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Salami-Taktik der Bahn

Die Deutsche Bahn reicht für den nächsten Abschnitt des ICE-Streckenausbaus einzelne Anfragen ein. Das hat sie schon einmal versucht. Vergebens.

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© Kristin Richter

Von Jörg Richter

Großenhain. War es ein gewollter Eklat oder ein zufälliger Ausbruch der Wut über die Deutsche Bahn? Bei einem öffentlichen Termin mit Pressevertretern auf der Großenhainer Bahnbaustelle ist Bauamtsleiter Tilo Hönicke der Kragen geplatzt. Er beklagt, dass die DB Netz AG für den zukünftigen Streckenausbau zwischen Großenhain und Elsterwerda kein Gesamtkonzept vorlegt. Bisher seien vom Eisenbahn-Bundesamt im Auftrag der Deutschen Bahn AG nur kleckerweise Anfragen zu Bauwerken entlang dieser Trasse eingegangen.

Das erste Mal Anfang Februar. Dabei wurde die Stadt um Stellungnahme für vier Eisenbahnüberführungen (zwei bei Kleinthiemig und je einer bei Treugeböhla und Raden) gebeten. Die Bahn will bereits ab 2018 diese vier kleineren Bauwerke erneuern. Der Stadtrat stimmte in seiner April-Sitzung zu.

Mitte Juni flatterte nun erneut Post aus dem Eisenbahn-Bundesamt auf den Schreibtisch des Großenhainer Bauamtsleiters. Diesmal soll die Stadt ihre Zustimmung für den Ersatzneubau von vier weiteren Eisenbahnüberführungen geben. Drei davon befinden sich in der Nähe von Zabeltitz, einer am Bornweg.

Und das sind sicherlich nicht die letzten Anfragen durch das Eisenbahn-Bundesamt. Tilo Hönicke ist ungehalten und schimpft: „Diese Salami-Taktik machen wir nicht länger mit.“ Er wittert dahinter eine Absicht. Denn alle Stellungnahmen wurden im Zuge von Plangenehmigungen (siehe Kasten) erbeten. Doch Hönicke will ein ordentliches Planfeststellungsverfahren. Denn nur so hat die Stadt Großenhain ein Mitspracherecht beim geplanten ICE-Streckenausbau vom Berliner Bahnhof bis nach Elsterwerda. Der soll voraussichtlich nicht vor 2023 erfolgen. Dieses Mitspracherecht ist entscheidend. Vor allem bei Dingen, die bisher noch ungeklärt sind.

So wie zum Beispiel, was aus dem Bahnübergang in Zabeltitz wird. Plant die Bahn hier eine Straßenbrücke über die ICE-Strecke hinweg? Oder eine Eisenbahnbrücke? Davon ist momentan noch keine Rede. Auch das ärgert die Stadtverwaltung. „Dabei würden wir gern einmal mehr darüber wissen, um den Zabeltitzern auch mal eine konkrete Auskunft geben zu können“, sagt Stadtsprecherin Diana Schulze.

Ringelpiez geht von vorne los

Bürgermeister Hönicke schimpft weiter: „Jetzt geht der Ringelpiez wieder von vorne los.“ Er kennt die Spielchen der Bahn noch aus der Planungsphase des ersten Abschnitts des ICE-Streckenausbaus zwischen Kottewitz und Großenhain, der momentan voll im Gang ist. Auch damals (2010) wollte die Deutsche Bahn eine vereinfachte Plangenehmigung durchsetzen. So wie heute versuchte sie, den ersten Abschnitt in mehrere Unterabschnitte zu unterteilen. Die Stadt bemängelte diese Verfahrensweise. In einer Stellungnahme nach der Stadtratssitzung am 19. Mai 2010 hieß es: „Die abschnittsweise Herbeiführung der erforderlichen Genehmigungen nimmt der Stadt Großenhain als Träger öffentlicher Belange die Möglichkeit, die Auswirkungen des Gesamtvorhabens abschließend zu beurteilen und die betroffene Öffentlichkeit entsprechend einzubeziehen.“ In der Folge stellte die Stadtverwaltung klar, dass die Gesamtbetrachtung einer Planfeststellung und nicht nur einer Plangenehmigung bedarf. Die Bahn folgte dieser Forderung und leitete ein Planfeststellungsverfahren ein.

Die Pressestelle der Deutschen Bahn AG in Leipzig hat am Donnerstag angekündigt, sich in den nächsten Tagen zu den Salami-Taktik-Vorwürfen zu äußern.