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Rückkehr nach Krebs-Behandlung

Frankfurts Marco Russ steht nach zwei Chemotherapien wieder auf dem Rasen. Der Sieg im Pokal wurde zur Nebensache.

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© dpa

Von Jan Mies und Nicolas Reimer

Bevor Marco Russ vollkommen überwältigt und mit Töchterchen Vida auf dem Arm sein Comeback feiern konnte, musste der 31-Jährige zwei Minuten lang zittern. „Ich stand an der Seitenlinie, und der Ball ging einfach nicht ins Aus“, sagte Russ, dessen Rückkehr nach knapp zehnmonatiger Leidenszeit die schwache Leistung von Eintracht Frankfurt beim 1:0 (1:0) im Pokal-Viertelfinale gegen den Fußball-Zweitligisten Arminia Bielefeld überlagerte.

Schon als sich der Innenverteidiger in der Schlussphase seine Trainingsjacke auszog, vergaßen die Frankfurter Fans, dass sie in den 90 Minuten zuvor gehörig hatten bangen müssen. „Ich kann das kaum beschreiben, das war wie im Tunnel“, sagte Russ, der nach seiner Krebserkrankung im vergangenen Frühjahr zweimal eine Chemotherapie über sich hatte ergehen lassen müssen.

Noch ein, zwei lange Bälle der Gäste von der Alm musste Russ am Dienstagabend überstehen, ehe der „emotionale Moment“ nach dem insgesamt zwölften Frankfurter Halbfinal-Einzug gänzlich perfekt war. Minutenlang ließ sich Russ dann feiern, Ehefrau Janina stand mit Tränen in den Augen an der Seitenlinie. „Es waren über neun Monate, und es war eine harte Zeit“, sagte Russ bei Sky. „Ich habe es einfach nur genossen.“

Halbfinale ist wie ein Geschenk

Das Spiel zuvor war dagegen zum Abgewöhnen. „Das Halbfinale ist ein Geschenk, wir können froh sein“, sagte Torwart Lukas Hradecky, der mit seinen Paraden fast alleine dafür verantwortlich war, dass die Gäste kein Tor erzielten: „Das war eine ganz schwache Vorstellung, Bielefeld hatte die besseren Möglichkeiten. So sollten wir nicht weitermachen.“

Auch nach dem Führungstor von Danny Blum (6.) konnten die Hessen ihre Nervosität nicht ablegen. Wie schon in den letzten drei Ligapartien, die alle ohne eigenen Treffer verloren gingen, präsentierte sich das Team von Trainer Niko Kovac in der Offensive erschreckend schwach. In dieser Form muss die Eintracht aufpassen, in der Liga nicht durchgereicht zu werden. „Natürlich hätte ich gerne ein Spektakel gesehen. Das war es nicht“, sagte der Coach: „Aber im Pokal zählt nur das Weiterkommen.“

Jetzt hat Russ ein neues Ziel

Erstmals seit zehn Jahren steht der viermalige Cup-Sieger wieder in der Vorschlussrunde. „Wir wollen ins Finale, wie schon 2006“, sagte Russ, der damals beim 0:1 gegen Rekordmeister Bayern München in der Startelf stand. Jetzt hat er ein neues Ziel im DFB-Pokal: „Noch einmal 90 Minuten, dann sind wir in Berlin.“

Die Bielefelder hingegen müssen noch viel mehr Spiele überstehen, um in der 2. Liga die Klasse zu halten. „Die Leistung zieht uns hoch. Wenn uns das keinen Schub gibt, dann weiß ich es nicht“, sagte Kapitän Fabian Klos: „Die zweite Halbzeit macht mich stolz. Das habe ich den Jungs auch gesagt.“ (sid)