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Schmiedewerk an Konzern in Österreich verkauft

Die Werke in Sachsen und Nordrhein-Westfalen haben einen neuen Besitzer. Die Roßweiner sind optimistisch.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Roßwein/Stuttgart. Mit einem Gefühl der Unsicherheit sind die mehr als 100 Schmiedewerker der Roßweiner Mahle-Niederlassung in die Zeit über den Jahreswechsel gegangen. Schon im Sommer hatte ihr Arbeitgeber angekündigt, dass er sich strategisch neu ausrichten und sich in diesem Zuge von dem Segment Schmiedearbeiten trennen will, für die Werke in Sachsen und Nordrhein-Westfalen Käufer gesucht werden. Noch kurz vor Weihnachten war Mahle auf der Suche. Nun teilte das Unternehmen am Montag mit, dass die Mahle-Werke in Roßwein und in Plettenberg (NRW) an den österreichischen Mischkonzern Frauenthal gehen. Damit der Kauf gültig wird, müssen die Kartellbehörden noch zustimmen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Mitarbeiter nicht unzufrieden

Den Betriebsrat vor Ort um Hans-Joachim Porst beschäftigt das Thema sehr. Auch am Montag hat Porst sich zwischen seinen Nachtschichten mit dem Verkauf auseinander gesetzt. Die Kollegen wollen informiert werden. Dafür muss sich Porst selbst erst einmal ein Bild machen. Inzwischen hat er sich den aktuellsten Jahresbericht des neuen Eigentümers angeschaut. „Es sieht gut aus“, sagt er nach einem ersten Überblick. Porst rechnet damit, dass es noch Wochen dauert, bis die Kartellbehörde dem Verkauf zustimmt. Dann geht er davon aus, dass sich die neuen Eigentümer in Roßwein selbst vorstellen und ihre Entwicklungsziele darlegen. Bis dahin sieht es Hans-Joachim Porst auch als Aufgabe des Betriebsrates an, dafür zu sorgen, dass die Belegschaft genauso motiviert weiterarbeitet, wie das unter Mahle geschehen ist.

Frauenthal will wachsen

Der potenzielle neue Eigentümer der Mahle Motorkomponenten GmbH ist ebenfalls schon in der Automobilbranche tätig. Der Kauf sei „ein wesentlicher Schritt“ zum Ausbau des Automobilbereichs, sagte Frauenthal-Vorstand Martin Sailer. Das lässt die Schmiedewerker hoffen, dass sie auch weiterhin ihrem Handwerk nachgehen können. Mahle hatte die damalige Schmiedewerk Roßwein GmbH im Jahr 2004 übernommen und dort unter anderem Pleuelstangen und Ausgleichswellen für Automobilhersteller produziert. Geschmiedet wird in Roßwein schon seit vielen Jahrzehnten. „Wir sind überzeugt, dass die Frauenthal-Gruppe die Zusatzpotenziale und Wachstumschancen beider Standorte voll ausschöpfen wird“, sagte Wolf-Henning Scheider, Vorsitzender der Mahle-Konzern-Geschäftsführung.

Mahle & Frauenthal

Der Stuttgarter Konzern Mahle ist ein Entwicklungspartner und Zulieferer der Automobilindustrie. Weltweit sind in mindestens jedem zweiten Fahrzeug Produkte von Mahle verbaut. Dessen Komponenten und Systeme kommen aber auch in Arbeitsmaschinen, Schiffen und Flugzeugen oder auf der Schiene zum Einsatz. Weltweit hat der Konzern 2015 mit rund 76000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 11,5 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Der österreichische Mischkonzern Frauenthal ist im Handel, aber auch im Automobilbereich aktiv, hier unter anderem mit Press- und Schweißkomponenten für Nutzfahrzeuge und Autos. Er hat bisher 3100 Mitarbeiter.

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Die Schmiedewerke in Roßwein und Plettenberg haben wirtschaftlich gearbeitet und kamen im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben auf einen Umsatz von 125 Millionen Euro. Beide Niederlassungen von Mahle haben zusammen 640 Mitarbeiter, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen. In Roßwein sind nach Unternehmensangaben 130 Männer und Frauen beschäftigt.

Betriebsbedingte Kündigungen sind an beiden Standorten bis Ende 2019 ausgeschlossen. Das hat sich die Belegschaft unter anderem auch mit Unterstützung der IG Metall erkämpft. Dafür gingen die Roßweiner genauso auf die Straße wie ihre Kollegen aus anderen Werken. Das hat am Ende deutschlandweit zu einem neuen Zukunfts- und Beschäftigungssicherungsvertrag geführt. Und auch andere Abstriche wie ein Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich standen lange Zeit zur Debatte. „Nun heißt es 2019, wieder neu zu verhandeln“, sagt Betriebsratschef Hans-Joachim Porst. Dann gehe es unter anderem um neue Schichtverträge und um die Verlängerung der Beschäftigungsgarantie.