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Schokopack-Hochhaus hinter Gerüsten

Jahrelang verfiel der Dobritzer Zwölfgeschosser. Nun wird das Denkmal saniert. Die Rettung kommt aus der IT-Branche.

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© René Meinig;

Von Nora Domschke

Dresden. Kaputte Fenster klaffen wie schwarze Löcher in der Fassade. Die zerbrochenen Glasscheiben zeigen die blinde Zerstörungswut, die das Hochhaus an der Breitscheidstraße in den letzten Jahren über sich ergehen lassen musste, auch im Inneren. Der Schriftzug „Ich liebe dich“ ist von Weitem in der zehnten Etage zu lesen. Seine Tage sind aber gezählt – denn das Dobritzer Wahrzeichen wird saniert und zum modernen Bürohaus umgebaut. Das IT-Unternehmen Itelligence, das seit 2008 ein Rechenzentrum in Bautzen betreibt, hat das Gebäude für sich entdeckt. Die Rettung für den Zwölfgeschosser.

Noch sind einige Abstimmungen mit dem Denkmalschutzamt nötig, etwa für die Holzfenster.
Noch sind einige Abstimmungen mit dem Denkmalschutzamt nötig, etwa für die Holzfenster. © Meiag AG

Die Meiag Sächsische Immobilien AG hat den Komplex, zu dem auch ein flacheres Nebengebäude gehört, 2011 erworben und Anfang dieses Jahres an Itelligence verkauft. Die Firma investiert nun rund 20 Millionen in den neuen Standort in Dobritz. Im Herbst 2018 will Itelligence mit 350 Mitarbeitern einziehen. Platz ist in den neuen Büros für 500 IT-Experten, die hier künftig mittelständige Unternehmen beraten und ihnen Lösungen in Bezug auf Softwarefragen anbieten. In Dresden setzen immer mehr Betriebe auf die Digitalisierung ihrer Arbeitsprozesse – Grund genug für Itelligence, sich jetzt in der Landeshauptstadt zu vergrößern. Profitieren wird davon auch der Stadtteil im Dresdner Osten. Denn mit der Sanierung verschwindet der triste Anblick des maroden Hauses, das in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel von Graffiti-Sprayern war. Die hinterließen an der hohen Fassade ihre politischen Botschaften, sowohl mit linkem als auch rechtem Hintergrund.

Die Fassade wird nun in den kommenden Monaten nach und nach wieder schick gemacht. Schon vor vier Wochen haben die ersten Bauarbeiten begonnen, sagt Thomas Stern, Vorsitzender von Meiag. Gemeinsam mit dem Dresdner Ingenieurbüro Mischke übernimmt die Immobilienfirma die Neu- und Umgestaltung des Objektes. Zunächst musste das Haus ausgeräumt werden – dort hatte sich über Jahre hinweg viel Müll angesammelt. Einbrecher zerstörten Fensterscheiben, Bauzäune und Holzplatten, rissen Kabel aus den Wänden, ließen Dinge mitgehen, die sie offenbar verkaufen wollten. Wenn die Sanierung der Fassade fertig ist, starten die Arbeiten an der Tiefgarage, die eine Parkebene bekommt. Dafür wird auf dem jetzigen Parkplatz auf der Seite zum Moränenende eine Baugrube ausgehoben. Bislang lägen alle Arbeiten im Zeitplan, sagt Stern.

Weil das Gebäude seit 2008 unter Denkmalschutz steht, müssen allerdings einige Details mit dem zuständigen Amt abgestimmt werden. Wie etwa die Gestaltung der Holzfenster. „Die originalen Fenster sind einteilig und sehr groß“, erklärt Stern. Für moderne Büros sei das ungeeignet. Mit den Denkmalschützern habe er sich nun auf eine Variante mit zwei Flügeln verständigt. „Dafür müssen wir nun ein Musterfenster anfertigen lassen.“ Dann wird geschaut, ob dadurch die Außenansicht nicht zu sehr verändert wird. Wie auch schon in anderen Altbauten müssen auch im Schokopack-Hochhaus alle Treppengeländer erhöht werden, weil sie den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Außerdem wird geprüft, ob die riesigen roten Leuchtbuchstaben, die schon bald die beiden Lettern „it“ zeigen sollen, auf der Dachfläche installiert werden können. Schon zu DDR-Zeiten prangte auf der Süd- und Nordseite des Daches der Schriftzug „Schokopack“. Er ist längst verschwunden, wurde Ende der 1980er-Jahre durch die Bezeichnung „Nagema“ ersetzt – trotzdem verbinden viele Dresdner dieses Gebäude bis heute mit diesem Namen. Gebaut wurde es 1957 bis 1963 im Stil der Internationalen Moderne und war das erste Hochhaus der DDR in Skelettbauweise. Genutzt wurde es vom volkseigenen Betrieb (VEB) Schokopack, der Verpackungsmaschinen herstellte. Heute nicht mehr erhalten ist die Kantine, die auf dem benachbarten Grundstück stand. Früher habe es sogar einen unterirdischen Gang zwischen Kantine und Hauptgebäude gegeben, sagt Stern. Der sei aber zugeschüttet worden. Die Mitarbeiter werden hingegen im Erdgeschoss des Zwölfgeschossers speisen. Im viergeschossigen Nebengebäude sollen Büros eingerichtet und zwischen den Häusern ein Park mit Sitzbänken angelegt werden.