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Sandmanzen, liebe Sandmanzen

In einem Studio in Dresden entstehen die Geschichten zweier liebenswerter Figuren für das Sandmännchen.

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© Christian Juppe

Von Henry Berndt

Es schnarcht am Strand. In ihren Sandförmchen schlummern Agathe und ihr Bruder Schorsch. Als Erste erwacht die rote Agathe und stürzt sich sofort ins nächste sandige Abenteuer. Ihr Bruder ist natürlich mit dabei. Sprechen können die beiden nicht, aber herrlich lachen: hahaha und hohoho. Wer regelmäßig das Sandmännchen guckt, der kennt die beiden liebenswerten Sandmanzen ganz sicher. Sie entstehen im Animationsstudio Balance Film in Dresden Friedrichstadt.

Hier sitzt Mandy Müller in einem abgedunkelten Raum, in dem nur ihre zwei Monitore und die Arbeitsplatte leuchten. Die 41-Jährige schiebt kleine rote und blaue Steinchen vorsichtig über den Tisch und formt sie mit Pinsel, Pinzette und Klebeband zu immer neuen Figuren. Einige Teile, wie Hände, Füße und Augen ihrer Sandmanzen findet sie bereits fest zusammengeklebt in den Schubladen. Diese sogenannten „Replacements“ kann sie immer wieder neu positionieren. Ihre Aufgabe ist es, das Drehbuch des Regisseurs Ralf Kukula auszuschmücken und lebendig werden zu lassen. Für jede winzige Bewegung der Figuren macht sie ein neues Foto. Und so entsteht am Ende aus einem Häufchen Granulat eine ganze Geschichte.

„Die sind total niedlich“, sagt Mandy. „Sie wollen spielen, entdecken, streiten und versöhnen sich. Am Ende gibt es immer eine Lösung.“ Die Möglichkeiten der Sand-Animation in 2D sind groß. „Die Steinchen werden bei uns aber mittlerweile in Gold aufgewogen“, sagt sie. „Sie sind so nicht mehr zu kaufen und die Unterschiede würde man sehen.“

Gemeinsam mit ihrer Kollegin animiert Mandy gerade für die dritte Staffel der beliebten Serie, die seit 2009 zu sehen ist. In diesen Tagen sollen 13 neue Folgen fertig werden. Mehr als anderthalb Jahre haben die beiden dann an diesem Projekt gearbeitet, zehn Stunden am Tag. Der Aufwand für dieses Geduldsspiel ist unbeschreiblich. Eine einzige Folge von knapp vier Minuten Länge kostete die Macherinnen zwischen anderthalb und drei Monate.

Eigentlich hat Mandy ja Lehramt studiert, aber nie als Lehrer gearbeitet. Ein Kurs im Studium hatte es ihr aber doch angetan: Animation. Nach einem Praktikum wurde sie als freischaffende Künstlerin zunächst Assistenzzeichnerin für die Filmvorlagen, die damals noch auf dem Papier entstanden. Bald durfte sie auch selbst animieren, zum Beispiel für Piratengeschichten, die später im Sandmännchen liefen. „Da habe ich Blut geleckt, das war echt schön.“ Dabei sei es bedauerlich, dass es in Deutschland nur noch so wenige Sendeplätze für Animationsfilme gebe. Auch die früher üblichen Vorfilme im Kino seien verschwunden. Ihre Nische ist also klein. Was zählt, ist Qualität.

Schnell merkten ihre Chefs: Diese Mandy Müller sprüht geradezu vor Kreativität. Sie animierte zahlreiche Filme für verschiedene Studios im ganzen Land. „Das klingt wie ein Traum, man sollte sich das aber gut überlegen“, sagt Mandy ernst. Oft lebe sie aus dem Koffer, habe unregelmäßige Arbeitszeiten. Mit einer Familie sei so ein Leben schwer zu vereinbaren. Deswegen hat sie auch noch keine.

Wenn sie nicht gerade Filme macht, illustriert sie Bücher oder entwirft Logos. Auch ihren Ohrring hat sie selbst entworfen. Ihn ziert eine echte Fliege, von Polyesterharz umschlossen.

Daheim sieht Mandy das Ergebnis ihrer Animationen übrigens selten. In ihrer WG im Hechtviertel hat sie keinen Fernseher.

Premiere feiern wird die neue Staffel der „Sandmanzen“ am 19. November ab 10 Uhr im Theater Junge Generation (Kraftwerk Mitte) im Rahmen des Familiensonntags. Der Eintritt ist frei.