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Schräg und spektakulär

Der Großenhainer Nico Adler ist Sachsens bester Motocrosser und Ende April in Jauer unterwegs.

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© Thorsten Horn

Von Maik Schwert

Auf ihn trifft der Begriff Pechvogel echt zu. Nico Adler ist in den vergangenen vier Jahren so häufig krank oder verletzt, dass er nie alle Läufe fahren kann. Dadurch fehlt ihm Rennpraxis. Doch in dieser Saison sieht alles anders aus. „Ich bin gesund, so gut vorbereitet wie lange nicht mehr und fühle mich körperlich topfit“, sagt Sachsens bester Motocrosser.

© Thorsten Horn

An die schlechten Zeiten denkt er nicht gern zurück. Sie beginnen bereits beim Saisonfinale 2013 um die deutsche Meisterschaft. Der gebürtige Großenhainer reist als Führender an. Plötzlich geht die Maschine kaputt. „Da bin ich mit ihr gen Himmel geschossen“, sagt der inzwischen 18-Jährige, der sich damals Schien- und Wadenbein im linken Unterschenkel bricht. Und die Führung ist auch futsch.

Immer dann, wenn seine Mitschüler in den Winterferien mit ihren Eltern in den Skiurlaub fahren, reist er mit seinem Vater im Wohnmobil ins Trainingslager. 2014 stürzt Adler dort an einem Hang einige Meter in die Tiefe und bricht sich beide Handgelenke. Ein Jahr später crasht er auf einer „übertrieben gewässerten“ Anlage erneut und bricht sich den linken Mittelfuß. 2016 passiert ihm das gleiche Missgeschick noch mal. Außerdem müssen alle vier Weisheitszähne raus, weil sie entzündet sind.

„Das hat mich immer wieder zurückgeworfen. Ich habe mich jedes Mal neu motiviert – bis zur nächsten Verletzung.“ Die Pechsträhne scheint kein Ende zu nehmen, doch Adler lernt, damit klarzukommen. Er zweifelt nicht an seinen Fähigkeiten. Der Teenager gilt als extrem ehrgeizig und talentiert, bedacht und schnell. Er ist bereits Sachsen-, ostdeutscher und deutscher Meister. „Diese Erfolge beweisen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“ Adler bezeichnet sich als Schisser und Spätzünder. „Richtiges Interesse am Motocross ist bei mir erst mit sechs Jahren aufgekommen, als mein Vater mir meine erste 50er-KTM-Maschine gekauft und erzählt hat, dass ich damit sogar Rennen fahren darf. Er hat mich zu meinem Glück gezwungen.“

Seitdem bestimmt Motocross das Leben seiner Familie. „Meine Eltern und meine Schwester stehen immer voll hinter mir. Mein Vater ist häufig bis spät in der Nacht in der Garage, um alles optimal für die Rennen vorzubereiten“, sagt Adler.

Auch der ADAC Sachsen und Sponsoren unterstützen ihn. Seit einigen Jahren existiert die Motocross-Akademie. Klubs machen mit und ihre Areale auf, bieten Schutzkleidung, Kurse, Hilfe bei Motoren und Technik an. „Die Nachwuchsförderung ist echt wichtig. Wir sind zwar nicht so bekannt wie andere Sportarten, aber spektakulär“, wirbt Adler für Motocross. Teuer ist die Sportart auch. 20 000 bis 30 000 Euro benötigt er für eine Saison.

Nach dem Realschulabschluss fängt Adler 2015 eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker bei KTM in Dresden an. „Auch die Chefs haben viel möglich gemacht“, weiß er, doch um Überstunden kommt er nicht herum. Außerdem ist Adler zwischen Elternhaus und Lehrstelle eine Dreiviertelstunde unterwegs. 2016 bricht er die Ausbildung ab. „Ich habe mich entscheiden müssen: Entweder ich mache Motocross richtig, oder ich lasse es bleiben.“ Für ihn ist es mehr als ein Hobby. Dafür investiert Adler zu viel Zeit in seine Sportart.

Für ein Jahr arbeitet er im Betrieb seines Vaters mit und konzentriert sich allein auf Motocross. Zum nächsten Ausbildungsjahr beginnt Adler eine Lehre zum Speditionskaufmann bei DB Schenker in Radeburg – der Geschäftsführer fährt Enduro und kommt auch nach Jauer, wo Adler Ende April beim ADAC-MX-Masters fährt. „Die Piste kenne ich aus dem Effeff, da fahre ich gern. Ich liebe den harten Boden. Es gibt tiefe Rillen und viele Sprünge. Die mag ich besonders“, sagt er. In dieser Saison will er es wissen – und endlich unverletzt bleiben.