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Schneller, größer, teurer

Die komplette Geräteproduktion der Görlitzer Firma Partec ist binnen drei Tagen in die Südstadt gezogen.

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Eigentlich hätte Matthias Guhl allen Grund zur Freude. „Wir haben voriges Jahr 25 Prozent mehr Geräte und 40 Prozent mehr Reagenzien gebaut und verkauft“, sagt der Geschäftsführer der neuen Sysmex Partec GmbH. Dieses Jahr sollen es sogar 40 beziehungsweise 50 Prozent werden. Damit verbunden ist ein rasanter Anstieg der Mitarbeiterzahl von 131 im Juli vorigen Jahres auf 189 heute. Allein am Standort Görlitz ist die Zahl von rund 100 auf 150 geklettert. „Und wir werden weiter wachsen“, kündigt Guhl an. Das Ziel waren mal 100 neue Leute binnen drei Jahren, aber vermutlich wird es schneller gehen.

Matthias Guhl
Matthias Guhl © nikolaischmidt.de

Der Grund für das Wachstum ist für ihn ganz simpel: Das Görlitzer Biotechnologieunternehmen Partec, das hauptsächlich mobile Testgeräte zur Diagnose von Krankheiten wie Aids, Tuberkulose und Malaria herstellt, ist voriges Jahr zum japanischen Konzern Sysmex gekommen und hat dadurch viel größere Vertriebskanäle erschlossen. So ist es nicht mehr nur ein Biotechnologieunternehmen, sondern auf dem Medizintechnikmarkt angekommen.

Trotz der erfreulichen Zahlen aber hat Guhl auch Sorgen. Am Partec-Stammsitz auf dem Flugplatz nämlich sollten eigentlich bis Frühling 2016 zwei neue Gebäude gebaut werden – jeweils eines für die Vergrößerung der Produktion und für Büros. Dieser Zeitplan hat sich jetzt zerschlagen. Schuld ist ein neues Bodengutachten, bei dem festgestellt wurde, dass der Untergrund nicht sehr tragfähig ist. Jetzt muss bei den Bauarbeiten zusätzlich eine Sicherung errichtet werden, damit die schon vorhandenen Partec-Gebäude nicht in die Baugrube abrutschen. Doch damit nicht genug: Wasser kann an der Kellersohle schneller durchdrücken als zuvor gedacht. So hat sich Partec nun entschieden, das Bürogebäude ohne Keller zu bauen. Damit fällt der Platz für das geplante Dokumentenarchiv ersatzlos weg. Das ist aber laut Guhl kein Problem: „Durch die Digitalisierung benötigen wir das Archiv weniger.“

Dennoch bereitet ihm das Bodengutachten Kopfzerbrechen: „Wir brauchen jetzt Spezialunternehmen, die alles neu berechnen und bauen.“ Dadurch bleibt es nicht bei den geplanten 7,5 Millionen Euro Investitionskosten für die zwei Gebäude. „Es wird deutlich teurer“, sagt Guhl. Wie viel, lässt sich aber derzeit noch nicht abschätzen. Außerdem dauert alles länger. Nach dem aktuellen Plan rechnet der Chef mit 14 Monaten Bauzeit für das erste Gebäude. Drei Monate später soll auch das zweite fertig sein. Allerdings ist der Termin für den Baubeginn jetzt wieder offen.

Ein großer Teil der Produktion ist indes vom Flugplatz weggezogen und hat auf 3 000 Quadratmetern Nutzfläche in der Arndtstraße ein Übergangsdomizil gefunden – in einem Gebäudekomplex, der zuletzt vom Call-Center Teleperformance genutzt wurde. Während die Dreher und Fräser weiter am Flugplatz sind, ist die komplette Geräteproduktion Ende Juni binnen drei Tagen in die Südstadt gezogen. „Während der Bauphase hätten wir ohnehin nicht komplett am Flugplatz bleiben können“, sagt Guhl. Nun werde das Ausweichquartier eben länger benötigt als gedacht.

Gebäude ist glücklicher Zufall

Mit der Arndtstraße ist er sehr zufrieden: „Es ist das passendste Gebäude, das wir finden konnten.“ So sei es ein glücklicher Zufall gewesen, dass Teleperformance ausgezogen ist. Der Geschäftsführer lobt die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung und den Ämtern im Rathaus: „Alle haben super mitgespielt, wir haben die Nutzungsänderung in weniger als vier Wochen bekommen.“ Durch den Umzug seien auch einige Produktionsprozesse optimiert worden. Um das bildlich darzustellen, hängt im ersten Stock ein großer Plan an der Wand. Orangefarbene Zettel bedeuten Anpassungen. Und der Plan ist voll von orangefarbenen Zetteln. Vermutlich werden noch mehr hinzukommen, denn Partec will weitere Leute einstellen, vor allem in der Produktion. Gesucht werden viele: Elektroniker, Mechatroniker, Zerspaner, Dreher, aber auch Laborpersonal.

Mittlerweile sei es nicht mehr einfach, geeignete Leute zu finden. Viele Bewerbungen gebe es zwar immer, aber nur manchmal seien viele dabei, die wirklich geeignet sind – und dann auch mal wieder nicht. Die neuen Mitarbeiter kommen keinesfalls nur aus Görlitz: „Sehr viele pendeln täglich innerhalb des 60-Kilometer-Umkreises um Görlitz, einige auch aus Dresden.“ Sogar die Zahl der ausländischen Mitarbeiter ist in jüngster Zeit gestiegen, weil Kollegen aus Polen, Tschechien und anderen Ländern eingestellt wurden. Um fähige Leute herzulocken, bietet Sysmex Partec mittlerweile einiges, hat flexible Arbeitszeiten eingerichtet, gibt Fahrtkostenzuschüsse, übernimmt die Kita-Gebühren der Kinder komplett. Auf eines aber legt Guhl Wert: „Deutsch ist uns als Unternehmenssprache wichtig.“ Wer das nicht ausreichend beherrscht, hat auch in einem japanisch-deutschen Konzern schlechte Karten.