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Schlussverkauf im Luisenhof

Schürzen, Sekt, Aschenbecher – am letzten Tag im Traditionsrestaurant fand fast alles neue Besitzer.

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© Norbert Neumann

Von Kay Haufe

Völkerwanderung gestern Nachmittag auf der Plattleite. Zur besten Kaffeezeit strömen die Menschen zum Luisenhof. Hier wollen die meisten nicht nur ein letztes Stück der unvergleichlichen Engadiner Nusstorte auf der Terrasse verspeisen und dabei den Ausblick auf die Stadt genießen, sondern parallel gern auch noch ein Erinnerungsstück mitnehmen.

Und die Auswahl ist riesig. Im Untergeschoss ist alles aufgebaut, was sich in 15 Jahren der Schumann’schen Betreiberzeit des Luisenhofes angesammelt hat. Pflanzen-Übertöpfe aller Art, Glasteller, weißes und Kinderporzellan, bunte Teelichthalter, Biergläser, Sonnenschirme und Schokoladenfondues neben Deutschland-Reiseführern. Eine Kiste voller gebrauchter Sonnenbrillen lässt erahnen, dass im Lokal so manches liegen blieb. Heike und Matthias Ullrich haben ihre Andenken indes schnell gefunden. Eine schwarze Schürze mit dem Luisenhof-Logo und ein Aschenbecher sollen es sein. Claire Schumann, die Tochter des Wirtsehepaares, packt ihnen die 40 Euro teuren Utensilien ein. Für einen Schwatz bleibt keine Zeit, denn die Schlange an der Flohmarktkasse ist 30 Meter lang.

Ullrichs schauen sich noch ein letztes Mal im Untergeschoss um. „Wir sind extra heute hergekommen, weil uns der Gedanke, dass der Luisenhof heute vielleicht zum letzten Mal als Gaststätte geöffnet hat, sehr traurig stimmt“, sagt Heike Ullrich. Schon als Kind sei sie regelmäßig mit ihren Eltern hergekommen, weil das immer ein toller Ausflug gewesen sei. „Dresden hat mit dem nicht mehr begehbaren Fernsehturm bereits ein Wahrzeichen verloren. Das sollte nicht auch noch mit dem Luisenhof passieren“, sagt die 45-Jährige. Sie bedauert, dass Armin Schumann das Haus verlässt. Sein Sonntagsbrunch sei der beste in Dresden gewesen. „Wir tragen heute tatsächlich eine Träne im Knopfloch und wünschen Schumanns alles Gute. Hoffentlich melden sie sich kulinarisch zurück“, sagt Matthias Ullrich.

Für Zukunftsvisionen blieb den Gastwirten gestern keine Zeit. Ununterbrochen signierte der Hausherr Sekt- und Weinflaschen oder andere Dinge, die Gäste erworben hatten. „Der Zuspruch unserer Besucher ist enorm. Ich glaube, morgen ist nichts mehr da, was wir noch verkaufen können“, sagt Armin Schumann. Fußballvereine und Feuerwehrvereine sowie andere Gastronomen haben sich am letzten Tag angemeldet, den Schumanns im Lokal verbringen. Sie wollen die Möbel und Küchengerätschaften abholen. „Außer meinen Gänsebratöfen und einer Spülmaschine ist alles weg“, sagt Schumann. „Es wird kein Fitzelchen mehr im Restaurant sein, wenn wir es an die Eigentümer übergeben.“

Doch am letzten Tag brummt das Geschäft im Luisenhof wie nie zuvor. Alle wollen einen letzten Blick vom Balkon Dresdens erhaschen. „Man weiß ja nicht, wann das wieder möglich ist“, sagt Monica Killig, die ein Kännchen Kaffee und ein Stück Beerentorte bestellt hat. „Eher untypisch für mich, aber absolut passend zum Restaurant“, sagt die 31-Jährige lachend.

Unterdessen packt Armin Schumann weiter Gläser mit dem Luisenhof-Logo ein. Jeder will noch eins für zu Hause. Am Tresen schreiben die Gäste letzte Wünsche für das Wirtsehepaar auf und werfen die Karten in einen Behälter. Armin Schumann hat mit Beginn der Sommerferien einen sechswöchigen Urlaub vor sich. „Für mich fast unvorstellbar. Das letzte Mal, als ich so lange freihatte, war ich selbst noch Schüler“, sagt er. Doch nach dem Urlaub arbeitet er weiter am neuen Restaurantprojekt.