Merken

Schöne Kleider für alle

Elke Köcher aus Olbersdorf fertigt historische Gewänder. Ihre Kunden sind Museen und Privatpersonen von Frankreich bis Italien. Auch der Zittauer Oberbürgermeister hat schon etwas von ihr getragen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Weber

Von Elke Schmidt

Elke Köcher näht nie zweimal das gleiche Kleid. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass Frauen es nicht so gern sehen, wenn beim festlichen Ball eine andere „ihr“Kleid trägt. Zum anderen ist es für die Hobbyschneiderin keine Herausforderung mehr, wenn sie die notwendigen Arbeitsgänge schon beherrscht. Denn ein großer Teil des Reizes beim Nähen ist für sie, herauszufinden, wie manche Dinge umzusetzen sind.

Seidenkleid, Rokoko (1750 - 1760), besonders aufwendig gearbeiteter Aufputz, Eigentum von Elke Köcher.
Seidenkleid, Rokoko (1750 - 1760), besonders aufwendig gearbeiteter Aufputz, Eigentum von Elke Köcher. © Matthias Weber
Ballkeid, um 1860, der Jugendzeit von Elisabeth von Österreich-Ungarn, genannt Sissi Eigentum von Elke Köcher.
Ballkeid, um 1860, der Jugendzeit von Elisabeth von Österreich-Ungarn, genannt Sissi Eigentum von Elke Köcher. © Matthias Weber
Zofenkleid, Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts, gefertigt für den Fundus von Schloss Benrath bei Düsseldorf.
Zofenkleid, Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts, gefertigt für den Fundus von Schloss Benrath bei Düsseldorf. © Matthias Weber

Elke Köcher fertigt in ihrer Freizeit historische Gewänder. Das reicht von mittelalterlichen Roben bis zu Ratsherrenmützen. Doch hauptsächlich macht sie wunderschöne Kleider im Stil des Barock, des Rokoko oder des zweiten Rokoko, wie sie zum Beispiel Kaiserin Sissi trug. Für die Olbersdorferin ist es ein Hobby. Obwohl sie auch früher schon genäht hat, habe sie keine besondere Erfahrung darin, sagt sie. Wie die Schneiderinnen die Kleider früher genäht haben und welche Techniken sie anwendeten, sei historisch kaum belegt. Darüber gibt es nur wenig Literatur, sodass man sich diese Dinge selbst erarbeiten muss. Deshalb sitzt Elke Köcher oft stundenlang in Museen und studiert die dort ausgestellten Kleider oder recherchiert im Internet.

Ihr Interesse an alten Gewändern entstand eher zufällig. Schon zu DDR-Zeiten nähte die Großschönauerin Sachen für sich und andere. Damals sammelte sie erste Erfahrungen mit Faschingskostümen für sich und unterem auch für die Funken des Großschinner FC. Dann nähte sie lange Zeit gar nicht. Erst als sie sich einer Theatergruppe anschloss, fing sie wieder damit an. Für diese schrieb sie ein Stück und fertigte gleich die Kostüme dazu. Die wurden richtig gut und Elke Köcher hatte ein neues Hobby. Anfangs achtete sie dabei noch nicht auf Details. Doch gerade die seien bei historischen Gewändern enorm wichtig, sagt sie. Es gebe mittlerweile eine eingeschworene und fachkundige Gemeinschaft, die genau darauf achte, wie authentisch die Kleidung gefertigt wurde. Das fange bei simplen Maschinennähten an, die für frühe Epochen verpönt sind, denn Nähmaschinen gab es damals noch nicht. Auch die Rückenschnürung ist eine relativ späte Erfindung. Als Schneiderin sollte man solche Dinge beachten, um bei Gleichgesinnten anerkannt zu werden. Inzwischen hat sie sich umfangreiches Wissen über die frühere Mode angeeignet und kann sie fast originalgetreu herstellen. Meist hat sie dafür nichts als eine Zeichnung oder ein Foto. Für einen Auftrag hatte sie sogar nur alte Grabplatten als Vorlage. Das sei manchmal ziemlich kniffelig, doch bisher habe sie immer das Richtige getroffen. Ein Zugeständnis an die Moderne macht sie aber oftmals doch, nämlich wenn die Kunden maschinenwaschbare Kleider wünschen. Dann verwendet sie entsprechende Stoffe, auch wenn das historisch nicht korrekt ist.

Elke Köcher stellt aber nicht nur die sichtbaren Teile der alten Gewänder her, sie hat sich auch auf die oft darunter getragenen Reifröcke spezialisiert. Diese Unterbauten waren und sind sehr praktisch, sagt sie. Man konnte daran ziemlich große Beutel befestigen, in denen man erstaunlich viel unterbringen kann. Sie selbst verstecke darin sogar kleine Wasserflaschen oder den Fotoapparat. Denn die Olbersdorferin trägt ihre Kleider auch gerne selber und geht zu entsprechenden Festen wie dem auf Schloss Schönfeld bei Dresden oder zum Barockfest Gotha auf Schloss Friedenstein. Das sei das schönste von allen, sagt sie. Drei Tage lang treffen sich dort Menschen, um in ein anderes Zeitalter einzutauchen. Sie geht jedoch nicht ausschließlich zum Vergnügen hin, sondern trifft dort auch ihre potentielle Kundschaft.

Wer sich ein Kleid machen lassen will, sollte allerdings Zeit mitbringen. Für sie ist die Schneiderei ein reines Hobby und sie kann an den Kleidern nur nach Feierabend arbeiten. Daher braucht sie ungefähr zwei Wochen, bis sie ein Kleid fertig hat. Auch ist sie meist ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht. Sie arbeitet nicht nur für Privatpersonen, sondern auch oft für Museen wie zum Beispiel das Dommuseum Brandenburg. Die würden wahrscheinlich ihre Website im Internet finden und daraufhin auf sie zukommen, vermutet sie. Eine spezielle Werbung hat sie jedenfalls bislang noch keine gemacht. Gerade hat sie einen Auftrag für das Schloss Benrath in Düsseldorf fertiggestellt. Sogar Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker hat zum Spectaculum schon eine ihrer Mützen getragen. Am liebsten sind ihr aber Kleider. Diese fertigt sie selbstverständlich nach Maß und den Wünschen der Kunden entsprechend an, selbst wenn es dann historisch nicht mehr ganz echt ist. Nur wenn jemand ein Kleid wollte, das sie so ähnlich schon gemacht hat, wird er wohl kein Glück haben. Denn wie gesagt, sie fertigt niemals eines zweimal.

www.atelier-tiziana.de