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Schüler fischen Reifen aus der Neiße

In Ostritz und Hirschfelde wurde so viel Müll wie noch nie seit 1999 aus dem Fluss geholt. In Görlitz aber beteiligt sich niemand an der Aktion.

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Görlitz. Toni, Paul, Nic und Jannick müssen mit dem Schlauchboot nicht weit paddeln. Schon auf den ersten hundert Metern liegt so viel Müll an den Ufern der Neiße oder schwimmt im Grenzfluss, dass die vier Achtklässler schnell das Boot voll haben. Kurz nachdem die schwimmenden Gefährte zu Wasser gelassen wurden, legen sie auch schon wieder an, um den ersten Unrat an die Helfer an Land zu übergeben. Noch sind es vor allem Plaste- und Glasflaschen, die auf dem Anhänger der Firma Engemann landen. Beim nächsten Stopp an der Eisenbahnbrücke holen die vier Jungen einen alten Autoreifen und einen Holzbalken aus der Neiße. Es soll nicht der letzte größere Unrat bleiben. Eine Reihe Autoreifen, riesige Plastikplanen oder Kabel stapeln sich auf dem Müllberg. Über zwei Tonnen Abfall kommen am Ende zusammen.

Erstmals haben sich die Schüler der Zittauer Burgteichschule an der Säuberung der Neiße beteiligt. Der Anstoß dazu war von Rosemarie und Henry Engemann ausgegangen. Sie wohnen in Rosenthal direkt an der Neiße und können täglich miterleben, wie vermüllt der Grenzfluss ist. „Täglich kommen leere Flaschen an“, berichtet Henry Engemann. Man könnte jeden Tag einen Müllbeutel füllen, ergänzt er. Das mache keinen Spaß mehr. Und so wandten sich Engemanns an die Burgteichschule, an der auch ihr Sohn Paul lernt.

Zusammen mit seinen Klassenkameraden sammelte Paul Engemann nun den Müll ein. Die Schlauchboote stellten Engemanns aus dem eigenen Bootsverleih zur Verfügung. In vier Gruppen eingeteilt, machten sich die Schüler von Rosenthal aus auf die gut zwei Kilometer lange Strecke, die zu Hirschfelde gehört. Für die Helfer an Land wurden Fahrräder ausgegeben, damit sie den Schülern in den Booten leicht folgen konnten. Für ihren umweltbewussten Einsatz sind die Schüler am Ende mit einer Grillparty und einer Freifahrt mit dem Schlauchboot belohnt worden.

Ganz neu ist die Reinigungsaktion entlang der Neiße nicht. Bereits seit 1999 holen Mitarbeiter des Internationalen Begegnungszentrums St. Marienthal (IBZ) Müll aus der Neiße, doch Schule hat das Projekt nur im Süden gemacht. Görlitz hat sich noch nie daran beteiligt, obwohl die Stadt vermutlich einer der größten Nutznießer als Flussanrainer ist, wenn weniger Müll angeschwemmt wird.

Am Dienstagnachmittag jedenfalls, als die Schüler auf Hirschfelder Seite ihre Müllbergung bereits beendet hatten, starten die Helfer in Marienthal zu ihrer 17. Aktion „Saubere Neiße“. Und es nahmen so viele wie noch nie teil, wie IBZ-Direktor Michael Schlitt mitteilt. Die zahlreichen Helfer sind auch nötig gewesen, denn es sei noch nie so viel Unrat aus der Neiße geholt worden wie dieses Jahr. Allein 83 Auto- und Lkw-Reifen wurden aus dem Fluss gezogen. Hinzu kamen unzählige Plasteflaschen, Plastetüten, Gummistiefel und anderer Müll. „Im Laufe der Jahre haben wir mehrere Tausend Altreifen geborgen. Und Hunderte weiterer Altreifen liegen nach wie vor in der Neiße. An manchen Stellen erinnert der Fluss hier an eine wilde Mülldeponie“, sagt Schlitt. Das IBZ alleine sei mit der Müllentsorgung überfordert, da die Kosten insbesondere für Altreifen beträchtlich sind.