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Schlechte Luft über Görlitz

Schon jetzt wurden in der Stadt an 24 Tagen Grenzwerte für Feinstaub überschritten – sachsenweit die meisten.

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© Nikolai Schmidt

Von Daniela Pfeiffer

So eine ekelhafte Luft, es riecht total nach Abgasen“, sagt eine Görlitzerin und wedelt wie zur Untermalung mit den Händen vor ihrem Gesicht. Jeden Tag läuft sie durch die Stadt zur Arbeit, vor allem in der vergangenen Woche sei deutlich „dicke Luft“ zu spüren gewesen.

Und das Gefühl hat sie nicht getrügt. Vor allem um den 14. Februar schossen die Feinstaubwerte in der Stadt extrem in die Höhe. Der Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter wurde mit 134 am 14. Februar weit übertroffen. Insgesamt zählt Görlitz in dem noch jungen Jahr schon 24 Tage mit überschrittenen Grenzwerten. So viele hat keine andere Stadt. Allerdings folgen Nürnberg, Hagen und Zittau mit 22 Tagen.

Bis zum 16. Februar, als sich die Werte durch Regen und Wind schlagartig besserten, hatte fast ganz Sachsen mit dicker Luft zu kämpfen. Nur auf dem Erzgebirgskamm konnte man noch unbedenklich tief durchatmen. Von einer ausgeprägten PM-10-Episode sprechen die Fachleute vom Umweltamt Sachsen. Dabei steht PM10 für Feinstaub und das wiederum sind Staubpartikel in der Luft – sowohl natürlichen als auch chemischen Ursprungs. Vom Menschen verursachte Feinstaubquellen sind Kraftfahrzeuge, Kraft- und Fernheizwerke, Abfallverbrennungsanlagen, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern, die Tierhaltung und Industrieprozesse. In Ballungsgebieten sei es vor allem der Straßenverkehr.

Bundesweiter Feinstaub-Spitzenreiter im vergangenen Jahr war Stuttgart. Hier wurden an 63 Tagen die Grenzwerte überschritten, die folgenden Städte hatten alle nicht mehr als 26 solcher Tage. 35 sind zulässig. Stuttgart will wegen seiner schlechten Luft deshalb ab 2018 viele Dieselfahrzeuge verbieten, das beschloss am Dienstag die baden-württembergische Landesregierung. Anne Matthies-Umhau vom Sächsischen Umweltministerium sagt, dass alle Städte bei Grenzwertüberschreitungen Luftreinhaltepläne verabschieden müssten, in denen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität beschlossen und umgesetzt werden. In Görlitz sei letztmalig im Jahr 2011 der PM-10-Grenzwert überschritten worden. Das heißt, dass es damals mehr als die zulässigen 35 Überschreitungstage gegeben hat. „Görlitz musste aber in diesem Fall keinen Luftreinhalteplan aufstellen, da nachgewiesen werden konnte, dass großen Einfluss auf die Überschreitung die Grenzlage zu Polen und Zgorzelec hatte.“ Ursachen hier sind, dass viele Polen noch mit Kohleöfen heizen und auch das Heizwerk in Zgorzelec oder das Kraftwerk in Turow tragen zu schlechten Werten bei. Diese sind laut Anne Matthies-Umhau auch jahreszeitenabhängig. Im Winter würden etwa durch Feuern oder Kaltstarts von Fahrzeugen wesentlich mehr Schadstoffe in Umlauf gebracht, Hochdruckwetterlagen und Inversionswetterlagen – wenn die oberen Luftschichten wärmer sind – begünstigen Dunstglocken dann noch zusätzlich.

Für die Gesundheit sind das keine besonders fröhlichen Erkenntnisse. „Hohe Feinstaubkonzentrationen können schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben“, sagt Anne Matthies-Umhau. „Möglich sind Atemwegserkrankungen und die Beeinträchtigung von Herz und Kreislauf, besonders bei vorbelasteten Menschen.“ Im Görlitzer Malteser-Krankenhaus St. Carolus fällt Chefarzt Jörg Lubrich auf, dass es in diesem Winter durchaus deutlich mehr Infekte gibt und vor allem auch Asthmatiker und chronisch Lungenkranke Probleme haben. Ob dies mit erhöhten Feinstaubwerten in Zusammenhang stehe, ließe sich allerdings schlecht sagen.