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Sandsteine vom Deutschen Haus werden zu Skulpturen

Sechs Bildhauer arbeiten auf der Johannishöhe in Tharandt an Objekten zum Thema „Vielfalt“. Die Kunstwerke bleiben in der Stadt.

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© Andreas Weihs

Von Thomas Morgenroth

Tharandt. Ein wenig blute ihm schon das Herz, gibt Robert Haas-Zens zu, als er mit Fäustel und Sprengeisen die schöne Rundung an dem Sandstein abschlägt, der vor ihm auf zwei Holzböcken liegt. Der sorgsam ausgearbeitete Quader war einmal im Deutschen Haus in Tharandt verbaut, er ist eine der letzten Erinnerungen an das vor drei Jahren abgerissene Hotel. Beim ersten Bildhauersymposium auf der Johannishöhe wird nun daraus ein Kunstwerk, wie auch aus weiteren Sandsteinen, die vom Deutschen Haus stammen.

Haas-Zens, der nicht nur Steinmetz ist sondern auch Archäologe und angehender Denkmalpfleger, schaut beruflich automatisch mit zweierlei Augen auf das Material. „Vermutlich war es ein Teil des Simses“, sagt er. „Aber er hatte keine Funktion mehr und wäre wohl auch nur auf der Halde oder bestenfalls in einem Garten gelandet.“ Insofern freut sich der 29-jährige Tharandter über die Transformation: „Der Stein wird nun auf andere Weise an das Deutsche Haus erinnern“, sagt Haas-Zens. Er will seine zur Faust geballte rechte Hand in einen Teil des Steines formen, eine Vertiefung als Symbol für den ökologischen Abdruck, den der Mensch auf der Erde hinterlässt.

„Lebendige Vielfalt“ ist das Thema des Symposiums, ausgerichtet von der Johannishöhe anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Umweltbildungshauses. Robert Haas-Zens, der aus Bad Elster stammt und seit 2013 mit seiner Freundin und inzwischen zwei Kindern in Tharandt lebt, hat die Organisation übernommen. Er lud befreundete Bildhauer ein, die wie er an der Fachschule für Steinbearbeitung in Laas in Südtirol in Italien gelernt haben. Der Ort ist für seinen reinweißen Marmor berühmt, der in ganz Europa als Baumaterial begehrt ist, aber auch in die USA exportiert wird.

Es ist eine Art Ehemaligentreffen geworden, bei dem sechs Bildhauer aus Deutschland und Österreich allein für Kost und Logis eine Woche lang an Skulpturen arbeiten, die später entlang des Weges zur Höhe oder dort selbst aufgestellt werden sollen, wie Milana Müller vom Umweltbildungshaus sagt. Mit Thomas Junghans ist neben Haas-Zens ein zweiter Tharandter dabei, der sich dem Thema mit einer Art Schale und einem Samenkorn nähert.

Die weiteste Anreise hatte Christoph Waldhart aus Tirol in Österreich. Der Holz- und Steinbildhauer arbeitet freischaffend und unterrichtet in einem Gymnasium das Fach Kunst. In Tharandt hat der 33-Jährige, der sonst mit Marmor arbeitet, einen Sandstein aus dem Deutschen Haus als Ausgangsmaterial, auf dem an der Seite noch ein verblasster Schriftzug zu erkennen ist, der mit „Telefon“ gelesen werden könnte.

Für Waldharts Objekt spielt das keine Rolle. Er will ein menschliches Chromosom, das wie ein X aussieht, mit dem Samenflügel eines Ahornbaumes verbinden, als Sinnbild einer Symbiose des Menschen mit der Natur. Diesem spannenden Balanceakt widmen sich auch Johann Wagler und seine Freundin Antje Dathe aus Halle, die mit ihrem ein Jahr alten Sohn Justus auf die Johannishöhe gekommen sind. Sie arbeiten an einer dreiteiligen Skulptur.

Für Vinzent Reinhardt aus Berlin ist die Bildhauerei ein meditativer Prozess, der bei ihm auf der Johannishöhe in einem Kunstwerk mündet, das er als geheimnisvoll – und langweilig bezeichnet. Es ist ein Plädoyer für die Entschleunigung, für einen Zustand, in dem man nicht einmal denken muss. „Aber das ist ja heute nicht mehr angesagt“, findet der 28-Jährige.

Am Sonnabend soll seine „Langeweile“ fertig sein, die wohl alles andere als langweilig werden wird, wie das ganze Wochenende, an dem die Johannishöhe ihr Jubiläum feiert. Ein paar Sandsteine aus dem Deutschen Haus sind übrigens noch übrig. Wie daraus mit Fäustel, Klüpfel und Eisen Kunstwerke entstehen, will Robert Haas-Zens interessierten Laien bei einem Kurs am ersten Septemberwochenende zeigen, Anmeldungen sind noch möglich.

Die Johannishöhe feiert am Wochenende mit einem umfangreichen Programm ihr 25-jähriges Bestehen. Der Bildhauerkurs mit Robert Haas-Zens findet vom 1. bis 3. September statt, Anmeldungen unter 0157 84803233.

www.johannishöhe.de