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Schäferstündchen im Stuhlbaumuseum

Eine neue Schau in Rabenau würdigt die in Freital aufgewachsene Künstlerin Gudrun Bröchler-Neumann.

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© Annett Heyse

Von Annett Heyse

Rabenau. Warmes Herbstlicht, im Hintergrund eine Schafherde, davor ein schlanker Mann, der sich auf einen Stab stützt. Die Frau mit dem Kopftuch neben ihm ist die Künstlerin selbst: Gudrun Bröchler-Neumann hat sich und ihre große Liebe vor dem Hintergrund der brandenburgischen Landschaft, die sie so mochte, gemalt. Das Bild hängt mittlerweile im Wohnzimmer ihrer Tochter. „Es war ein Hochzeitsgeschenk meiner Mutter an uns“, erzählt Jana Zadow-Dorr.

In den kommenden Wochen wird sich die 52-Jährige davon trennen. Denn ab dem 25. Juni bis zum 20. August ist der Schäfer zusammen mit vielen weiteren Gemälden, Grafiken, Skizzen, Aquarellen und Pastellen in einer Sonderschau des Rabenauer Stuhlbaumuseums zu sehen. „Farbenwelt“ heißt die Ausstellung und würdigt die vor vier Jahren verstorbene Malerin und Grafikerin. Gudrun Bröchler-Neumann, 1937 geboren, wuchs in Freital-Hainsberg auf, ging hier zur Schule und lernte in der Porzelline Porzellanmalerin. Bereits nach der Lehre ging sie zum Studium an die Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Anfang der Sechzigerjahre zog sie nach Brandenburg, lebte zunächst in Lübbenau, dann in Cottbus und später im Fläming. Der Kontakt zur Heimat riss aber nie ab, hier, wie überall auf ihren Reisen, fand sie Motive für ihre zahlreichen Werke. „Meine Mutter war Künstlerin durch und durch“, erinnert sich Jana Zadow-Dorr.

Überall wo Bröchler-Neumann hinkam und schöne Motive entdeckte, wurde der Skizzenblock zur Hand genommen – ob Rabenauer Grund, bulgarisches Bergdorf oder ein Garten irgendwo in Brandenburg, wo andere den Fotoapparat zückten, nahm die Künstlerin ihre Stifte zur Hand. Vor allem lebte sie aber von Auftragsarbeiten für Betriebe und Organisationen. Ihr Atelier befand sich mitten im Wohnhaus, Haushalt und Arbeitsplatz seien ineinander übergegangen, berichtet Jana Zadow-Dorr. Und die Mutter sei eine sehr disziplinierte Künstlerin gewesen. Schon morgens malte sie, meist an mehreren Werken parallel, mitunter ging es bis spät in die Nacht hinein. Um die 230 Ölbilder entstanden, dazu ungezählte Pastelle, Aquarelle, Grafiken, Holzschnitte. Etwa 10 000 Werke, schätzt die Tochter und Nachlassverwalterin, hinterließ ihre Mutter. Viele Motive hat sie immer wieder in unterschiedlichen Varianten gezeichnet und gemalt. In Rabenau gibt es nun anlässlich ihres 80. Geburtstages einen Querschnitt all der Porträts, Landschaften, Stillleben zu sehen.

Zu DDR-Zeiten reiste Gudrun Bröchler-Neumann beruflich auch viel in den Ostblock, wo weitere Bilder entstanden. Einmal hat die Tochter sie begleitet. „Meine Mutter war immer mit einem schweren Rucksack, in dem die Arbeitsutensilien steckten, unterwegs.“ Reich wurde sie davon nicht – immer mal wieder war Ebbe in der Haushaltskasse. Nach der Wende zog es die Künstlerin regelmäßig auf die griechische Insel Kreta, wo sie neue Motive fand. Aufträge kamen da kaum noch rein.

Gudrun Bröchler-Neumann verlegte sich auf die Verarbeitung von Schafwolle. Sie färbte und strickte, es entstanden Westen, Jacken, Mäntel, die sie auf Märkten verkaufte. Gemalt hat sie trotzdem weiter. „Ohne Malerei – das ging gar nicht“, sagt die Tochter. Selbst, als sie sich Ende 2012 einer Herz-Operation unterziehen musste, hatte sie weitere Pläne, wollte sich auf keinen Fall in Rente schicken lassen. Dazu kam es nicht mehr – Gudrun Bröchler-Neumann starb 76-jährig im August 2013. Die Tochter katalogisiert nun schrittweise die Bilder, einige stehen auch zum Verkauf. Eines aber ist unverkäuflich: der Schäfer und die Frau im warmen Herbstlicht auf einer Weide irgendwo in Brandenburg.