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Schiffe unter fremder Flagge

Knapp 2 700 Schiffe gehören deutschen Reedereien und damit zur deutschen Handelsflotte. Doch nur 339 von ihnen fahren auch unter hiesiger Flagge. Was hat es damit auf sich?

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© dpa

Von Britta Schultejans

Elsfleth. Nur 339 Schiffe fahren noch unter deutscher Flagge übers Meer. Das geht aus Zahlen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie hervor. 2342 weitere werden zwar zur deutschen Handelsflotte gezählt, gehören also deutschen Reedereien, fahren aber befristet unter fremder Flagge. Schifffahrtsexperten wollen das ändern - etwa mit der Fachkonferenz zur Attraktivität der deutschen Flagge der Jade-Hochschule in Elsfleth bei Oldenburg.

Warum fahren nur noch so wenige Schiffe unter deutscher Flagge?

Weil es schlicht billiger ist, sagt der Schifffahrts-Experte Klaus Harald Holocher von der Jade Hochschule. Die Flagge legt fest, welcher rechtlichen Grundlage das Schiff unterliegt. Fährt das Schiff unter deutscher Flagge, ist es an deutsches Arbeitsrecht gebunden, fährt es unter philippinischer Flagge, gilt das philippinische. „Die Flagge gibt das Rechtssystem an, in dem man sich bewegt. Durch das Wechseln der Flagge kann man eine Menge Personalkosten einsparen.“

Ist das denn so einfach, die Flagge zu wechseln?

Ja. Man kann das Schiff befristet unter eine ausländische Flagge stellen. Da gibt es nach Angaben Holochers Staaten, die das Ganze zum Geschäftsmodell erhoben haben und „sehr kundenorientiert“ sind - wie beispielsweise Antigua und Barbuda oder Malta.

Und warum ist es überhaupt ein Problem, wenn es weniger Schiffe unter deutscher Flagge gibt?

Erstens, weil dann auch für deutsche Kapitäne sowie Schiffsoffiziere, -Ingenieure und -Mechaniker andere Bedingungen gelten. Sie sollen die Chance auf eine qualifizierte Ausbildung an Bord von Schiffen erhalten, die für spätere Tätigkeiten an Land wie Schifffahrts- und Hafenverwaltung, Lotsen, Reedereimanagement erforderlich ist.

Und zweitens, weil weniger Schiffe unter deutscher Flagge auch weniger Mitspracherecht in der International Maritime Organisation (IMO), einer Unterorganisation der Vereinten Nationen (UNO), bedeuten. Die Beschlüsse dort erfordern ein gewisses Quorum. Das heißt, ein Land muss mit einem gewissen Anteil der Welthandelsflotte auftreten, um Beschlüsse beeinflussen zu können. Darum haben sowohl Deutschland als auch die Europäische Union (EU) ein großes Interesse an einer möglichst hohen Zahl von Schiffen mit deutscher oder EU-Flagge. „Wir wollen ja, dass die Schiffe, die in der Deutschen Bucht rumfahren, halbwegs sauber sind und die Umwelt nicht verschmutzen und dass die Mitarbeiter halbwegs ordentliche Arbeitsbedingungen haben“, sagt Holocher.

Was wird denn dafür getan, mehr Schiffe unter die deutsche Flagge zurück zu holen?

Bei der Nationalen Maritimen Konferenz im vergangenen Oktober wurden mehrere Maßnahmen beschlossen. Seeleute sollen unter deutscher Flagge etwa von der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht entlastet werden. „Dadurch werden die Seeleute deutlich besser gestellt“, sagt Holocher. Seeleute, die in Deutschland lohn- und sozialversicherungspflichtig sind, werden damit für ihren Arbeitgeber günstiger. Es gebe sehr hohe Zuschüsse vom Bund, die für einen Kapitän schon mal 32 000 Euro im Jahr ausmachen könnten. Schiffe, die befristet unter fremder Flagge fahren, müssen dagegen eine Abgabe leisten, die in die Ausbildung junger Seeleute fließen soll.

Bislang haben die Maßnahmen nach Ansicht Holochers indes noch keine Früchte getragen. Er vermutet, dass die Beschlüsse nicht allen Reedern bekannt sind. Verdi sieht die Maßnahmen generell kritisch. „Die derzeitige Regelung zur Gewährung von staatlichen Beihilfen und Subventionen ist nicht geeignet, die deutsche Flagge zu stärken und damit vermehrt deutsche und europäische Seeleute auf den Schiffen in deutscher Eigentümerschaft zu beschäftigen“, heißt es auf der Internetseite der Gewerkschaft.

Unter welcher Flagge fahren die Schiffe denn?

Eckhart Bölte, der in der Schiffsbegrüßungsanlage „Willkomm Höft“ die Kähne begrüßt, die in den Hamburger Hafen einfahren, hat in letzter Zeit verstärkt die Flaggen der portugiesischen Insel Madeira entdeckt. Eine Entwicklung, die auch Holocher bemerkt hat. Seiner Einschätzung nach liegen außerdem Flaggen aus Gibraltar und Luxemburg im Trend. „Das sind die europäischen Billigflaggen.“ Panama sei dagegen ein wenig aus der Mode gekommen - ebenso wie Liberia. „Die haben ein Imageproblem.“ Seiner Ansicht nach übrigens ganz im Gegensatz zur deutschen Flagge. (dpa)