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Schloss Hirschstein – Fluch und Segen

Vor vier Jahren verkaufte der Landkreis das Schloss für einen Euro an die Gemeinde. Die hat daran schwer zu tragen.

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© Lutz Weidler

Hirschstein. Es war noch in der Amtszeit von Christine Gallschütz (CDU), als der Landkreis Meißen das Schloss Hirschstein für einen symbolischen Euro an die Gemeinde verkaufte. Die müht sich seitdem, das Gebäude zu erhalten und zu nutzen. Unterstützt wird sie dabei vom Heimat- und Förderverein Oberes Elbtal. Dessen Vorsitzende ist die damalige Bürgermeisterin.

Die ehemalige Bürgermeisterin Christine Gallschütz ist Vorsitzende des Heimat- und Fördervereins Oberes Elbtal, der sich auch im Schloss Hirschstein kümmert.
Die ehemalige Bürgermeisterin Christine Gallschütz ist Vorsitzende des Heimat- und Fördervereins Oberes Elbtal, der sich auch im Schloss Hirschstein kümmert. © Sebastian Schultz

Frau Gallschütz, hat sich die Gemeinde mit dem Kauf oder praktisch der Schenkung des Schlosses finanziell überhoben?

Die Gemeinde Hirschstein steckt in das Schloss viel Geld. Rund 200 000 Euro kosteten allein das Dämmen des Daches, der Einbau der Heizung und neuer Sanitäranlagen. Es gab Fördermittel über Leader, den Landkreis Meißen und die Denkmalpflege sowie Spenden. Für Treppe und Eingang sind rund 350 000 Euro nötig. Für die Eingangshalle wurde ein Teil der Eigenmittel durch die Hans-Peter-Dürasch-Stiftung der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Ohne Fördermittel, Spenden und nicht zuletzt ohne unseren Verein ginge das gar nicht. Es sind Aufgaben, welche die Kapazitäten der Gemeinde übersteigen. Doch wir hatten gar keine andere Wahl.

Wieso nicht?

Weil wir vor der Entscheidung standen, entweder das Schloss zu kaufen oder es verfallen zu lassen. Eine andere Option gab es nicht. Letzteres war für uns als Gemeinde aber keine Option.

Bereuen Sie die Entscheidung?

Wenn ich mir ansehe, wie es anderen Schlössern im Landkreis – ich denke da an Schieritz, Seußlitz oder Strehla – ergeht, bereue ich das keinen Augenblick.

Ein Verkauf ist also kein Thema?

Mir ist kein Interessent bekannt, zumal der Landkreis eine hohe Summe festgelegt hat, für die es verkauft werden müsste. Aber selbst wenn es einen Interessenten gäbe, hätte ich Bedenken, dass es dann wie andere Schlösser zum Spekulationsobjekt würde und verfiele.

Das Schloss war rund 60 Jahre Erholungsheim und Kinderklinik. War diese Nutzung ein Fluch oder ein Segen?

Natürlich ein Segen! Denn dadurch verfiel es nicht, wurde laufend erhalten, so gut es eben ging. Ohne die Heizung, die damals eingebaut wurde, würden wir heute ein Viertel mehr Energie verbrauchen. Nach der Wende wurden noch eine moderne Küche und ein Mehrzweckraum gebaut. Am 6. Oktober 2006 kam dann die Insolvenz der Klinik. Das war ein Schock für uns als Gemeinde.

Bis dahin konnte das Schloss ja auch nicht von innen besichtigt werden, es war ja Klinik?

Ja. 2005 feierten wir das 800-jährige Bestehen des Schlosses. Während der Feier wurde das Interesse für Schloss Hirschstein geweckt. Insofern war die Insolvenz ein Glücksfall. Jetzt konnten wir das Schloss ständig für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Seit 2010 gibt es regelmäßig Führungen.

Wobei jetzt nicht allzu viel zu sehen ist im Schloss?

Wenn Sie altes Inventar meinen, haben Sie recht. Lediglich zwei Vitrinen und drei Stühle, die jetzt in der sanierten Rundhalle stehen, waren übrig. Das Schloss wurde nach dem Krieg als Lazarett genutzt. Nachdem die sowjetischen Soldaten raus waren, wurde das Inventar geplündert.

Sehen Sie eine Möglichkeit, dass Schloss wieder einzurichten und dann täglich zu öffnen, um Einnahmen zu generieren?

Im Moment ist das kein Thema. Zunächst müssen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Derzeit werden die Eingangshalle und der Treppenaufgang saniert. Historische Möbel würden viel Geld kosten. Und eine tägliche Öffnung können weder die Gemeinde noch wir als Verein sicherstellen. Wir haben andere Pläne.

Welche Pläne hat denn der Verein für das Schloss?

Das Schloss soll noch mehr für Kulturveranstaltungen, aber auch beispielsweise für Hochzeiten genutzt werden. Für diese Feiern sollen Übernachtungsmöglichkeiten im Schloss geschaffen werden. Aber es ist auch noch viel anderes zu tun. In praktisch jedem Raum fehlt etwas, bröckelt der Putz, müsste neue Farbe ran. Stolz sind wir als Verein, dass wir den Festsaal hergerichtet haben. Hier finden regelmäßig Konzerte statt.

Was tun Sie noch, um Besucher anzuziehen?

Jedes Jahr findet der Ostermarkt statt, der mit Schlossführungen verbunden werden kann. Zur SZ-Schlössertour kamen 3 500 Besucher. Die Oldtimerrallye und die Cabrio-Ausfahrt machen hier Station. Allein im vergangen Jahr hatten wir 3 500 Besucher, davon nahmen 1 280 an Schlossführungen teil. Diese Führungen gibt es sonntags. Vom 9. April bis 24. September ist der Info-Punkt im Schloss geöffnet. Führungen können über die Gemeinde Hirschstein oder die Gaststätte Waldblick angemeldet werden..

Die Einnahmen kommen dem Schloss zugute?

Ausschließlich. Von den drei Euro Eintritt geht ein Euro an die Gemeinde zur Finanzierung der Betriebskosten. Zwei Euro bleiben beim Verein. Damit werden Baumaßnahmen kofinanziert. So konnte der Verein durch Spenden- und Eintrittsgelder in den vergangenen sieben Jahren die Gemeinde mit mehr als 20 000 Euro bei Baumaßnahmen für das Schloss unterstützen.

Wie steht es um die Zukunft des Vereins?

Wir haben jetzt 27 Mitglieder, zur Gründung waren es 18. Die meisten sind aber im mittleren bis fortgeschrittenen Alter. Es wäre schön, wenn sich jüngere Menschen fänden, die unsere Arbeit fortführen.

Ist das Schloss nun für die Gemeinde Fluch oder Segen?

Mit seiner Historie und als Besuchermagnet ist es zweifellos ein Segen. Finanziell ist es manchmal ein Fluch.

Das Gespräch führte Jürgen Müller.