Von Tina Soltysiak
Verdutzt steht Heinz Rennert vor der verschlossenen Tür der Sparkasse in Leisnig. Er studiert die Öffnungszeiten. Mittwochs ist seit dieser Woche geschlossen. Der Wiesenthaler ist entsetzt. „Ich bin extra mit dem Bus in die Stadt gekommen, um Geld zu holen. Das mache ich jeden Mittwoch“, erzählt er. Das Geldabheben am Automaten bringt der 85-Jährige nicht. Der Weg zum Schalter ist für ihn einfacher. Wie er nun an sein Geld kommen soll, weiß er nicht. „Ich habe kein Auto, bin auf den Bus angewiesen“, erzählt er. Wenn mal einer fährt, hat die Sparkasse auch wieder geschlossen. „Ich werde wohl jemanden bitten müssen, mich nach Leisnig zu fahren, wenn die Sparkasse geöffnet hat“, sagt er resigniert. Eine Information habe er nicht erhalten. „Dabei komme ich doch jeden Mittwoch her. Am Schalter hat mir niemand etwas von den bevorstehenden Änderungen der Öffnungszeiten erzählt“, sagt Heinz Rennert.
So wie dem Rentner erging es am Mittwoch vielen Leuten. An die Geldautomaten und Überweisungsterminals kommen sie noch. Weiter aber nicht. Die Automatiktür, die den Weg in den Innenraum öffnen würde, bleibt verschlossen. „Ich wollte eigentlich Geld einzahlen. Das geht ja aber auch nicht“, sagt Angelika Naumann. Eine Frechheit findet sie das. Rosemarie Günther musste eine Überweisung tätigen. „Wie das an den Terminals funktioniert, weiß ich nicht“, sagt sie. Nun muss sie an einem anderen Tag wiederkommen. „Wir wohnen in der Unterstadt. Mein Mann und ich müssen uns also noch einmal ins Auto setzen“, ergänzt sie. Ähnlich ergeht es Siegmar Lindner. Er hat den Höhenunterschied von 70 Metern bis in die Altstadt zu Fuß überwunden.
Die Menschen aus Leisnig und Umgebung sind richtig verärgert. Die Sparkassenschließung zum Mittwochvormittag ist das Gespräch des Tages. Der Grundtenor ist einheitlich: Es sei eine Sauerei, dass ausgerechnet am Markttag geschlossen ist. „Ich erledige gern alle Wege auf einmal“, sagt Heinz Rennert.
Die Filiale in Leisnig gehört der Sparkasse Döbeln. Auf Anfrage des Döbelner Anzeigers nach den Gründen für diese Entscheidung teilte Vertriebsmanagerin Diana Mollenhauer mit: „Unser Filialnetz ist unsere Stärke. Es ist Ausdruck unserer Verwurzelung in der Region. Aber natürlich verändern sich Kundenbedürfnisse, und aus diesem Grund haben wir unsere Service-Öffnungszeiten zum 24. Oktober 2014 angepasst.“
Nachfrage in sieben Jahren halbiert
Diesem Schritt vorausgegangen seien umfangreiche Kundenstromanalysen. „In den letzten Jahren hat sich das Nutzungsverhalten unserer Kunden deutlich gewandelt. Einfache Bankgeschäfte werden immer mehr online abgewickelt. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass sich allein in den letzten sieben Jahren die Zahl der Kunden, die einfache Serviceleistungen in der Filiale nachfragen, halbiert hat“, so Diana Mollenhauer weiter.
Somit reagiere die Sparkasse mit geänderten Service-Öffnungszeiten auf die Entwicklungen der Zeit. „Die Kommunikation erfolgte seit dem 1. Oktober in jeder Filiale sowie im Internet. Wir folgen damit der allgemeinen Entwicklung im gesamten Bankenbereich, wie die Öffnungszeiten umliegender Kreditinstitute bestätigen“, ergänzte die Vertriebsmanagerin. In der Tat hat die Servicestelle der VR-Bank Mittelsachsen eG in Leisnig mittwochs ebenfalls geschlossen. Es werden lediglich Beratungen angeboten.
Zu den verärgerten Bürgern gehört auch Dieter Friedrich aus Fischendorf: „Da setzt die Stadt mittwochs extra Busse ein, damit wir Dorfbewohner in die Stadt kommen, und dann hat die Sparkasse zu. Aber die Verwaltung soll sich an die eigene Nase fassen. Es ist nämlich eine riesige Lumperei, dass das Rathaus mittwochs ebenfalls geschlossen hat.“
Formal sei das korrekt, sagt Bürgermeister Tobias Goth (CDU). „Die Rathaustüren stehen offen, und wir schicken niemanden weg. Es kann eben nur sein, dass einige Ämter nicht besetzt sind, weil die Mitarbeiter beispielsweise eine Fortbildung haben“, erklärt das Stadtoberhaupt.
Öffnungszeiten der Sparkasse in Leisnig: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 8.30 bis 12.30 Uhr sowie dienstags zusätzlich von 14 bis 18 Uhr.