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Schätze der Unterwelt

Das Kalkbergwerk in Miltitz soll für Besucher noch attraktiver werden.

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© Claudia Hübschmann

Von Dieter Hanke

Klipphausen. An die 60 Meter unter der Erde in Triebischtal gibt es eine Märchenlandschaft: riesige Felsendome und bizarre Gesteinsgebilde, glitzernde Kristalle, Karsthöhlen und auch ein türkisfarbener See. „Die Natur hat hier einzigartige Schönheiten geschaffen“, sagt Holger Sickmann. Der 50-jährige Bergbauexperte aus Scharfenberg führt Besucher durch das ehemalige Miltitzer Kalkbergwerk, wo von 1850 bis zur Stilllegung 1920 in vier Sohlen hochwertiger Kalkstein mit einem Calciumkarbonat-Gehalt um 98 Prozent – kristalliner Marmor also – geborgen wurde.

Sickmann zeigt in dieser Unterwelt teils sensationelle Entdeckungen vergangener Zeiten und von heute. Eine Taschenlampe erhellt eine handtellergroße Öffnung am Ende des Heynitz-Stollens. Dahinter sind in einer kleinen Höhle Tropfsteine zu sehen – Stalaktiten, etwa zehn an der Zahl, von denen einige nicht mal einen Zentimeter groß sind.

„Die Zapfen entstehen durch abtropfendes kalkhaltiges Wasser“, sagt Sickmann. 10 000 Jahre und älter sind diese Gebilde. Sogar im Guinnessbuch der Rekorde kommt Miltitz vor: Hier finde sich die kleinste Tropfsteinhöhle der Welt. Doch auch ohne diese Attraktion ist ein anderthalbstündiger Rundgang durch den Stollen und die Halle mit dem 100 Quadratmeter großen und bis zu sieben Meter tiefen See bemerkenswert.

Denn hier ist Erdgeschichte erlebbar – weißer und grünlich-grauer Kalkstein, der mit rötlichen Eisenoxid-Einlagerungen eine tolle Szenerie bildet, Marmor, der mit schwarzen Graphitgängen durchzogen ist, und Lava, die seit Millionen Jahren erkaltet ist. Diese Schauanlage ist gleichzeitig ein Produktionsdenkmal. Neben der Gewinnung von Marmor wurden im Heynitz-Stollen Silber, Kobalt und Nickel abgebaut.

Sickmann schwärmt vom weißen Miltitzer Marmor: „Er ist edel und rein, hat eine schöne Struktur.“ Doch leider würde er viele Risse und Einlagerungen von Mineralien aufweisen, sodass eine industrielle Weiterverarbeitung nur schwer möglich gewesen sei. „Vollständige Platten wurden in Miltitz kaum gewonnen“, sagt Sickmann. Verwendet wurde der Kalkstein als Dünge-, Bau- und Hüttenkalk.

Seit 1993 ist dieses 600 Jahre alte Kalkbergwerk im Besitz der Kommune Klipphausen. Die frühere Gemeinde Triebischtal richtete es als Schaubergwerk her. Eröffnet wurde die Anlage im Juli 2000. Jährlich kommen etwa 5 000 Besucher.

Sie erfahren nicht nur Wissenswertes über den Kalksteinabbau, sondern auch über ein düsteres Kapitel in der deutschen Geschichte. Noch im See zu sehen sind geflutete Fundamente und Anlagen. Hier wollte die Wehrmacht von 1943 bis 1945 eine Benzinfabrik errichten.

Häftlinge aus Konzentrationslagern mussten unter unmenschlichen Bedingungen im Bergwerk arbeiten. 17 von ihnen kamen ums Leben. Zu DDR-Zeiten diente das Bergwerk als Sprengstofflager sowie als vorgesehener Luftschutzraum im Ernstfall für Spitzenfunktionäre. Die Bergsicherung Freital verwahrte in den 1980er-Jahren einen Teil des Bergwerk-Areals.

Neue Bänke und Scheinwerfer

„Wir wollen das alte Kalkbergwerk noch besser für den Tourismus erschließen“, sagt Klipphausens Bürgermeister Gerold Mann (parteilos). Konzerte und Puppentheater seien gute Tradition. „Das wollen wir fortführen“, sagt er . Doch auch andere Events könnten dort künftig stattfinden. Das Gebrauchtgerätezentrum in Klipphausen präsentierte 2014 in der See-Halle den 25 000. aufgearbeiteten Gabelstapler, der für einen Kunden aus England war. „Das kam in diesem faszinierenden Flair des Bergwerks gut an“, sagt Gerold Mann.

In letzter Zeit wurde in der Schauanlage einiges verbessert. Dazu gehört die Anschaffung eines Bootes für Kontrollfahrten und Sicherungsarbeiten auf dem unterirdischen See. Ein Elektro-Fahrzeug für Transporte kam ebenfalls hinzu. Die Wasseranlage im Bergwerk erhielt eine Behausung. Von dort aus werden seit Jahren über Leitungen die Becken im nahen Miltitzer Jahnbad gefüllt.

„Bei all unseren Vorhaben geht es uns aber um das gute Miteinander von Mensch und Tier“, sagt der Bürgermeister. Denn diese alte Stätte des Bergbaus ist auch Lebensraum von Fledermäusen. In den Felsspalten und Höhlen vermutet man an die 200 Tiere, die dort ihr Winterquartier haben. Darunter sind die kleine Hufeisennase, das Mausohr oder auch die Mopsfledermaus, die im Bergwerk die hohe Luftfeuchtigkeit und ganzjährig stabile Temperaturen von sechs bis zehn Grad mögen.

Führuungen bis Dezember immer sonn- und feiertags 13.30 Uhr. Gruppen ab acht Personen nach Anmeldung ganzjährig, Telefon 035204 2170.

www.kalkbergwerk.de