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Ruhe nach dem Kahlschlag

Baumfällungen im Zittauer Gebirge haben in der Vergangenheit immer für Kritik gesorgt. Beim jüngsten Fall war das nicht so.

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© Matthias Weber

Von Mario Sefrin

Autofahrer, die lange nicht mehr von Olbersdorf nach Oybin gefahren sind, werden sich ganz sicher wundern. Bietet sich doch auf der Friedrich-Engels-Straße, kaum dass man den zweiten Übergang der Schmalspurbahn hinter sich gelassen hat, ein ungewohnt freier Blick auf den Berg Oybin. Am Fuß des Töpfer, wo bis vor wenigen Wochen noch Bäume die Sicht auf den Oybiner Hausberg versperrten, gibt es nach Baumfällungen nun kahle Flächen.

Grund dafür sind Forstarbeiten des Forstbetriebes der Stadt Zittau. Ihr gehören bis auf wenige Ausnahmen der Wald im Zittauer Gebirge, das Königsholz bei Oderwitz sowie Waldflächen im Wittgendorfer Holz und im Kemlitztal. „Bei den Baumfällungen handelt es sich um eine Verkehrssicherungsmaßnahme des Forstbetriebes der Stadt Zittau“, sagt die Leiterin Angela Bültemeier. „Wir sind als Forstbetrieb verpflichtet, jährlich den Zustand der Bäume entlang öffentlicher Straßen zu überprüfen. Wird eingeschätzt, dass in naher Zukunft vom Baumbestand eine Gefahr ausgeht, müssen wir handeln.“ An der Friedrich-Engels-Straße in Oybin sei das der Fall gewesen, so Angela Bültemeier. „Ein großer Teil der Nadelbäume an dieser Stelle war vom Borkenkäfer befallen und bereits zur Hälfte abgestorben. Einige der Laubbäume hatten außerdem alte Verletzungen im Stammfuß- und Kronenbereich, an denen sich bereits holzzerstörende Pilze angesiedelt hatten.“ Dadurch habe erhöhte Bruchgefahr bestanden. „Die Verkehrssicherheit für die Straße und die benachbarten Grundstücke war nicht mehr gewährleistet“, sagt Angela Bültemeier.

In der Vergangenheit hatte sich der Zittauer Forstbetrieb nach so einer Fällaktion immer massive Kritik anhören müssen. Die Stadt habe nur die Einnahmen durch den Holzverkauf im Blick und lasse darum übermäßig Holz im Stadtwald fällen, lautete der Tenor. Nach den Baumfällungen in Oybin ist das anders: Die Maßnahme sei von der Straßenmeisterei, den Anwohnern und dem Fremdenverkehrsbetrieb der Gemeinde Oybin mit Wohlwollen aufgenommen worden, heißt es beim Forstbetrieb. Dabei wäre Kritik darüber durchaus ver- ständlich gewesen – immerhin konnte der Forstbetrieb diese Baumfällungen nicht in der „Waldpost“ vorab ankündigen. In diesem vierteljährlich erscheinenden Informationsblatt berichtet der Forstbetrieb der Stadt Zittau über bevorstehende Arbeiten und erklärt den Wald auf vielfältige Art und Weise. „Im Fall von Oybin hat uns die verkehrsrechtliche Freigabe zu spät erreicht. Da war die neue Waldpost schon erschienen“, sagt Angela Bültemeier.

Munition für Kritiker, die der Stadt Gewinn-Maximierung beim Holzverkauf vorwerfen, könnte auch der Jahresabschluss 2015 für den Zittauer Eigenbetrieb Forstwirtschaft und Kommunale Dienste liefern, über den die Stadträte in ihrer jüngsten Sitzung zu befinden hatten. Wird doch darin ein Jahresgewinn in Höhe von knapp 278 000 Euro ausgewiesen – bei Gesamterträgen in Höhe von 2,214 Millionen Euro. 222 000 Euro hat der Forstbetrieb zu diesem Gewinn beigetragen. Bei genauer Betrachtung zeigt sich: Es gibt mehrere Gründe dafür. Zwar sei 2015 mit 22 340 Festmetern mehr Holz als geplant geschlagen worden, so Angela Bültemeier. Zudem konnten beim größten Teil der Holzernte – rund 17 000 Festmeter – Maschinen eingesetzt werden. „Die Ernte mit dem Harvester ist kostengünstiger als die Ernte mit Motorsägen und dem anschließenden Rücken“, erklärt die Forstbetriebsleiterin. Ein weiterer Grund für den Gewinn findet sich in der Holzqualität. „Wir haben 2015 mehr hochwertiges Sägeholz geerntet. Für das wird mehr bezahlt als für Industrieholz, dessen Qualität nicht so gut ist“, sagt Angela Bültemeier. Alles in allem sei 2015 ein sehr gutes Jahr gewesen, schätzt die Leiterin ein. Sie weiß aber: „Das wird nicht die Regel sein. Schon allein deshalb, weil nicht überall in unseren Waldgebieten die Bedingungen für die kostengünstigere mechanisierte Ernte gegeben sind.“ So würden vor allem im Zittauer Gebirge die natürlichen Bedingungen mit Felsen und Hängen dieser Ernteform Grenzen setzen.

Bei der jährlichen Holzernte ist der Zittauer Forstbetrieb übrigens an die mittelfristige Betriebsplanung gebunden, die der Sachsenforst erstellt. „Aller zehn Jahre wird dabei der Zustand des Waldes betrachtet und der Nachwuchs gemessen“, sagt Angela Bültemeier. „Daraus errechnet sich dann der jährliche Hiebsatz.“ Dieser betrage aktuell 4,6 Festmeter pro Jahr und Hektar. Dem steht ein jährlicher Zuwachs von neun Prozent gegenüber. Bei den Holzeinschlägen im Stadtwald handelt es sich also in der Regel um geplante Nutzungen.

Nicht geplant werden kann dagegen der Holzeinschlag durch Schädlingsbefall. In den zurückliegenden Monaten haben Borkenkäfer im Zittauer Gebirge dafür gesorgt, dass auf einigen Flächen ungeplant Bäume gefällt wurden. Auch im Königsholz und im Wittgendorfer Holz gab es großflächige Stellen mit Käferbefall. Dort sind für 2017 Aufforstungen geplant, heißt es. Nicht mehr aufgeforstet wird hingegen der Töpferhang an der Friedrich-Engels-Straße in Oybin. „Der Hang soll sich auf natürliche Art und Weise wiederbegrünen. Es wird angestrebt, dass nur noch Sträucher und maximal kleine Bäume am Hang wachsen“, sagt Angela Bültemeier. Der schöne Blick auf den Oybin bleibt wohl.