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Schlüsseldienst wegen Preiswucher vor Gericht

Ein Paar aus Steina zahlte 917 Euro fürs Türöffnen. Dabei wäre es auch billiger gegangen.

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In einer kalten Februarnacht stand ein Ehepaar aus Steina frierend im Schneesturm vor seinem Haus. Als der Ehemann nach den Temperaturen schauen wollte, fiel hinter ihm die Haustür ins Schloss. Sein Schlüssel steckte innen in der Tür. Ein hilfsbereiter Nachbar rief einen Schlüsseldienst in Waldheim an. Der Preis ließ die Eheleute weiter frieren. Der Handwerker verlangte 917,23 Euro. Die Eheleute zahlten erst einmal. Später erstatteten sie Anzeige. Jetzt musste sich der Betreiber des Schlüsseldienstes vorm Amtsgericht Döbeln wegen Wuchers verantworten.

An die Frau, bei der er an besagtem Abend tätig war, kann sich der Angeklagte noch erinnern. Was genau er an ihrer Wohnungstür getan hat, weiß er nicht mehr. In Bremen betreibt er einen privaten Schlüsselnotdienst. Mit seinem Unternehmen ist er an eine Zentrale angeschlossen. Diese liegt in den alten Bundesländern und vermittelt den ihnen angeschlossenen Handwerkern per SMS Aufträge. Die Preise für die Arbeiten sind Richtlinien, die der Verband Deutscher Schlüsseldienste herausgearbeitet hat.

Weil hinter der Auftragsvergabe ein Call-Center steht, brauchten die geschädigten Eheleute sich nicht wundern, dass sie unter der Waldheimer Telefonnummer des Schlüsseldienstes kein ortsansässiges Unternehmen fanden. Sie wurden an ein Call-Center in den alten Bundesländern weiterverbunden. Der Handwerker kam aus Mügeln angereist. Fast eine Stunde mussten sie auf ihn warten. Statt das Schloss mit einem Draht oder einer Karte aufzumachen, bohrte er den Zylinder auf und wechselte ihn aus. 85 Minuten brauchte er für seine nächtliche Tätigkeit. Bezahlen mussten die Auftraggeber bar oder per EC-Karte.

„Den Zylinder auszuwechseln, das war gar nicht nötig“, erklärt die Geschädigte als Zeugin vor Gericht. „Er hätte die Tür auch mit einem Draht oder einer Karte aufmachen können.“ Dem widerspricht der Angeklagte, der sie plötzlich sehr genau an den Vorfall erinnern kann. „Das Schloss war total verrostet und verdreht“, sagt er. „Ich musste den Zylinder wechseln.“ Das Verfahren wird fortgesetzt. Dann wird ein Gutachter vernommen. (hk)