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Schlägern drohen hohe Haftstrafen

Drei Stolpener stehen wegen einer Prügel-Attacke vor Gericht. Für zwei der Männer wäre es nicht die erste Verurteilung.

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Von Stephan Klingbeil

Ein Nachbar fand René H. übel zugerichtet nachts im Hausflur. Der damals 35-Jährige aus einem Ort zwischen Stolpen und Neustadt war schwer verletzt. Laut Polizei hatte er drei Promille Alkohol im Blut. Ins Krankenhaus habe der Mann zunächst nicht gewollt. „Man musste ihn dazu überreden“, erinnert sich eine Beamtin, die an jenem 16. Dezember 2013 kurz nach Mitternacht vor Ort war. „Er wollte nicht viel sagen, er hatte Angst.“ Nach einer Anzeige habe dem Mann auch nicht der Sinn gestanden.

Dabei sei sofort klar gewesen: Die Verletzungen, die der Beikoch davongetragen hatte, konnten nicht allein von einem Sturz herrühren. Vielmehr musste René H. Opfer eine Gewaltorgie geworden sein (SZ berichtete). Seine Nase war mehrfach gebrochen, Prellungen, Schürfungen, Blutergüsse säumten seinen schmalen Körper.

Er erlitt zudem ein Schädelhirntrauma. Im Krankenhaus lag er rund eine Woche im künstlichen Koma. Nach Blutungen im Hirngewebe bestand für den Mann Lebensgefahr. Das bestätigte jetzt die Gutachterin, die am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen die mutmaßlichen Peiniger von H. vor dem Amtsgericht Pirna zu den Verletzungen aussagte. Dort wird dem 36 Jahre alten Heiko S., dem 20-jährigen Eik R. und dem vier Jahre älteren Sandro M. gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt.

Das Trio soll damals sein Opfer in der Wohnung von Heiko S. in Stolpen mit Fäusten traktiert haben. René H. hatte die drei Angeklagten aus Stolpen laut einem Zeugen gekannt. Er hatte sich damals zu dem Quartett gesellt, soll in der Wohnung fast eine Flasche Goldbrand geleert und Bier getrunken haben. Dann hätte René H. aber die Mutter des 20-jährigen R. beleidigt, der ihn daraufhin ins Gesicht geschlagen habe.

Allerdings soll René H. beim Aufstehen aus seinem Sessel über den Couchtisch gestolpert und dann gegen ein weißes Rudergerät auf dem Boden im Wohnzimmer von Heiko S. gefallen sein. Und dabei hätte er sich eine Kopfwunde zugezogen. In der Folge soll es weitere Schläge und Tritte gegeben haben. Die anderen Angeklagten hätten später mitgemischt. Das Trio selbst will sich nicht äußern. Die drei schweigen.

Zwei der Angeklagten sind vorbestraft. Der eine wurde bereits mehrmals wegen Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt – ihm droht zudem eine Verurteilung nach einer weiteren Schlägerei. Der andere wurde Mitte 2013 in Bautzen zu einer längeren Haftstrafe auf Bewährung verurteilt – wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes. Wird der Mann auch in Pirna verurteilt, muss er sehr wahrscheinlich ins Gefängnis.

Obendrein droht allen Angeklagten, dass sie künftig für Behandlungs- und Folgekosten von René H. aufkommen müssen. Denn der Mann ist derzeit ein Pflegefall. „Er ist halbseitig gelähmt, kann sich nicht alleine anziehen“, so seine Betreuerin vor Gericht. Die wichtigste Frage, die nun durch das Gutachten geklärt werden sollte, ist: Waren die Angeklagten mit ihren vermeintlichen Schlägen für die Hirnschäden verantwortlich? Oder war es jener angebliche Sturz auf das Rudergerät, der in der Folge die Hirnverletzungen verursacht hat?

Die Gutachterin tendiert in dieser Frage eher zu einem Sturz. Gleichzeitig hätte aber auch sehr wahrscheinlich „massive stumpfe Gewalteinwirkung stattgefunden“, etwa durch Schläge. Ob bzw. für welche Verletzung die Angeklagten verantwortlich seien, muss das Gericht klären.

Die Beweisaufnahme war eigentlich bereits abgeschlossen – da stellte einer der Anwälte noch einen Antrag: René H. selbst soll noch aussagen. Kann er nicht nach Pirna kommen, müsse notfalls in seiner Pflegeeinrichtung weiterverhandelt werden. Der Prozess wird noch im Juni fortgesetzt.