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Schleichend um die Burgker Straße

Die Vollsperrung der Straße in Freital lässt Autofahrer erfinderisch werden und ruft die Polizei auf den Plan.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Freital. Nach einigen feiertagsbedingten Ruhetagen dröhnen die Bagger an der Burgker Straße wieder. Gräben für eine neue Abwassertrasse werden gezogen. Ein paar Meter weiter ist der Fußweg aufgerissen, hier werden Kabel neu verlegt. Wer nicht direkt an der Baustelle wohnt, genießt jedoch die Ruhe, die am Hang unterhalb des Windberges herrscht. „Wissen Sie, was hier sonst für ein Verkehr herrscht? Ehrlich gesagt, ich finde es gut so und werde diesen Sommer genießen“, sagt eine Frau über den Zaun ihres Gartens.

© Koerner, Heidemarie

Der Verkehr, der sonst zwischen Freital-Potschappel und der Kreuzung Hopfenblüte rollt, ist tatsächlich verschwunden. Seit dem 9. April ist die Burgker Straße in beide Richtungen voll gesperrt. Nur Anwohner und Lieferverkehr darf noch hinein- und hinausfahren. Die Pendler sind jetzt anderswo unterwegs.

Die offizielle Umleitung verläuft über die Coschützer Straße zur Potschappler Straße in Dresden, dann die Karlsruher Straße hinauf zur Hopfenblüte. Das sorgte zum Beginn der Bauarbeiten für reichlich Unmut. Denn die Strecke ist etwa doppelt so lang wie die direkte Verbindung. Bei Facebook machten sich einige Autofahrer Luft. „Ich muss jeden Tag in die Kita nach Kleinnaundorf“, schrieb eine junge Mutter. Das sei jetzt ein Riesenumweg und mehr Sprit müsste sie auch verfahren.

Um den zu sparen, schleichen sich viele anderswo entlang. Sie nutzen zum Beispiel die schmale Straße, die hinterm Realmarkt abzweigt und in Richtung Leisnitz, weiter zur Zschiedge und dann zum Kreisverkehr Burgker Straße führt. Das rief sofort die dortigen Anwohner auf den Plan. „Bitte nicht bei uns langfahren!“, lautete ein Facebook-Eintrag. Ein anderer schrieb: „Ich wohne an der Zschiedge und der Verkehr ist unerträglich.“ Kurz darauf stellte die Verkehrsbehörde ein Schild „Einfahrt verboten“ am Kreisverkehr auf, wo die Zschiedge abzweigt. Seitdem dürfen nur noch Anwohner und Busse dort abbiegen. Für alle anderen ist die Zschiedge vorübergehend Einbahnstraße.

Die Polizei hat die Stelle im Rahmen der allgemeinen Verkehrsüberwachung im Blick. Das bestätigt Pressesprecher Stefan Grohme. Denn etliche Autofahrer sollen das Sperrschild in den ersten Tagen entweder übersehen oder schlicht ignoriert haben. Anwohner und Gewerbetreibende berichten von Kontrollen und auch Verwarngeldern. Der Bußgeldkatalog sieht beim Befahren von Einbahnstraßen in die falsche Richtung eine Geldstrafe von 25 Euro vor.

Chaos herrscht jetzt auch an anderer Stelle, an einer Straße, die mehr Verkehr als bisher schon gar nicht vertragen kann – dem Hengstberg. Die schmale und löchrige Trasse durch den Wald wählen viele, die sonst in Richtung Bannewitz und Autobahn A 17 über die Burgker Straße gefahren sind. Nun schleichen sie über den Hengstberg. In verkehrsreichen Zeiten, zum Beispiel nachmittags, staut sich dann sogar im Poisental der Verkehr, weil viele nach links in den Hengstberg einbiegen wollen, aber erst den Gegenverkehr passieren lassen müssen.

Mindestens bis September dicht

Das dürfte sich im Sommer nahtlos fortsetzen. Die Burgker Straße ist voraussichtlich bis 1. September voll gesperrt. Der Grund: Zwischen der Rotkopf-Görg-Straße und dem Gemeindeweg muss der Regenwasserkanal ersetzt werden. Weil er in der Straßenmitte verläuft, ist dies nur unter Vollsperrung möglich. Der erste Bauabschnitt bis Hartmanns Berg ist bereits erledigt, hier muss nur noch der Asphalt wieder eingebaut werden. Nun rücken die Arbeiter in den Bereich Hartmanns Berg, Knappenweg sowie bis zur Einmündung Gemeindeweg vor.

Zudem plant Freitals Strom- und Gasversorger umfangreiche Arbeiten am Netz. Mitte August wird im unteren Teil der Burgker Straße noch der Asphalt erneuert. Dann ist auch die Strecke vom Platz des Friedens bis zum Kreisverkehr gesperrt.

„Ich frage mich, ob ich das so lange durchhalte“, sagt Kristina Börners. Sie betreibt nahe der Kreuzung Hopfenblüte einen Backwarenverkauf mit Paketannahme. Mit Beginn der Baustelle seien ihre Umsätze rapide gesunken, erzählt sie. „Ich habe nun sogar die Öffnungszeiten verkürzt und mache 12 Uhr den Laden zu. Es lohnt sich einfach nicht mehr, bis zum späten Nachmittag im Laden zu stehen, wenn hier kein Verkehr ist.“ Börners ist die Leidtragende der Straßensperrung.

Auch gegenüber der kleinen Bäckerei, bei der Textilreinigung Möller, ist man alles andere als glücklich über die Situation. „Von Baustellen und Umleitungen sind wir schon seit mindestens zwei Jahren betroffen“, sagt Klaus Dieter Möller. Erst wurde die Potschappler Straße in Dresden 18 Monate unter Vollsperrung gebaut. „Da staute es sich fast täglich vor unserer Ladentür und unsere Kunden kamen kaum noch ran“, berichtet Möller. Nun müssen die Freitaler zumindest auf dem Rückweg große Umwege fahren. „Meiner Meinung nach hätte man schon beim Ausbau der Burgker Straße vor einigen Jahren die Regenwasserrohre vergrößern müssen. Dann wäre die jetzige Baustelle vermeidbar gewesen.“

Auch Frank Fleischer hatte sich Sorgen gemacht. Er betreibt an der Burgker Straße einen Groß- und Einzelhandel für Schrauben, Dübel und weitere Befestigungssysteme. „Toi, toi, toi – aus Richtung Freital sind wir im Moment gut zu erreichen“, freut er sich. Um keine Kunden zu verlieren, hat er an mehreren Zufahrtsstraßen Schilder aufstellen lassen „Zufahrt bis Schrauben-Fleischer frei“. „Das funktioniert ganz gut.“ Seine Kunden aus Richtung Dresden-Gittersee aber müssen die offizielle Umleitung fahren. Frank Fleischer wollte dem vorbeugen und hat weitere fünf Schilder anfertigen und genehmigen lassen. Die Hinweistafeln sollten seine Kunden gleich über die Zschiedge und die Leisnitz lotsen. „Da habe ich mich schon geärgert, dass kurz nach Baustellenstart die Zschiedge Einbahnstraße wurde“, sagt der Schrauben-Händler.