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Rückkehr der Zwinger-Orangen

In einem Monat darf sich der Zwinger wieder Orangerie nennen. Ein Winterquartier in Dresden wurde nicht gefunden.

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© Christian Juppe

Von Sandro Rahrisch

Sie sind echte Italiener, für ihr Alter schon ziemlich groß und bald gehen sie auf Reisen. Rund 80 Bitterorangen-Bäume ziehen am 19. Mai vom Barockgarten Großsedlitz in den Dresdner Zwinger und geben dem Hof jenen Namen zurück, den er bis vor 130 Jahren tragen durfte – Orangerie. „Sie haben sich sehr, sehr gut entwickelt“, sagt Ulrike Peter vom Schlösserland Sachsen. Der Größte ragt inzwischen 3,80 Meter in die Höhe. Inzwischen steht fest, wie die Bäume aufgestellt werden.

„Die Orangen bilden einen Rahmen um die vier großen Rasenflächen“, sagt Zwinger-Gärtner André Härtig. Weil die Bäume nicht alle gleich groß sind, werden sie hierarchisch, also auf- und absteigend angeordnet. Eingepflanzt sind sie in Kübeln. Das hat auch den Vorteil, dass sie in regelmäßigen Abständen umgestellt werden können. „Das müssen sie, sonst fällt das Licht immer nur auf einer Seite ein und die Orangen wachsen auf der einen Seite stärker als auf der anderen“, so Härtig. Außerdem würden die Zitruspflanzen die mitteleuropäischen Winter wohl nicht überstehen. Ende September kehren sie deshalb nach Großsedlitz zurück, im Mai dann wieder in den Zwinger. „In Dresden haben wir keine Winterunterkunft gefunden.“ Allerdings plant das Schlösserland, im Großen Garten eine Orangerie einzurichten. Einen genauen Zeitplan für dieses Projekt gebe es bislang aber nicht, sagt Ulrike Peter. Die Bäume benötigen in der kalten Jahreszeit geschlossene und beheizte Räume und verursachen somit hohe Betriebskosten. Aufstellen wird das Schlösserland zunächst nur 76 Bäume. Die restlichen werde man als Reserve behalten.

Orangen haben in Dresden eine lange Tradition: Im Jahr 1710 ließ Kurfürst August der Starke einige Hundert Bäume im Zwinger und im Herzogin Garten aufstellen. Eine der schönsten Orangerien Deutschlands entstand zu dieser Zeit. Die Bäume vermittelten nicht nur mediterranes Flair, sondern waren damals auch ein Statussymbol. Bereits wenige Jahre später beherbergte der Zwinger über 600 Pflanzen von rund 30 Arten. Wenig rühmlich ist das, was bis Ende der 1880er-Jahre mit den Bäumen passierte. „Die Dresdner sind sehr unflätig mit den Pflanzen umgegangen“, sagt Härtig. Besucher sollen in die Erde uriniert haben. Immer mehr Orangen gingen ein, die Orangerie verschwand. Das Schlösserland hofft, dass die neuen Bäume nicht dasselbe Schicksal ereilt. Immerhin wird der Zwinger nachts abgeschlossen, auch eine Hundestaffel ist im Dunkeln unterwegs. Diebstahl dürfte ohnehin schwierig sein: Die schweren Kübel sind verankert und haben keine Henkel.

Das Schlösserland kaufte die Bäume 2013 in Italien. Citrus aurantium ist ihr botanischer Name. Im Mai 2014 wurden sie aus der Baumschule in Adrea, südlich von Rom, in den Barockgarten Großsedlitz gebracht. Dort sind die Pflanzen nach der Wärme im Süden ans mitteleuropäische Klima angepasst worden. Die Kronen wurden in Form geschnitten, die Pflanzen eingetopft. In den blau-weißen Kübeln nach historischem Vorbild kommen die Bäumchen auch in den Zwinger. Möglich wurde der Kauf durch den Freundeskreis Schlösserland Sachsen. Dieser rief zu Spenden in Form von Patenschaften auf. Die Paten wählen einen bestimmten Baum aus und binden sich für mindestens fünf Jahre. Jedes Bäumchen erhält ein Schild mit dem Namen des Spenders. Die Pflege kostet pro Baum und Jahr 550 Euro. Inzwischen haben sich Paten für gut die Hälfte der Orangen gefunden. Die Spender kommen unter anderem aus Dresden, Berlin, Düsseldorf und Leipzig. Am vergangenen Wochenende sind sie in den Zwinger eingeladen worden, um sich die zukünftige Heimat ihrer Schützlinge anzuschauen. Sie dürfen sich aussuchen, an welcher Stelle ihre Bäume stehen werden.

Die Bitterorange, auch als Pomeranze bezeichnet, ist eine Kreuzung aus Pampelmuse und Mandarine. Sie kam bereits im 11. Jahrhundert nach Europa und damit eher als die süßeren und größeren Varianten. Saft lasse sich aus ihr nicht pressen, so Härtig. „Aber Marmelade kann man aus ihr machen.“ Wer die Früchte ernten wird, ist noch unklar. Zwinger-Besucher werden es wohl nicht sein. Denn zum Selbstpflücken hängen die Äste viel zu hoch.

Baumpaten gesucht: www.schloesserland-sachsen.de