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Schüler adoptieren ein Umgebindehaus

Bautzener Gymnasiasten haben sich über längere Zeit intensiv mit einem Baudenkmal in dem kleinen Ort Döhlen beschäftigt – und dabei ihre Fantasie ausgelebt.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Ob das idyllisch am Fuße des Czornebohs gelegene Gebäude wohl noch zu retten ist? Die Schüler der Klassen 6/1 und 7/1 des Schiller-Gymnasiums sind da sehr optimistisch, obwohl das Umgebindehaus in Döhlen mit der Hausnummer 15 einen ziemlich desolaten Eindruck macht. Es ist seit 1975 unbewohnt. Arnd Matthes, der Vorsitzende der Stiftung Umgebindehaus, hatte es 1994 erworben und es zumindest vor Witterungseinflüssen gesichert. Mehr lag nicht in seiner Kraft.

Die Firma Hochkirch-Bau ist zurzeit dabei, Planungen für die Sanierung zu erarbeiten. Deren Geschäftsführerin Anja Dörndorfer machte das Schiller-Gymnasium auf das Objekt aufmerksam. Zugleich wurden die Lehrerinnen Ines Hermann und Diana Paul-Pietsch auf das Pegasus-Projekt des Freistaates Sachsen „Schulen adoptieren Denkmale“ aufmerksam. Dieses läuft seit 1995 und soll Schüler animieren, sich intensiv mit Denkmalen auseinanderzusetzen. Das Döhlener Umgebindehaus schien dafür ein sehr gut geeignetes Objekt zu sein. Denn das Haus ist eines der ältesten Umgebindehäuser in der Oberlausitz.

Anhand von Dokumenten zu den Besitzverhältnissen ist als erster Besitzer des Grundstücks 1595 ein Peter Kilian nachgewiesen. Andererseits zeigten Untersuchungen der Hölzer, dass diese 1734 geschlagen wurden. Also könnte das Haus in seiner heutigen Form erst um diese Zeit errichtet worden sein. Peter Kilian ist auf jeden Fall ein Verwandter des Pfarrers Jan Kilian, der die Auswanderungsbewegung der Sorben Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika leitete. Alle diese Fakten erforschten die Schüler seit dem vergangenen Sommer. Unter anderem besuchten sie dazu den Archivverbund Bautzen. Insgesamt 54 Gymnasiasten der Klassen 6/1 und 7/1 waren und sind an dem Projekt beteiligt. Sie unternahmen Exkursionen nach Obercunnersdorf, nach Neusalza-Spremberg und natürlich nach Döhlen, wo sie von Arnd Matthes durch das Gebäude Nummer 15, ihr adoptiertes Haus, geführt wurden. Anhand der vielen noch im Original erhaltenen Umgebindehäuser, die sie besichtigten und erforschten, lernten die Schüler viel über diese einzigartige Volksbauweise. Sie fertigten zahlreiche Detailzeichnungen an und ließen ihrer Fantasie bei Farbmustern freien Lauf. Es wurden natürlich auch Fotos gemacht. Da sich die Sechst- und Siebentklässler aus verschiedenen Perspektiven dem Objekt ihrer Begierde näherten, konnten sie ihre Erkenntnisse und Fertigkeiten in mehrere Unterrichtsfächer einbringen.

Dorfkino oder Zockerzentrum

Besonders viel Spaß bereitete den Schülern die Aufgabe, sich eine Nutzung für das Haus auszudenken. Da schlug die Fantasie hohe Wellen. Realistisch denkende Schüler konnten sich ein Ferienhaus oder ein Motel vorstellen. Andere wollten ein Dorfkino oder gar ein Zockerzentrum mit Computerspielen einrichten. Auch eine Radlerkneipe oder eine Kita konnten sich einige Schüler vorstellen.

Bei der „Nacht der offenen Tür“ stellten die beteiligten Schüler ihr Projekt den Eltern und Mitschülern vor. Dabei verkauften sie ihre handcolorierten Zeichnungen. Den Erlös von 45 Euro spendeten sie der Stiftung Umgebindehaus. „Wir könnten uns vorstellen, dies auch bei anderen Gelegenheiten zu tun“, sagt Ines Hermann. Auf alle Fälle wollen die Gymnasiasten ihr Projekt auf der Denkmalpflegemesse Anfang November in Leipzig präsentieren.