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Schlappohren auf Erkundungstour

Der Lodenauer Gerd Eberle züchtet die seltene Hunderasse Gonczy Polski. Sie war schon einmal fast ausgestorben.

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© André Schulze

Von Frank-Uwe Michel

Lodenau. Genüsslich döst Felix in der Sonne. Auf seine Nase kann sich der 14-jährige Münsterländer noch verlassen, aber seine Beine machen nicht mehr so mit, wie sie das eigentlich sollten. Die Jagd ist für ihn deshalb passé. Doch zum Herumtollen reicht es noch. Seit ein paar Wochen teilt er sich sein Zuhause in Lodenau nämlich nicht mehr nur mit Slonka, einer dreijährigen Hündin der seltenen Rasse Gonczy Polski. Mit ihm spielen wollen auch noch acht knuffige Welpen. Wenn sie denn dürfen. Denn eigentlich leben sie momentan noch in einem großzügig gestalteten Gehege mit Innenraum und Auslauf und sogar einer Ecke für das dringendste aller Geschäfte. Gerd Eberle ist stolz auf das Gewusel in seinem Garten, denn die Rasse war nach dem Zweiten Weltkrieg vom Aussterben bedroht und ist auch jetzt noch nicht besonders oft anzutreffen. Der 69-Jährige ist dabei, die polnischen Laufhunde in Deutschland bekannter und beliebter zu machen. „Weil sie früher vom polnischen Adel für die Jagd verwendet wurden und nach 1945 alles, was mit den Blaublütern zu tun hatte, bei den Regierenden und in der Bevölkerung verpönt war, geriet auch der Bestand dieser Hunderasse in Gefahr“, erklärt der passionierte Jäger, der eigentlich durch Zufall seine Liebe für diese außergewöhnlichen Hunden entdeckt hat. „Es war 2002, als ein Jagdgast von mir in der Nähe der Neiße einen Rothirsch schoss, das Tier aber noch durch den Fluss lief und dort im Wald verschwand“, erinnert er sich. Obwohl unter den Grünröcken damals allgemein die Meinung vorherrschte, im Nachbarland sei die Nachsuche unmöglich, machte er den zuständigen polnischen Jäger ausfindig und begab sich mit dessen Einverständnis mit Felix, dem Münsterländer, auf die Suche nach dem kapitalen Hirsch. „Mein polnischer Kollege hatte einen Gonczy Polski an seiner Seite. Ich war so begeistert von ihm, dass ich beschloss: Wenn ich irgendwann einen neuen Jagdhund brauche, kann es nur einer von dieser Rasse sein.“

Als Felix in die Jahre gekommen war, nahm Eberle Kontakt zu seinem polnischen Freund auf und lernte eine Züchterin kennen. Von ihr wechselte Slonka nach Lodenau. „Anfangs wollte ich eigentlich nicht selbst züchten. Doch weil man sagt, dass Hündinnen nach einem eigenen Wurf weniger krebsanfällig sind, aber auch, weil die Rasse so selten ist, habe ich meine Meinung geändert und sie zugelassen.“ Nach dreieinhalb Monaten Tragzeit kamen am 21. März acht Welpen zur Welt – eine für diese Rasse große Zahl, hat ein normaler Wurf doch nur drei bis vier Junge.

An jenem Tag war jedoch nicht nur die vierbeinige Mutti voll gefordert, sondern auch Gerd Eberle, weil gar nichts so lief, wie es eigentlich sollte. „Ich hatte in der Küche zwei Monate vor dem errechneten Termin eine Wurfkiste gebaut, damit sich Slonka daran gewöhnen konnte. Allerdings schenkte sie meinem Bauwerk nur geringe Aufmerksamkeit, zog sich stattdessen immer wieder an ihre beiden Lieblingsplätze zurück: vor das Sofa in der Wohnstube und draußen, im Schuppen, unter die Kaninchenboxen.“ Am Wurftag holte Gerd Eberle seine Hündin ins Haus und bedeutete ihr, es sich in der Kiste bequem zu machen. Slonka hatte jedoch ihren eigenen Kopf, blieb unruhig, ging in der Küche hin und her. Im Flur dann brachte sie ihren ersten Welpen zur Welt. Doch auf einmal waren die Wehen weg. „Daraufhin fuhr ich zur Tierärztin nach Uhsmannsdorf. Doris Heyne gab ihr eine Spritze zur Aktivierung der Wehen und meinte, sie müsse dort gebären, wo sie am liebsten wolle.“ Kaum war der Lodenauer Jäger wieder zu Hause und hatte eine Decke vor das Sofa gelegt, lagen schon die nächsten beiden Welpen drauf. „Dann ging Slonka nach draußen, zum Schuppen. Auf halbem Weg purzelte das nächste Kleine heraus. Das letzte der acht Welpen erblickte am folgenden Morgen dann doch in der Wurfkiste das Licht der Welt.“

Seitdem kümmert sich die Hundemama liebevoll um ihren Nachwuchs. Und auch Gerd Eberle hat alle Hände voll zu tun. „Ich nehme die Rasselbande jeden Tag aus ihrem Auslauf heraus, weil sie ihre Umgebung kennenlernen und erfahren soll, was alles um sie herum geschieht.“ An eine Leine hat der Lodenauer einen Wildschweinschwanz gebunden. Dem jagen die fünf Jungs und drei Mädchen mit Begeisterung hinterher. „Mit drei bis vier Monaten beginnt die Prägephase. Was wir zusammen üben, ist die erste Stufe der Nachsuche bei geschossenem Wild.“

Lange werden die Junghunde aber nicht mehr zusammen herumtollen können, denn im Alter von acht Wochen will sie der Züchter abgeben. Interessenten für die seltenen Gonczy Polski gibt es schon.