dem Hauptbahnhof im Einsatz, um die Personalien der Festgenommenen aufzunehmen und alle Spuren zu sichern. Bei den elf gestellten Männern handelt es sich um sechs Deutsche, zu deren Herkunft die Ermittler keine genaueren Angaben machten, je zwei Männer aus dem Irak und Albanien, sowie einer aus Syrien. Die Verdächtigen sind zwischen 18 und 36 Jahren alt. Sie sind gegen 20 Uhr an der Ecke Winckelmannstraße/Bernhardstraße aufeinander losgegangen. Zwei 22 und 36 Jahre alte Beteiligte wurden verletzt, sie mussten zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden.

Ob die Handgreiflichkeiten ein Vorspiel im unmittelbar benachbarten Casino hatten, konnte die Polizei am Freitag noch nicht mit Sicherheit sagen. Der Betreiber des Lokals hat diese Frage am Freitag verneint. Sprecher Marko Laske berichtete, auch Drogengeschäfte stünden nicht im Fokus. Einige Täter seien den Beamten aber bereits bekannt. An der Schlägerei waren unter anderem zwei Männer beteiligt, die mit einem Opel und einem Audi zum Hauptbahnhof gefahren waren. Beide Autos untersuchte die Polizei noch vor Ort. Die Pistole, die die Beamten auf einem Platz an der Kreuzung Winckelmannstraße/Lindenaustraße sichergestellt haben, war eine Schreckschusswaffe.

Die Initiative „Keine Drogen in Dresden“ hatte vor der Auseinandersetzung auf der anderen Seite des Bahnhofs demonstriert. An jedem Donnerstag treffen sich die Teilnehmer auf dem Wiener Platz. Auch die Dresdnerin Sabine Ban war vor zwei Tagen dort. Sie betreibt die Facebook-Seite der Initiative. Dass auf der Rückseite des Bahnhofs eine Bürgerwehr im Einsatz war, glaubt sie nicht. „Von einer Bürgerwehr am Wiener Platz wissen wir nichts“, sagte sie, „wir selbst stellen auch keine Bürgerwehr dar“. Die Organisation „Keine Drogen in Dresden“ wolle auf die Situation am Wiener Platz aufmerksam machen. Damit meint Sabine Ban die Drogenszene, die sich dort etabliert hat und gegen die die Polizei immer wieder mit Razzien vorgeht. Sieben solcher Einsätze fanden in diesem Jahr bisher statt. Im Januar und im April rückte die Polizei jeweils gleich zweimal zum Wiener Platz aus, im Februar, im Mai und im Juni je einmal. Bis zu 50 Beamte waren an den Einsätzen beteiligt.

Auch Mitstreiter der Anti-Drogen-Demos, die zum Teil auch montags bei Pegida zu sehen sind, berichten von Gewaltattacken am Hauptbahnhof. Sabine Ban kennt eine Ukrainerin, die bei den Kundgebungen dabei war und der mehrere Männer das Portemonnaie abgenommen haben. Ein anderer Teilnehmer wurde von mutmaßlichen Drogenhändlern angepöbelt, als er zur Demo ging, berichtete sie weiter. Besonders heftig traf es an einem Donnerstag vor etwa zwei Monaten den Dresdner René Jahn. Der 51-Jährige, der vor drei Jahren einige Monate lang zur Pegida-Spitze gehörte, ist damals auf dem Weg vom Ufa-Palast zu der Anti-Drogen-Demo angegriffen worden. An der Prager Spitze sei ein Mann mit einer Flasche auf ihn losgegangen, sagte Jahn. Kurz zuvor hatte dieser Mann eine Glasflasche auf dem Boden zerschlagen, Jahn forderte ihn daraufhin auf, sich zu benehmen. Das sah der Angesprochene als Aufforderung zur Attacke an.