Von Dörthe Gromes
Diesbar-Seußlitz. Die Besenwirtschaften gehören zur Federweißermeile wie das Amen in die Kirche. Oberhalb des Seußlitzer Schlosses stehen vor einem weiß verputzten Haus einige rustikale Tische und Bänke unter einer weinumrankten Pergola. Ein pink gefärbter Besen vor dem Haus kündet davon, dass die Wirtschaft geöffnet hat. Bereits seit 1998 gibt es „Raums Klarissenklause“.
Dabei hatte der Zufall seine Hand im Spiel, wie sich die Wirtin Alexa Raum erinnert: „In diesem Jahr trugen unsere an der Pergola neu gepflanzten Rebstöcke erstmals so viele Trauben, dass wir sie nicht allein in der Familie verbrauchen konnten.“ So entstand die Idee, eine Besenwirtschaft zu eröffnen. Schließlich liegt auf dem Grundstück, das von den Raums in vierter Generation bewirtschaftet wird, ein traditionelles Ausschankrecht zum Seußlitzer Heiratsmarkt.
Die Beschäftigung mit Wein hat eine lange Geschichte in der Familie, direkt hinter dem Haus erhebt sich der familieneigene Weinberg. Ehemann Bernd Raum bewirtschaftet ihn: „Früher haben wir nur Trauben angebaut und sie dann der Winzergenossenschaft gegeben, die Wein daraus gemacht hat.“ Erst als Pensionär habe er die nötige Zeit gefunden, die eigenen Trauben auch selbst zu keltern. In seinem Weinkeller stehen feinsäuberlich etwa zehn kleine Edelstahlfässer, die den aktuellen Jahrgang enthalten. In großen Plastikbottichen daneben vergärt die diesjährige Ernte gerade zu Wein.
Die 17. Federweißermeile vom 1. bis 3. Oktober
Auf einem Viertelhektar baut der rüstige Hobbywinzer verschiedene Rebsorten an, darunter Gutedel, Traminer und Riesling. Die meisten Weinstöcke an dem steilen Hang, der bis zu 30 Prozent Steigung aufweist, wurden noch zu DDR-Zeiten gepflanzt.
Bis zur Traubenernte sind viele Arbeitsschritte über das Jahr verteilt nötig. Vom Rebschnitt im Frühjahr über das Biegen und Binden der Ruten bis zur Bodenbearbeitung – um nur einige zu nennen. „17 Mal muss der Winzer um den Rebstock gehen“, zitiert Bernd Raum ein altes Sprichwort. Nach der eigentlichen Weinlese erfolgt das sogenannte Entrappen der Trauben, das heißt, die Traubenstiele werden entfernt. Abschließend kommen die Trauben in die Presse zum Entsaften.
Der Seußlitzer benutzt dafür eine kleine Hydropresse. Der so gewonnene Traubenmost wird gefiltert und schließlich in den schon erwähnten Plastikbottichen im Weinkeller mithilfe von Reinzuchthefen vergoren. Von den geernteten Trauben des hauseigenen Weinberges keltern Raums etwa 500 Kilogramm selbst. Bei dieser Menge und der damit verbundenen Arbeitsfülle will der Rentner allmählich kürzer treten. Ans Aufhören jedoch denkt er keinesfalls. Auch sein Sohn hat sich mittlerweile mit dem Winzervirus infiziert.
Nicht einmal im Urlaub lässt der Wein die Raums los. „Wir versuchen oft, Wein und Urlaub miteinander zu verbinden“, erzählt die Wirtin. „Dann fahren wir gezielt in Weinbaugebiete und übernachten bei Winzern. Dieses Jahr waren wir am Neusiedler See in Österreich.“
Die Arbeitsaufteilung bei Familie Raum ist klar: Der eher zurückhaltende Bernd Raum kümmert sich um den Anbau und die Weinherstellung, seine kommunikative und lebhafte Frau Alexa betreibt die Besenwirtschaft. In der Saison hat das Lokal meist sonntags geöffnet. Solange der Vorrat reicht, schenken die Raums dort Wein aus eigener Produktion aus – zum Beispiel das „Paradieströpfchen“, ein Cuvée aus Traminer und Riesling. Der Rest stammt aus der Winzergenossenschaft Meißen. Zum Wein werden einfache Speisen wie selbst gemachte Zwiebel- und Flammkuchen oder Fettbemmen gereicht.
Mittlerweile hat das kleine Lokal viele Stammgäste. „Manche fragen sogar nach, wann wir denn endlich wieder öffnen“, so die Besenwirtin. Zu einem guten Glas Wein gehört für Alexa Raum unbedingt auch Musik. Daher unterhält bei Festen wie der Federweißermeile oft ein Musiker die Gäste. Aber auch die ehemalige Diesbarer Weinkönigin (1972 - 1974) greift selbst gern zur weißen Westerngitarre und bringt ihren Gästen ein Ständchen: „Ob Volkslied, Schlager oder Countrysong – mein Repertoire ist groß“, meint sie verschmitzt. Auch die Zeitung bekommt von ihr ein Lied zum Abschied: „Danke“ von der deutschen Countryband Western Union, in dem es unter anderem heißt: „Danke an den Wirt, so lang die Kneipe offen ist.“ Im Falle der Klarissenklause sind das vier Monate im Jahr.
Raums Klarissenklause, Bergstraße 2, 01612 Diesbar, Telefon 035267 50141, www.klarissenklause.de