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Schloss Seußlitz verkommt

Keiner kümmert sich mehr um das barocke Ensemble. Deshalb sollte der Park schließen, fordert eine Nachbarin.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Diesbar-Seußlitz. Aus Wut und Ärger ist Verzweiflung geworden. In einem dringenden Appell hat sich Ingrid Zeidler jetzt an die Nünchritzer Verwaltung und den Gemeinderat gewandt. Denn um den Seußlitzer Schlosspark steht es so schlimm wie schon lange nicht mit mehr. Gras und Unkraut sprießen seit Wochen ungehindert, Farbe und Steine bröckeln und jetzt ist auch noch ein Baum umgestürzt. Mitten auf einen der Wege, halb liegt er im Teich. „Es ist dringlich“, mahnt die Betreiberin des Kleinen Cafés und Nachbarin des Schlosses.

Zwar sind Schloss und Park in Privatbesitz. Doch weil die Gemeinde Nünchritz Geld für die Parkpflege zuschieße und mit dem Schloss in ganz Deutschland geworben wird, sei die Gemeinde mit verantwortlich, sagt Ingrid Zeidler. „Wir locken die Leute hierher, und dann sieht es so aus“, kritisiert die Café-Betreiberin und berichtet von den häufigen unschönen Szenen mit Touristen, die sich über den Zustand der Anlage beschweren. „Wir möchten uns manchmal die Ohren zuhalten, wir sind unheimlich müde“, sagt die ehrenamtliche Denkmalpflegerin und Mitglied im Kleinen Kulturkreis Seußlitz.

Dabei ist die Situation mit dem Schloss schon lange schwierig. Seit dem Jahr 2000 ist Professor Stephan Braunfels Besitzer des Schlosses. Er hatte das barocke Ensemble für 715 000 Mark ersteigert. Und zunächst hatten sich Gemeinde und Fremdenverkehrsverein auch sehr über den Verkauf gefreut und große Hoffnungen in den preisgekrönten Architekten mit Sitz in München und Berlin gesetzt. Von einem Wellnesshotel oder einem Museum war damals die Rede. Doch einen finanzkräftigen Investor konnte Stephan Braunfels nicht von seinen Ideen überzeugen. Mehrfach äußerte er sich bereits dazu, dass er das Seußlitzer Kleinod zwar liebe, der Kauf allerdings eine Torheit war. Dennoch stand ein Verkauf wohl nie zur Debatte.

Nach langen Verhandlungen hatten sich die Gemeinde Nünchritz und der 68-Jährige zumindest auf eine Vereinbarung zum Offenhalten des Schlossparks einigen können. Dementsprechend bleibt die Anlage um das Barockschloss der Öffentlichkeit zugänglich – weil die Kommune jährlich 10 000 Euro zuschießt, solange Stephan Braunfels seinerseits Aufwendungen von mindestens 25 000 Euro für das Schloss nachweisen kann. Die Vereinbarung endet 2017. Ob sie verlängert wird, ist nicht bekannt. Zumal momentan überhaupt nichts mehr passiert.

Denn vor Wochen schon hat Heiko Sachse das Handtuch geworfen, der seit Jahren als Verwalter, Hausmeister und Gärtner im Schloss fungierte. Es sei das Ende eines ewigen Konflikts um die Finanzen gewesen, heißt es. Dabei hatte er allein dafür gesorgt, dass Buchsbaum und Koniferen geschnitten, Unkraut gezogen und das Schloss bewohnt wurde. Und er war bislang die einzige verlässliche Verbindung zum Schlossherrn.

Auch die Gemeindeverwaltung weiß deshalb momentan keinen rechten Ausweg. „Der Auszug hat die Situation verschärft“, sagt Bürgermeister Gerd Barthold (CDU). Er habe nun zwar eine Fotodokumentation veranlasst, im Prinzip war und ist aber das gesamte Ensemble inklusive vorderer Schlosszufahrt und Park Privateigentum. Die Gemeinde habe nicht einmal ein Wegerecht. Die Verwaltung verständigte sich nun bereits mit dem Tourismusverein Sächsische Elbweindörfer darauf, ein Schreiben an Stephan Braunfels zu verfassen und ihn im Herbst gemeinsam in Berlin zu besuchen. „Wir wollen aber kein Porzellan zerschlagen“, so Gerd Barthold.

Diesen Weg nennt Ingrid Zeidler „Streichel-Entscheidung“ und macht damit deutlich, dass sie den für wenig Erfolg versprechend hält. Eine Alternative sieht sie allerdings nur darin, die Anlage für die Öffentlichkeit zu schließen und an der Gemeindegrenze einen Zaun aufzustellen. Dann könne man zwar nicht mehr mit dem Schloss werben und ihr Café wäre wie auch das Haus des Gastes nur noch über einen Umweg über die Forststraße zu erreichen. Dann gebe es aber auch keine Sicherheitsrisiken mehr, „und man muss sich dann nicht mehr rechtfertigen.“