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Schlagloch-Wetter

Nachts Frost, tags Frühling: Da ahnen die Mitarbeiter der Straßenmeistereien im Landkreis Bautzen schon Schlimmes.

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© Robert Michalk

Von Jana Ulbrich

Bautzen. Loch an Loch an Loch auf der B 98! Peter Engel und Tom Kämmler kommen immer nur meterweise voran. Schon seit dem frühen Morgen verfüllen die beiden Mitarbeiter der Bautzener Straßenmeisterei hier Schlaglöcher. Und das wird wohl noch den ganzen Tag so weitergehen, ahnen sie. Und auch noch die nächsten Tage. Jetzt geht es ja erst richtig los!

Nachts Minusgerade, der Boden in der Tiefe noch gefroren, tagsüber Frühlingstemperaturen und Schmelzwasser und am Freitag auch noch Regen: „Das ist ideales Schlaglochwetter“, weiß Straßenmeisterei-Chef Silvio Bittrich. Er rechnet damit, dass in diesen Tagen auf den Straßen des Landkreises so viele Winterschäden aufbrechen werden wie schon jahrelang nicht mehr. Betroffen sein werden vor allem die Straßen, die noch unsaniert sind, auf denen der Belag alt und porös geworden ist.

Die reinste Buckelpiste

Das Prinzip ist ja immer das gleiche: Regen- und Schmelzwasser dringt tagsüber durch Risse und winzige Hohlräume in den Asphalt. Nachts gefriert das Wasser und dehnt sich aus. Die Risse und Hohlräume werden größer, und am nächsten Tag kann noch mehr Wasser eindringen. „Bei solchen Bedingungen dauert es dann nicht lange, bis der ganze Straßenbelag bricht“, erklärt Silvio Bittrich.

So wie zum Beispiel hier auf der B 98. Die vielbefahrene Bundesstraße im Oberland sieht wirklich schlimm aus. Mittlerweile schon die reinste Buckelpiste. Und mit jedem Tag wird es schlimmer. Peter Engel und Tom Kämmler von der Straßenmeisterei versuchen, die täglich neuen Schlaglöcher wenigstens notdürftig zu stopfen. Alle paar Meter halten sie an, schalten die Warnleuchten ein, schnappen sich Schaufel, Besen und Vorschlaghammer und den Kübel mit dem Kaltmischgut.

Die gröbsten Gefahrenstellen

Und los geht’s. Der Straßenwart und der Azubi sind ein eingespieltes Team: Loch sauber auskehren, zwei Schaufeln Kaltmischgut rein, festrammen, fertig. Keine drei Minuten dauert das. Und schon geht’s weiter zum nächsten Schlagloch. Die Straßenwärter wollen auf diese Weise zumindest die gröbsten Gefahrenstellen beseitigen. Richtig Flicken geht anders. Aber anders geht zurzeit noch nicht. Weil der Frost noch tief im Boden steckt, können die Löcher vorerst nur provisorisch – eben mit Kaltmischgut – aufgefüllt werden. „Das hält auch nicht sehr lange“, weiß Peter Engel. „Aber es ist auf jeden Fall besser als gar nichts.“

In diesem Fall hier muss das Provisorium zum Glück auch nicht mehr lange halten. Der Abschnitt der B 98, der hier zwischen Sohland und Wassergrund noch unsaniert ist, steht für dieses Jahr auf der Vorhabensliste der Straßenbaubehörde. Ist eine Straße erst einmal grundhaft saniert, sind Frostaufbrüche dann normalerweise auf Jahre hin kein Thema mehr.

Schlaglöcher treten plötzlich auf

Wie groß die Schäden am 1 650 Kilometer langen Straßennetz des Kreises nach diesem Winter insgesamt sein werden, lässt sich bisher noch nicht sagen. Erst im Frühling, wenn kein Frost mehr im Boden ist und kein Wintereinbruch mehr erwartet wird, können die Straßenmeister das ganze Ausmaß in Augenschein nehmen. Sobald der Frost aus dem Boden ist, können sie auch erst mit dem richtigen Flicken beginnen. Dann werden die Schadstellen ordentlich ausgeschnitten, und es kommt nicht mehr Kalt-, sondern Heißmischgut in die Löcher – richtig festgewalzt und nicht nur per Hand gerammt.

Bis dahin werden Verkehrsteilnehmer gebeten, besonders vorsichtig und vorausschauend zu fahren. „In diesen Tagen muss immer damit gerechnet werden, dass sich plötzlich Schlaglöcher auftun“, sagt Sabine Rötschke vom Landratsamt. Unabhängig davon ist der Landkreis verpflichtet, für die Verkehrssicherheit zu sorgen. Deshalb werde das gesamte Straßennetz regelmäßig kontrolliert und Gefahrenstellen sofort gesichert, sobald sie bekannt sind.

Auch der Verband der Kfz-Versicherer rät zur Vorsicht. Wird das Fahrzeug trotzdem durch ein Schlagloch beschädigt, springt in der Regel die Vollkasko-Versicherung ein. In solchen Fällen sei es hilfreich, die Verkehrssituation auf einem Foto festzuhalten. Die Versicherer weisen zudem darauf hin, dass der Eigentümer der Straße, also Bund, Land, Kreis oder Kommune, für einen Schaden nur haftbar gemacht werden kann, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht nachweislich verletzt hat.