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Saubohnen zum Frühstück

Die Internationalen Gärten sind gerettet. Nach einem Streit um ein Parkhaus haben die Pflanzer ein neues Areal bezogen.

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© Christian Juppe

Von Julia Vollmer

Saubohnen werden hierzulande eigentlich gar nicht angebaut. Auf einem kleinen Fleckchen Erde in der Johannstadt wachsen sie aber doch. Mohammad Al Masalme und seine Frau haben sie auf ihrem Beet in den Internationalen Gärten in der Holbeinstraße kultiviert. „Sie werden sonst meistens in Syrien oder Ägypten angebaut für typisch arabische Bohnengerichte, aber hier wachsen sie auch sehr gut“, sagt der 39-jährige Syrer, der seit 1998 in Dresden lebt. Soul heißt das typisch syrische Frühstücksmahl aus dicken Bohnen, Knoblauch und Sesampaste. Al Masalme ist schon ein alter Hase, engagiert sich seit acht Jahren im Verein Internationale Gärten und baut exotisches Gemüse an. Beinahe hätte er seine kleine Pflanzenwelt verloren – wegen eines Parkhauses.

Am Samstag feierten die Gärtner die lang ersehnte Eröffnung ihres neuen Domizils an der Kreuzung Holbein-/Permoserstraße. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) nannte das Projekt in seiner Eröffnungsrede ein Beispiel gelungener Integrationsarbeit. Er selbst gärtnere übrigens nicht so gern, erzählt er mit einem Schmunzeln. Die Schwiegermutter kümmere sich liebevoll um seinen Garten. Er selbst spiele auf dem Rasen vor seinem Haus lieber Fußball mit seinem Sohn.

Mit Ballspielen sieht es in den Internationalen Gärten eher schlecht aus – dafür blüht dort die exotische Vielfalt. Seit Anfang April hatten die Multikulti-Gärtner ihre Pflanzen am alten Standort am östlichen Ende der Pfotenhauerstraße aus- und im neuen Zuhause wieder eingegraben. Dazu schleppten zwei Ehrenamtliche monatelang Kübel und Sträucher hin und her. Vielen Kannen Gießwasser später gedeiht alles wieder in voller Pracht. Sonnenblumen und Rosen zeigen ihre Blüten, Zucchini, Tomaten, Kürbisse und viele Küchenkräuter sind sogar schon erntereif.

Vereinssprecher Mattes Hoffmann ist zufrieden mit dem neuen Areal, das näher am Zentrum liegt. Er hofft, noch mehr Mitstreiter aus den umliegenden Wohnblocks zu gewinnen. Auf 65 Beeten bauen 80 Gärtner aus 20 Ländern Obst, Gemüse und Blumen an. Nicht ganz die Hälfte der Hobbypflanzer sind Flüchtlinge, vor allem aus Syrien und dem Iran. Ein knappes Drittel sind Migranten, „also Menschen, die schon länger in Dresden leben. Manche haben inzwischen auch einen deutschen Pass“, so Hoffmann. 30 Prozent der Mitglieder sind Deutsche.

Das Aufnahmeprozedere ist einfach: Wer mitgärtnern will, kann sich per Telefon oder E-Mail beim Verein melden und muss sich später allen Mitgliedern vorstellen. Letztere entscheiden gemeinsam, wen sie aufnehmen. Menschen mit Migrationshintergrund zahlen zehn Euro Beitrag im Jahr und noch mal so viel als Beet-Gebühr. Für alle anderen kostet der Jahresbeitrag 25 Euro, die Gebühr einmalig 20 Euro. Im grünen Paradies wird nicht nur gegärtnert. Die Vereinsmitglieder treffen sich regelmäßig zum Quatschen, Feiern und um gemeinsam Zeit zu verbringen.

Seit 2005 gibt es den Verein, der mit einigen Problemen zu kämpfen hatte. Das neue Areal musste erst mal von tonnenweise Müll befreit werden, ehe überhaupt ans Gärtnern zu denken war. Doch die Pflanzer aus Syrien, Indien Somalia, dem Libanon, aus Russland und Deutschland sind dem völligen Aus entkommen. Denn die Gärten waren auf der früheren Fläche neben der Johannstädter Gleisschleife von einem Parkhausneubau mit 450 Plätzen bedroht. Es ist für die Mitarbeiter der Forschungsinstitute nebenan gedacht.

Die Parkhaus-Entscheidung hatte einen veritablen Streit im Stadtrat ausgelöst. Im Mai 2014 beschloss der Rat den Bau des mehrstöckigen Gebäudes. Die Stadt bot dem Verein deshalb Ausweichgrundstücke an. Als am besten geeignet erschien das Gelände zwischen Hohlbein- und Dürerstraße, wo inzwischen Mohammad Al Masalme mit seiner Frau gärtnert. Ihre Vorfreude gilt jetzt der Ernte für das traditionelle Bohnenfrühstück.