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Sandsäcke aus Olbersdorf

Für die Wesom Textil GmbH ist das nur ein Nebenprodukt. Mit Wissenschaftlern forscht sie an speziellen Geweben.

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© Matthias Weber

Von Holger Gutte

Olbersdorf. Michaela Hösel sitzt an einer Malimo-Maschine aus DDR-Zeiten und näht das, was sich immer mehr Häusl-Besitzer vorsorglich anschaffen wollen – Sandsäcke für den Hochwasserschutz. „Für uns ist das eigentlich nur Füllarbeit“, sagt Jörg Mattheß. Der Geschäftsführer der Wesom Textil GmbH in Olbersdorf meint damit, dass in der Firma eigentlich nur dann Sandsäcke genäht werden, wenn im Unternehmen bei der Produktion und der Forschung kleine Pausen entstehen. Dennoch sind die Sandsäcke gefragt. Eine Bautzener Grundstücksverwaltungsgesellschaft hat gerade 100 Stück geordert. „Über das Bautzener Landratsamt, die Stadt und das THW haben sie keine Sandsäcke bekommen. Dann haben sie bei der Recherche im Internet bemerkt, dass nur ein paar Kilometer weiter sogar welche hergestellt werden“, schildert Jörg Mattheß. Schon lange vor der Hochwasserkatastrophe 2010 sind bei ihm Sandsäcke genäht worden. Komischerweise ist danach der Bedarf aber nicht gestiegen. Wahrscheinlich werden die im Landkreis Görlitz verwendeten Sandsäcke von woandersher bezogen, vermutet der Geschäftsführer. Die meisten bei ihm in Olbersdorf hergestellten Sandsäcke verschickt er jedenfalls quer durch Deutschland an Firmen, aber auch an einzelne Häusl-Besitzer. Je nach der Stückzahl richtet sich der Preis. Ein einzelner Sandsack kostet 74 Cent. Der Stückpreis geht aber je nach Menge bis auf 36 Cent runter. „Unsere Sandsäcke werden aus qualitativ hochwertigen und thermisch verfestigten Marken-Vliesstoffen gefertigt, die mit einer UV-Stabilisierung ausgestattet sind“, wirbt Jörg Mattheß für sein Produkt. Die Säcke seien dadurch sehr verrottungs- und reißfest und können mehrere Jahre gelagert werden. Bei den Jahrhunderthochwassern an der Elbe und an der Oder haben sie sich jedenfalls bewährt, schildert er. 80 000 Säcke sind damals allein an Kommunen an der Elbe geliefert worden.

Dass er nur wenige Kunden aus der unmittelbaren Umgebung seines Unternehmens hat, liegt aber auch daran, dass er seine Waren größtenteils übers Internet bei Ebay und Amazon anbietet. Und das Angebot ist breit gefächert. Es reicht von Geoflies für den Garten, Mulchflies, Baumwollgewirke als Schutz für die Pflanzen im Winter oder Krötenschutzzäunen bis hin zu Hanffilz- und Dämmmatten für den Schallschutz am Bau, Filter- und Drainagefliese sowie Putztapete aus Jutegewebe. Aus Jute werden in Olbersdorf auch Säcke für den Weihnachtsmann genäht.

Die Wesum GmbH stellt aber nicht nur textile Produkte unterschiedlichster Art her. Das Unternehmen, das sieben Mitarbeiter beschäftigt, arbeitet eng bei Forschungsprojekten mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen zusammen. Und dafür wurde extra ein Biotechnologe eingestellt. Der forscht jetzt bei der Wesom mit der RWTH unter anderem an einem textilen Spezialgitter, das nicht nur Insekten abhält, sondern auch vernichtet. Kirschbäume könnten damit vor der aus Asien eingewanderten Kirsch-Essig-Fliege geschützt werden. „Wir wollen das Spezialgitter dann auch bei uns in Obersdorf herstellen“, sagt Jörg Matthes. In einem anderen Forschungsprojekt arbeitet die Wesom bis 2019 auch mit dem Fraunhofer IWU zusammen. Hierbei geht es unter anderem um den Einsatz von speziellen Faserverbundwerkstoffen. Hochleistungsbauteile für den Maschinenbau sowie für die Automobil-, Luftfahrt-, Raumfahrt-, Sport- und Sicherheitsindustrie werden zunehmend daraus gefertigt.

Zwischendurch werden Sandsäcke hergestellt. „So haben wir immer welche auf Lager“, sagt er. Die Wesom bietet in der August-Bebel-Straße 6 a in Olbersdorf einen Teil ihrer Waren im Werksverkauf an.