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Satt-Macher haben Dauerkritik satt

Die Milchbauern aus Erksdorf freuen sich, dass Landwirte bei der Freitag startenden Grünen Woche zur Demo aufrufen.

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Von Jens Fritzsche

Nein, bei der Demo zum Start der Grünen Woche werden sie nicht dabei sein. Cindy und Steffen Gröber werden stattdessen wie jeden Tag ihren Job im Landwirtschaftlichen Unternehmen in Großerkmannsdorf machen.

Aber gut finden die beiden Chefs des mit über tausend Milchkühen größten Agrar-Betriebs der Region die Demo schon. Die Rede ist wohlgemerkt von der Demonstration der Landwirte. Denn natürlich werden auch wieder Proteste gegen Massentierhaltung zum Start der großen Landwirtschaftsausstellung am morgigen Freitag in Berlin erwartet. „Aber es ist richtig, dass auch die Landwirte gegenhalten; unter dem Motto: Wir machen Euch satt – aber haben es satt, dass ständig über uns hergezogen wird“, freut sich Steffen Gröber über die Reaktion der Agrar-Unternehmen. Hochwertige Lebensmittel soll die Landwirtschaft herstellen, „aber billig sollen sie sein und die wirtschaftlichen Daumenschrauben seitens der Politik werden immer fester angezogen“, ärgert sich der Geschäftsführer des Milchproduktionsbetriebs, der aus der einstigen Großerkmannsdorfer LPG hervorgegangen ist.

Einerseits greife die Politik durch Vorgaben zum Beispiel beim Thema Einsatz von Chemie auf den Feldern ein, „andererseits werden Lebensmittel aus dem Ausland in die Geschäfte geholt, für die all diese Vorgaben dann nicht gelten“, schüttelt Steffen Gröber den Kopf. Klare Wettbewerbsverzerrung sei das, nicht unbedingt zu Gunsten gesunder Lebensmittel. „Zudem muss doch klar sein, dass wir Landwirte auch schon aus Kostengründen nicht sinnlos Chemie auf die Felder kippen!“

Billig-Getreide aus Osteuropa

Die deutsche Landwirtschaft befindet sich aktuell in einem brutalen Teufelskreis, macht Cindy Gröber deutlich. Die Tochter des Geschäftsführers arbeitet als Prokuristin im Unternehmen – und macht sich beim Blick in die Bilanz so ihre Gedanken. „Die Vorgaben, was die Tierhaltung und den Pflanzenschutz betreffen, erfordern hohe Investitionen – und die müssen sich einfach dann auch im Produktpreis niederschlagen“, ist sie überzeugt. Aber allein beim Thema Getreide sei das im Moment unmöglich. „Es kommt einfach viel zu viel Billig-Getreide aus Osteuropa ins Land – wir können da nicht wirtschaftlich gegenhalten“, sagt sie. Gleiches gelte für den Preis von Milch und Fleisch. „Im Moment setzen wir bei der Milchproduktion acht Cent pro Liter zu“, nennt Cindy Gröber eine dramatische Zahl. Auf Dauer könne man das nur schwerlich ausgleichen. „Wie gesagt, mit dem Verkauf von Getreide lassen sich beispielsweise aktuell eben auch keine Gewinne erzielen, um dieses Minus bei der Milch auszugleichen“, macht sie deutlich.

Fatales Russland-Embargo

Die Verbraucher seien hier genauso gefragt, wie die Politik, ist Steffen Gröber überzeugt. „Die Verbraucher und der Handel müssen einfach erkennen, dass für hochwertige Produkte eben einfach keine Billigpreise funktionieren – und dass das Marktpreis-Risiko zurzeit vor allem bei den Landwirten liegt“, macht er klar. Im Hofladen des Unternehmens in Großerkmannsdorf funktioniere das bereits bestens, freut er sich. Hier wisse die Kundschaft, dass sie frische, hochwertige Ware erhalten, „und ist bereit, dafür auch einen vernünftigen Preis zu bezahlen“. Immer mehr Verbraucher wollen zudem wissen, woher ihre Lebensmittel kommen. „Das können wir hier ganz genau sagen“, so Steffen Gröber. Und auch in Zukunft werde der Hof am Bischofsweg weiter für die Kunden offenstehen. Rundgänge von Schülern, Hoffeste, Pächter-Treffen – „alles das gehört zu unserer Strategie hinzu“, zählt Cindy Gröber auf. „Und wir spüren auch ein größeres Interesse von Azubis, haben wieder eine größere Auswahl“, freut sie sich.

Und die Politik? Was wünscht sich der Landwirt von der Politik? „Da gibt es vor allem zwei große Themen, die mich umtreiben“, sagt der Großerkmannsdorfer Geschäftsführer. Zum einen das Russland-Embargo. „Das ist ein fatales Beispiel, wie hier wichtige Märkte für die deutsche – speziell die ostdeutsche – Landwirtschaft riskiert werden“, ist Steffen Gröber überzeugt. Märkte, die einmal weggebrochen sind, auch nur schwer zurückzuerobern seien, fügt er an. Und Cindy Gröber bringt das sogenannte TTIP-Abkommen ins Spiel. Das geplante Wirtschafts-Abkommen zwischen den USA und der Europäischen Union. „Natürlich wäre für deutsche Unternehmen dann der US-Markt zollfrei, aber aus Neuseeland zum Beispiel würde dann eine riesige Masse Milch auf unseren Markt spülen – mit katastrophalen Folgen“, blickt Cindy Gröber mit kräftigen Bauchschmerzen voraus. Zudem seien in Deutschland einfach die Umwelt-Standards wesentlich höher als in den USA, auch was das Thema Gen-Technik betrifft, nennt er einige klare Wettbewerbsnachteile, mit denen sich deutsche Firmen dann direkt auseinandersetzen müssten.

Schwere Zeiten für Landwirte. Mal wieder. Immer noch. „Aber wir kämpfen“, sagt Steffen Gröber.