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Saniertes Pfarrhaus ohne Pfarrer

Für die freie Pfarrstelle in Steinigtwolmsdorf hat sich noch kein Bewerber gefunden. Dabei sind die Bedingungen gut.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Steinigtwolmsdorf. Eine ganze Etage für sich. Sieben Zimmer, über 150 Quadratmeter Wohnfläche, alles saniert. Der Hof gepflastert; hinterm Haus ein großer Garten. Eine Familie, die es aufs Land zieht, würde sich hier bestimmt wohlfühlen. Freilich soll nicht jeder einziehen. Reserviert ist die Wohnung im Steinigtwolmsdorfer Pfarrhaus für die Familie des neuen Pfarrers. Doch der lässt auf sich warten. Knapp anderthalb Jahre nach dem Wechsel des Ehepaares Ramsch nach Gröditz bei Weißenberg ist die Pfarrstelle im Oberland noch immer vakant.

Sie soll neu besetzt werden. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche hat sie zweimal ausgeschrieben – leider ohne Erfolg. Eine dritte Ausschreibung wird es nicht geben, weiß Neukirchs Pfarrer Jörg Briesovsky, der die Vakanzvertretung übernommen hat. Die Steinigtwolmsdorfer ist jetzt eine sogenannte Entsendestelle. Das heißt, ein junger Theologe kann nach dem Studium befristet in die Oberlandgemeinde entsandt werden. Trotzdem ist es weiterhin möglich, dass sich auch ein gestandener Pfarrer bewirbt.

Kraftakt für die Kirchgemeinde

Die Hoffnung war groß, bis zum Jahresende einen neuen Pfarrer gefunden zu haben. Auch mit Blick darauf wurde das Pfarrhaus seit dem Frühjahr zu großen Teilen innen und außen saniert. Die obere Etage mit der Pfarrwohnung wurde komplett modernisiert, sagt Karl-Heinz Müller, Inhaber des Schmöllner Ingenieurbüro Müller & Hilmes. Er betreut den Bau. Elektrik, Heizung, Sanitäreinrichtungen, Innenputz, Türen – alles neu.

Die Holzdielen in dem denkmalgeschützten, mehrere jahrhundertaltem Gebäude wurden abgeschliffen und geölt, die Holzfenster aufgearbeitet. Das Schieferdach wurde neu eingedeckt. Ein Giebel, der zu DDR-Zeiten mit Asbest verkleidet wurde, trägt jetzt wieder einen Schieferbehang, wie er für die Häuser im Ort typisch ist. Im Frühling sollen noch der Putz an der Fassade ausgebessert und diese neu gestrichen werden, sagt Karl-Heinz Müller.

Rund 220 000 Euro flossen in diesem Jahr ins Haus, alles Eigenmittel und Eigenleistungen der Kirchgemeinde. Hoffnungen, mit einem Zuschuss der Denkmalschutzbehörde bauen zu können, haben sich zerschlagen. Das Programm war restlos überzeichnet. Doch es steht eine Baukostenbeihilfe der Landeskirche in Aussicht.

Um Kosten zu drücken, packten einige Kirchgemeindeglieder mit an, wo Hilfe möglich war. Sämtliche Abrissarbeiten im Haus, aber auch der Trockenbau und der Bau eines neuen Schornsteinkopfes wurde von ihnen bewerkstelligt. Von bösen Überraschungen, die die Sanierung historischer Gebäude meist mit sich bringt, blieben die Steinigtwolmsdorfer zum Glück verschont. Das Haus, in dem sich auch das Pfarramt und der Kirchgemeinderaum befinden, sei von der Substanz in einem sehr guten Zustand, attestiert Bauingenieur Karl-Heinz Müller. „Auch, weil die Kirchgemeinde das Haus immer gepflegt hat.“

Ein besonderes Pfarrhaus

Im Unterschied zu den meisten Orten, wo sich das Pfarrhaus gleich neben der Kirche befindet, liegt in Steinigtwolmsdorf fast ein Kilometer zwischen beiden Gebäuden. Im Bestreben, die Wohnbedingungen für den Pfarrer zu verbessern, hatte der Kirchenvorstand 1618 einen Umzug zum jetzigen Standort beschlossen, zitiert Petra Ache aus der Kirchenchronik. Sie ist die stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstandes – und sie sieht, 400 Jahre später, durchaus Parallelen. „Auch wir verbessern die Wohnbedingungen für den künftigen Pfarrer“, sagt sie. „Es wäre schön, wir würden wieder einen Pfarrer bekommen“, fügt sie hinzu. Er wird vor allem für das Gemeindeleben gebraucht. Es gibt aber auch einen finanziellen Aspekt. Der Pfarrer und seine Familie zahlen natürlich Miete für die Wohnung im Pfarrhaus. Für die Kirchgemeinde ist diese Einnahme wichtig. Gerade auch nach den hohen Investitionen in diesem Jahr.

Viele im Oberland bemühen sich, die vakante Stelle auszufüllen. Die Mitglieder des Kirchenvorstandes, die alle ehrenamtlich wirken, übernahmen zusätzliche Aufgaben. Viel lastet auf Anke Wolf, der Mitarbeiterin im Pfarramt. Mit Silvio Hache gibt es seit August wieder einen Friedhofsarbeiter, der zugleich Kirchner ist. Aktuell arbeitet er sich auch in die Aufgaben der Friedhofsverwaltung ein.

Und dann ist ja auch noch Pfarrer Jörg Briesovsky, der zu den Gottesdiensten am Sonntag jetzt meist in die Nachbargemeinde kommt. Die Gottesdienste in Neukirch gestaltet derweil Margrit Mickel aus Bischofswerda. Sie hat in Neukirch eine halbe Pfarrstelle. Seit Beginn dieses Jahres sind beide Nachbarn Schwesterkirchgemeinden. Das heißt, sie sind weiter eigenständig, werden aber zum großen Teil von Neukirch aus verwaltet. Das klappt gut. „Wir hatten bisher nie das Gefühl, ein Anhängsel zu sein“, sagt Petra Ache. Zur Kirchgemeinde Steinigtwolmsdorf gehören rund 1 200 Gläubige aus dem Dorf und dem benachbarten Weifa.