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Schüsse am Grenzteich

Ein Teichwirt verjagt Kormorane systematisch mit einer Schreckschussanlage. Anwohner kritisieren das.

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© René Plaul

Von Nicole Preuß

Liebenau. Ein Knall hallt über den Grenzteich zwischen Liebenau und Brauna. Er kommt zu keiner bestimmten Zeit, aber er kommt. Darauf können sich die Anwohner verlassen. Der Knall soll die Kormorane vertreiben, die sich regelmäßig am Teich satt fressen. Er nervt aber auch die Menschen, die in den Dörfern wohnen. 26 Schüsse hat ein Liebenauer an nur einem Tag gehört. „Zu den unmöglichsten Zeiten“, sagt er. „Sonn- und Feiertag gibt es keine Pausen, selbst am Reformationstag wurde geschossen.“

Die Kormorane sind der Schrecken vieler Teichwirte. Ein ausgewachsener Vogel frisst ein Kilogramm Fisch am Tag.
Die Kormorane sind der Schrecken vieler Teichwirte. Ein ausgewachsener Vogel frisst ein Kilogramm Fisch am Tag. © dpa

Der Teichwirt Markus Stecher von der Teichwirtschaft Weißig kann die Kritik verstehen. Der Betriebsleiter würde auch lieber auf das Knallen verzichten. Doch er sieht keine Alternative dazu. „Die Schüsse sind unumgänglich. Sonst haben wir keine Fische mehr“, sagt er. Die Teichwirtschaft Weißig hat den Grenzteich gepachtet und in diesem Jahr Jungfische eingesetzt.

Wenigstens zeitweise Hilfe

Die gasbetriebene Schreckschussanlage hält die Kormorane wenigstens zeitweise fern. Sie schwimmt in einem der hinteren Winkel des Teiches. Ein- bis zweimal pro Stunde löst sich ein Schuss. Dann sind die Kormorane, die in dem Moment auf dem Teich schwimmen, erst einmal weg. Das geschieht allerdings nicht in regelmäßigen Abständen, weil sich die Vögel sonst an die Schüsse gewöhnen. Die Kanone geht also immer mal wieder los. Dazu kommt, dass ab und zu auch scharf geschossen wird. Markus Stecher hat in diesem Jahr 250 Kormorane erlegt. „Ich hab den Krieg trotzdem nicht gewonnen“, sagt er. Manchmal sitzen allein auf den Bäumen 30 Kormorane und zehn weitere Vögel fressen auf dem Teich. „Das hab ich selbst schon erlebt“, sagt der Teichwirt.

Der Grenzteich und drei weitere Aufzuchtteiche in Brauna sind dabei bei den Kormoranen besonders beliebt. Die Teichwirtschaft Weißig nutzt die Gewässer nämlich als Aufzuchtteiche. Das heißt, dass die kleinen Karpfen, die nach dem Abfischen noch nicht geschlachtet werden, erst einmal in diesen Teichen über den Winter gebracht werden. Die anderen Gewässer der Teichwirtschaft zwischen Brauna und Weißig brauchen die Zeit, um sich wieder zu füllen. Die meisten Teiche sind Himmelsteiche, das heißt, sie füllen sich durch Schneeschmelze und Regenwasser. Die jungen Karpfen werden im Frühling aus dem Grenzteich und den anderen Teichen in Brauna gefischt und in die übrigen Gewässer der Teichwirtschaft gebracht. Markus Stecher hat aber Sorge, ob dann überhaupt noch genug da sind. „Wenn immer 40 Kormorane am Teich sind, lohnt sich das Abfischen gar nicht mehr“, sagt er.

Jungfische bei Vögeln besonders beliebt

Die Kormorane fressen nämlich besonders gern diese jungen, noch relativ kleinen Fische. Die anderen Karpfen können die Vögel aber auch verletzen oder so in Stress versetzen, dass sie verenden. 80 bis 90 Prozent der jungen Setzfische verliert Markus Stecher momentan. 30 bis 40 Prozent gehen auf das Konto des Kormorans. Mit den übrigen Verlusten muss der Teichwirt sowieso rechnen.

Die Gas-Kanone hat er sich im Frühsommer angeschafft, um überhaupt etwas gegen die Kormorane tun zu können. Die Knallerei ist bei Fachleuten umstritten. Experten empfehlen, bei den Brutkolonien anzusetzen. Doch das verstößt momentan noch gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie. Einen Schaden von bis 10 000 Euro bekommt der Teichwirt ersetzt, alles, was darüber liegt, muss er aus der eigenen Tasche begleichen. Und das ist momentan nicht selten der Fall. „Wenn wir nichts machen, versenken wir jedes Jahr 30 bis 40 000 Euro“, sagt Markus Stecher. Er wirbt deshalb um Verständnis bei den Anwohnern. „Ich probiere es schon, so weit wie möglich rauszuziehen“, sagt er. Die anderen Aufzuchtteiche in Brauna bleiben knallfrei. „Ich hab die Kanone erst mal dort hingestellt, wo ich sie am meisten brauche.“