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Schauspiel trifft auf moderne Technik

In „Die Vermessung der Welt“ wagten die Landesbühnen ein Experiment, das nicht immer aufging.

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© Archiv/Claudia Hübschmann

Von Peter Braukmann

Meißen. Der Roman „Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann, erschienen 2005, war ein sehr großer Erfolg. Auto Daniel Kehlmann hat erkannt, dass die Geschichte der beiden Wissenschaftler Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt viel Humorpotenzial beinhaltet.

Im Jahr 2008 wurde die Bühnenfassung des Romans von Dirk Engler im Staatstheater Braunschweig uraufgeführt und jetzt wagte sich die Landesbühne Sachsen an den Stoff. Das Theater Meißen, in dem am vergangenen Sonnabend die Premiere stattfand, erwies sich als würdiger Ort. Die Bühne in vollem Umfang genutzt, wobei der Spielort durch eine die Höhe und Breite vollkommen ausfüllende, durchsichtige Leinwand, getrennt war, auf der Videoprojektionen das Schauspiel aufwerten sollten. Ein großes Lob gebührt dem Bühnenbild. Es handelte sich um eine geschickt verschachtelte Treppenkonstruktion, die zu einem Plateau führte, das mal Bergspitze oder rettender Felsen, mal fürstlicher Balkon war. Die Konstruktion stand auf einer Drehbühne, in der sich drehend Szenen und Ort veränderten und neu ins Bild brachte. Auch das Kostümbild und die Maske waren vom Allerfeinsten. Als Regisseur hatte die Landesbühne Sachsen mit Lutz Hillmann (Inszenierung), Miroslaw Nowotny (Ausstattung und Video) sowie Uta Girod (Dramaturgie) profunde Kräfte des Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzen gewinnen können. Unter der Führung von Hillmann gelang es den Hauptdarstellern Grian Duesberg und Michael Bernd-Cananá, die gegensätzlichen Charaktere gut herauszuarbeiten und den satirischen Humor ohne peinliche Überzeichnung in ihr Spiel einfließen zu lassen.

Diesen positiven Eindrücken stand der Einsatz der Videoeinspielungen bedauerlicherweise kontraproduktiv gegenüber. Moderne Technik kann schon ein „Teufelszeug“ sein, wenn man seinen Möglichkeiten unterliegt und das rechte Maß verliert. Wohlgemerkt, immer dann, wenn die Projektion zur Anreicherung des Bühnenbildes eingesetzt wurde, war sie anregend und hilfreich. Wenn sie jedoch spielstützend als ergänzendes Bild verwendet wurde, hätte man besser darauf verzichtet. Da unternimmt Humboldt ein Experiment am eigenen Körper und lässt sich zwei tiefe Wunden in den Rücken schneiden, in die dann ein Helfer einen Silberthaler zwängt. Selbstverständlich in Nahaufnahme, über die ganze Leinwand verteilt und bitte gleich noch einmal. Das war schon ganz billiges Privatfernsehen.

Und als Humboldt und sein Begleiter Bonpland am Rande ihrer Kräfte auf einem hohen Berg in den Anden, von Sauerstoffmangel geplagt, Fantasiegebilden ausgesetzt sind, da wird dies nicht etwa gespielt, nein, da hoppelt der Hund aus Humboldts Vision über die Bühne, und die Projektion verhindert jede Fantasie beim Zuschauer und raubt dem Schauspieler seine Kunst.