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Russen und Franzosen erobern Niesky

Den Gast- und Austauschschülern am Schleimacher-Gymnasium gefällt die Stadt, aber auch die deutsche Sprache.

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© André Schulze

Von Thomas Staudt

Martin ist 14. Deutsch gefällt ihm richtig gut. Ist das für einen Franzosen nicht eine etwas ungewöhnliche Einstellung? „Mein Vater ist Deutscher, meine Großeltern leben in Berlin“, sagt Martin. Er selbst lebt ganz in der Nähe von Albert, der französischen Partnerstadt von Niesky. Mit 22 weiteren Schülern nahm er in der vergangenen Woche an dem Austausch des Friedrich-Schleiermacher-Gymnasiums teil, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Sein großer Wunsch: „Ich möchte mich besser mit meinem Vater auf Deutsch verständigen können.“ Auch wenn der Aufenthalt nur ein paar Tage dauert, Möglichkeiten, Deutsch zu lernen, gab es viele: bei einem offiziellen Empfang mit den Eltern der Gastfamilien und der Rathausspitze, bei einer Rallye durch die Stadt oder bei Ausflügen in die Umgebung.

Rund 300 Schüler haben an dem seit 1995 laufenden Austauschprogramm bereits teilgenommen, so Katrin Günther und Cornelia Wieland. Die beiden Lehrerinnen geben Französisch. „Ohne die Unterstützung der Stadt, des Fördervereins und der Firma Opila wäre uns die Organisation wesentlich schwerer gefallen“, sagen sie.

Etwas länger als nur ein paar Tage sind Sonja (16), Olga (14), Ksenia (15) und zwei weitere Schülerinnen in der Stadt. Alle stammen aus Russland, sind für drei Monate in Gastfamilien untergebracht und nehmen auch am Unterricht teil. Organisiert wird der Austausch vom Verein „Gastschüler in Deutschland e.V.“. „Niesky gefällt mir wesentlich besser als meine Heimatstadt.“ Sonja grinst. Lipetsk liegt etwa 500 Kilometer südöstlich von Moskau im europäischen Teil Russlands. „Eine Großstadt, dreckig und grau.“ Jetzt grinst Sonja nicht mehr. „In Niesky ist es nett und sauber.“ Da ist das Lächeln wieder. Wie die beiden anderen Mädchen lernt sie seit mehreren Jahren Deutsch. Ihre Sprachkenntnisse sind beeindruckend. Deutsch gefällt allen dreien. Aber sie lernen die Sprache nicht nur zum Spaß. Olga hat ein großes Ziel. Sie würde gern an der Berliner Charité Medizin studieren und Chirurgin werden.

Alle Gastschüler lernen neben Deutsch auch Englisch. Das gilt auch für Valerie (15). Um ihr Französisch zu pimpen, war die Nieskyerin letzten Herbst für einige Tage in Martins Familie in Frankreich zu Gast. Auch sie lernt die Fremdsprache nicht nur aus reinem Vergnügen. Ihr Vater ist geschichtlich interessiert. Er will in Frankreich Militäranlagen aus dem 2. Weltkrieg dokumentieren. Valerie soll übersetzen. Wofür Fremdsprachen nicht alles gut sind?