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Sachsens witzigster Straßenname

Kein Scherz: Die Dorfbewohner von Linz wollen eine Straße „Hinten Draußen“ nennen. So komisch das auch klingen mag.

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© Anne Hübschmann

Von Jörg Richter

Linz. Im Bäcker- und Lebensmittelladen der Familie Lerch liegt ein Schnellhefter auf dem Stehtisch am Fenster. Alle Stammkunden, die hier einkaufen, haben ihn bestimmt schon gesehen, vielleicht sogar in ihm geblättert. Doch in die Liste, die ganz vorn eingeheftet ist, hat sich bisher keiner eingetragen.

Nicht ein einziger Kulistrich ist dort draufgekritzelt. – Es ist eine offizielle Umfrageliste der Gemeinde Schönfeld, in der sich jeder eintragen soll, der irgendeinen Einwand gegen die künftigen neuen Straßennamen hat. Doch im Gegensatz zu anderen Dörfern der Region stehen in Linz bisher alle Einwohner hinter den Straßenumbenennungen. Ein Straßenname fällt unter den Vorschlägen sofort auf. „Hinten Draußen“ soll eine Straße heißen, die hinter dem Dorf entlang verläuft und mehrere Bauernhöfe mit Gärten, Wiesen und sogar einer Lagerhalle verbindet.

„Die Bezeichnung ,Hinten Draußen‘ ist in unserem Dorf schon lange bekannt“, sagt Ortsvorsteher Michael Lerch. Deshalb hatten er und seine Mitstreiter vom Ortschaftsrat auch nichts dagegen, als der hiesige Feuerwehrchef Stefan Menzel allen Ernstes diesen Vorschlag machte. Und das Erstaunliche: Niemand in Linz fand das blöd oder eines Straßennamens unwürdig.

„Na klar, ,Hinten Draußen‘. Da weiß jeder, was gemeint ist“, sagt auch Franziska Mieth, die gerade im Bäckerladen einkauft. Sie sei in Linz aufgewachsen und kenne gar keine andere Bezeichnung für diesen Weg.

Möglich wäre auch „Panzerstraße“ gewesen. Denn zu DDR-Zeiten seien hier öfter mal Panzer der sowjetischen Armee und der NVA entlang gefahren, erzählt Lerch. Vor allem, nachdem ein russischer Panzer auf dem ursprünglichen Weg, der ebenfalls am Dorf vorbeiführt, mit seinem Kanonenrohr an der Autobahnbrücke hängengeblieben war.

Das große Kopfsteinpflaster am oberen Dorfende Richtung Liega erinnert noch heute an die gelegentlichen Militärkonvois. Doch mit Panzern haben es die Linzer nicht so. Dann eher mit „Hinten Draußen“.

Linz erhält insgesamt neun neue Straßennamen. Bis jetzt gibt es hier eigentlich nur die Dorfstraße. Doch auch in den Schönfelder Ortsteilen Kraußnitz und Böhla gibt es Dorfstraßen, was oft zu Verwechslungen führt. „Es wird Zeit, dass die Straßenumbenennung kommt, weil wir viele Probleme mit der Postzustellung haben“, sagt Franziska Mieth. Und Lerch ergänzt: „Auch für die Feuerwehr und den Notdienst ist es angebracht.“

Die Schönfelder Bauamtsleiterin Catrin Niemz ist des Lobes voll für die Linzer. „Dort macht die Straßenumbenennung richtig Spaß“, sagt sie. „Die Linzer haben sich richtig Gedanken gemacht und schöne Ideen für neue Straßennamen gefunden.“ Vor allem der Ortschronist Frank Schneider habe sich dabei hervorgetan. Namen wie Schafgasse, Hofeweg, Zum Wachberg oder Finkenmühlenweg sind in der Region einzigartig. „Damit sind wir schon auf die nächste Gemeindefusion vorbereitet“, sagt Lerch lachend. Humor haben die Linzer jedenfalls. Das beweisen sie nicht zuletzt mit dem Straßennamen „Hinten Draußen“. Er ist aber gar nicht so einzigartig, wie viele vielleicht denken. Im oberbayrischen Pleislirchen und niederbayrischen Postmünster gibt es jeweils eine Adresse „Hinten 1“.

Bis zum 16. September können die Linzer noch Einwände gegen die neuen Straßennamen hervorbringen. Doch Lerch rechnet damit, dass die Umfrageliste leer bleibt. Voraussichtlich Ende September entscheidet der Schönfelder Gemeinderat über die Umbenennungen.