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Sachsen packt einen Koffer für Berlin

Kapstadt isst schon Kaiserschmarrn aus Freital – doch erst die Grüne Woche macht ihn weltbekannt.

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Von Georg Moeritz

Zischen, Rattern, ein schmales Fließband liefert silbrigglänzende Päckchen zu ihren Kartonverpackungen, die von einem Greifer vorsichtig zusammengeschoben werden: In Bernhard Werners Nahrungsmittelfabrik in Freital war gestern Kartoffelsuppe an der Reihe. Der Betrieb mit 20 Mitarbeitern stellt abwechselnd rund 40  Produkte her – darunter eine Backmischung für Kaiserschmarrn, der gern von Deutschstämmigen in Kapstadt gegessen wird.

Dirk Gropp, Produktionsleiter Werner’s Nahrungsmittel, Freital
Dirk Gropp, Produktionsleiter Werner’s Nahrungsmittel, Freital

Mit Export bis nach Südafrika hat die Marke „Werner’s“ schon Erfahrung, doch Produktionsleiter Dirk Gropp möchte die Mischungen im Beutel noch bekannter machen. Ein Verkaufswagen, zunächst nur gemietet, fährt die Freitaler Kartoffelprodukte auf Wochenmärkte. Dieses Jahr will sich das Unternehmen nach längerer Pause wieder einen großen Messe-Auftritt leisten: In knapp zwei Wochen beginnt die Internationale Grüne Woche in Berlin, und die Freitaler sind dabei.

Sachsens Landwirtschaftsminister Frank Kupfer (CDU) kündigte gestern beim Besuch in der Nahrungsmittelfabrik an, dass dieses Jahr 36 Aussteller Sachsen in Berlin vertreten. Darunter sind Tourismusverbände, die in Berlin gleich noch um Besucher werben wollen. Doch zwei Dutzend Markenartikler wie Teigwaren Riesa und Sachsenmilch nehmen wie jedes Jahr teil.

Die Dresdner Brauerei Feldschlösschen schenkt erstmals ihr alkoholfreies Bier aus, und der Großpostwitzer Nährmittelfabrikant Komet bringt eine neue Backmischung mit, deren Name dem Minister zunächst nichts sagte: „Mini-Pancakes, was ist denn das?“ Er esse halt meistens Bratkartoffeln und Spiegelei, sagte Kupfer. Doch Pancakes sind in Amerika beliebte Eierkuchen, auf der Internetseite des Unternehmens steht Pfannkuchen als Erklärung. Vor allem um Berliner und Brandenburger Käufer wollen die Firmen mit ihren Neuheiten werben. Denn die machen einen großen Teil der über 400 000 Besucher aus, von denen jeder gut 100 Euro auf der Messe ausgibt.

Die Sachsen lassen sich die Miete eines Messehallenteils fast eine halbe Million Euro kosten, zum größten Teil bezahlt aus der Landeskasse. Denn Sachsens Nahrungsmittelfirmen tun sich schwer mit Zusammenarbeit: Ihre gemeinsame Marketinggesellschaft löste sich vor zwei Jahren auf, laut Kupfer fand sich trotz angebotener Hilfe vom Land noch keine neue Initiative.

Umso mehr wollen einzelne Firmen und Initiativen in Berlin werben. Ulrich Wenzel vom Vogtländischen Knollenring hatte gestern schon einmal seinen Kartoffelhut aufgesetzt, verziert mit halbierten Plaste-Erdäpfeln. Der Agraringenieur ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Knollenrings und will auf der Messe eine blaue Kartoffelsuppe servieren. „Wir haben ja noch ein paar Tage Zeit“, sagte Wenzel gestern, denn die Suppe nimmt zwar dank Zutaten wie Sellerie zunächst die gewünschte Farbe an, bleibt aber nicht blau. Bis zur Grünen Woche will Wenzel mit seinen Vereinsfreunden daran arbeiten – immerhin hat ihr Knollenring im Vogtland schon einen Kartoffellehrpfad und eine Kartoffelschleuder für Kinderfeste zustande gebracht.

Wenzel sieht die Bedeutung der Kartoffel schwinden und fürchtet, dass sie in einigen Jahren nur noch „aus China als Billigprodukt eingeführt“ wird. Dabei seien Kartoffeln doch im bayerischen Vogtland erstmals 1647 „feldmäßig“ angebaut worden, und damit lange vor Friedrich dem Großen, dem landläufig die Verbreitung des Gewächses in Deutschland zugeschrieben wird. Wenzel scheut selbst vor Kartoffelbier und einem Rezept der Nachkriegszeit für Sahne-Ersatz nicht zurück, wenn er auf der Grünen Woche für Knollen und für sein Vogtland werben wird.

In Werner’s Nahrungsmittelfabrik in Freital kommen die Kartoffeln bereits getrocknet in großen Säcken an. Doch Produktionsleiter Gropp betont, dass sie alle aus Deutschland stammen.

www.gruenewoche.de

Die Grüne Woche in der Messe Berlin ist vom 18.  bis 27. Januar täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, dazu bis 20 Uhr am 19., 25. und 26.1.

Die Sachsen-Firmen sind diesmal in Halle 21b.