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Rüsselseuche im Anmarsch

Die Afrikanische Schweinepest könnte bald in Sachsen auftreten. Die Behörden planen für den Ernstfall.

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© dpa

Von Jörg Stock Und Jens Fritzsche

Der Name führt in die Irre: Die Afrikanische Schweinepest, kurz ASP genannt, gibt es längst nicht mehr nur in Afrika. Schon 2014 kam sie in Europa an, befiel das Baltikum und Polen, Anfang 2017 auch die Ukraine. Bisher gewann die Seuche nur langsam an Boden. Im Sommer aber machte sie einen Riesensatz, über vier-, fünfhundert Kilometer, bis in den Osten von Tschechien und damit praktisch vor die Tore Sachsens und nicht mehr allzu weit vom Rödertal entfernt. Der Karswald bei Arnsdorf liegt ja quasi in der Einflugschneise – und auch die Dresdner Heide ist nicht weit.

Ist die Afrikanische Schweinepest für Menschen eine Bedrohung?
Nein. Das Virus der ASP sei nicht auf Menschen übertragbar, sagt Diplom-Biologin Elke Reinking vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Ostsee-Insel Riems. Selbst wenn Fleisch oder Wurst infizierter Tiere verzehrt würden, stelle dies kein Gesundheitsrisiko für Menschen dar.

Wie gefährlich ist die Krankheit für unsere Haus- und Wildschweine?
Beide Tierarten können sich untereinander anstecken, aber auch durch Kontakt mit Menschen, die Erreger in sich tragen oder verseuchte Nahrung in die Natur werfen. Letzteres wird im Fall des Ausbruchs in Tschechien angenommen, da der nächste Seuchenherd mehrere hundert Kilometer entfernt lag. Erkrankte Tiere zeigen in der Regel hohes Fieber, Fressunlust, Orientierungslosigkeit und Apathie. Eine sehr große Zahl stirbt nach kurzer Zeit.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Seuche zu uns kommt?
Die Forscher auf Riems schätzen die Wahrscheinlichkeit nach dem Ausbruch in Tschechien als hoch ein. „Es besteht jederzeit das Risiko eines Eintrags“, sagt Sprecherin Elke Reinking, „insbesondere über den Faktor Mensch.“ Dafür kommen nicht nur verseuchte Schweineprodukte infrage, sondern auch kontaminierte Gerätschaften aller Art, auch die Ausrüstung von Jagdtouristen. Hingegen schätzt das Institut das Risiko durch Kontakt zwischen infizierten Wildschweinen als mäßig ein. Auf diesem Weg könne die Krankheit nicht in kurzer Zeit über weite Strecken übertragen werden, hieß es.

Ist die Seuche auch im Raum Radeberg schon ein Diskussions-Thema?
Ja, auch die Ullersdorfer Revierförsterin Uta Krause verfolgt das Thema beispielsweise ganz genau; „auch, wenn die Seuche zum Glück die Dresdner Heide bisher nicht erreicht hat“. Sollte die Afrikanische Schweinepest aber den Weg auch ins Rödertal finden, „dann gibt es wohl nur ein einziges Mittel“, macht die Ullersdorfer Revierförsterin klar: Dann werden die Jäger – wie das auch bei Fällen der Europäischen Schweinepest schon so gehandhabt wird – die Wildschweine in der Dresdner Heide „massiv bejagen, um die Krankheit einzudämmen und auszurotten“. Die getöteten Schweine würden dann in die Tierkörperbeseitigungsanlage nach Lenz bei Großenhain gebracht.

Kann das Rödertal für den Ernstfall schon jetzt vorsorgen?
Vorsorge, sagt die Ullersdorfer Revierförsterin Uta Krause, sei schwierig. „Aber wir haben ja jetzt schon Regeln, die zumindest helfen können“, macht sie deutlich, dass zum Beispiel unabhängig von dieser neuen Gefahr bereits jetzt das Verbot gilt, Küchenabfälle in den Wald zu werfen. Auch die Afrikanische Schweinepest wird im seltensten Fall von Schwein auf Schwein übertragen. „Meist wird der Virus durch den Menschen eingeschleppt – schon ein weggeworfenes Schinkenbrot im Wald kann den Erreger enthalten“, weiß auch Jagdverbands-Chef Lothar Jentschel.

Wie ist man bisher gegen die Seuche vorgegangen?
Bisher ist es nirgends gelungen, die Pest zu stoppen. Im tschechischen Zlin wurde das verseuchte Gebiet großteils eingezäunt, um den Ausbruch infizierter Tiere zu verhindern. Innerhalb dieses Sektors soll sich die Seuche totlaufen. In der sich anschließenden Pufferzone werden so viele Wildschweine geschossen, wie nur möglich, um die Zahl potenzieller Überträger zu vermindern. Bisher wurden in der infizierten Zone über 180 tote Wildschweine mit ASP-Erregern gefunden, jenseits davon aber keine. Auch Hausschweine sind nicht betroffen. Die Seuche scheint vorläufig eingedämmt.


Welche Rolle sollen die Jäger im Krisenplan der Landkreise spielen?
Die Jäger sollen motiviert werden, verstärkt Schwarzwild zu erlegen, heißt es beispielsweise im benachbarten Landkreis Sächsische Schweiz. Informationsveranstaltungen zum Thema Afrikanische Schweinepest seien bereits abgehalten worden und würden auch weiterhin abgehalten. „Wichtig ist, dass das Virus schnell erkannt wird, falls es nach Deutschland eingeschleppt wird“, sagt Kerstin Körner, die Chefin des Gesundheitsamts in Pirna. Vor allem bei tot aufgefundenen oder bei Unfällen verendeten Wildschweinen sollen die Jäger mit den vom Amt zur Verfügung gestellten Tupfern Blutproben nehmen und zum Test auf Schweinepest an die sächsische Landesuntersuchungsanstalt schicken. Dafür werde jeweils eine Prämie von zehn Euro gezahlt. Binnen zwei Tagen stünde das Ergebnis in der Regel fest.

Gibt es genügend Jäger, um die Jagd noch intensiver zu betreiben?
Henryk Schultz, der Chef des Regionalbauernverbandes, selbst erfahrener Waidmann, glaubt das nicht: „Uns fehlt die Power“, ist er mit Blick auf die Statistik überzeugt. Außerdem befürchtet er, dass die Leute aus Furcht vor der Schweinepest kein Wildschwein mehr kaufen. Wären die Jäger nur noch „Entsorger“, würden wohl noch weniger zur Jagd gehen. Er fordert, dass dann der Staat die Abschüsse von Wildschweinen honoriert.

Kommt die Abschussprämie für Wildschweine?
Sie ist schon da. Aber noch nicht flächendeckend. Der Landkreis Görlitz etwa zahlt bis zu zehn Euro pro Schwein. Andere Landkreise diskutieren derzeit noch. Der Landesbauernverband fordert, dass der Freistaat wenigstens 25 Euro pro Tier locker macht.