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Rückkehr als Erfolgsautor

Die Nossener Lesenacht steht bevor. Laien und Profi-Autoren bestimmen das Geschehen. Einer lebte lange selbst in der Stadt.

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© Archiv/Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Nossen. Eine kleine Straße führt seit Mai 2013 durch einen Teil des neuen Wohngebiets am Augustusberg. Ihr Namensgeber ist Doktor Heinrich Karl Schwarze. In der Muldestadt ist der im Oktober 1946 gestorbene Mann eine bekannte Persönlichkeit. Denn Schwarze war ihr erster Bürgermeister nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Was das mit der bevorstehenden Nossener Lesenacht zu tun hat? Einiges, denn am Freitag, dem 7. April, kehrt sein Enkel nach Nossen zurück – um zu lesen. Andreas Schwarze, gebürtiger Meißner, hat längere Zeit in Nossen gelebt, hier bis 2010 eine Wohnung besessen. Sein Lebensmittelpunkt befindet sich zwar schon länger in Dresden, doch die Rückkehr nach Nossen ist für den 57-jährigen etwas Besonderes.

Andreas Schwarze (57) ist Autor, Regisseur, Fotograf und Songtexter. Er war Kurator des digitalen Archivs der Staatsoperette und lebt in Dresden.
Andreas Schwarze (57) ist Autor, Regisseur, Fotograf und Songtexter. Er war Kurator des digitalen Archivs der Staatsoperette und lebt in Dresden. © privat

Gerade wegen der Geschichte seines Großvaters. „Er war ein großartiger Mann, der tapfer für demokratische Grundwerte eintrat“, sagt Schwarze. Er selbst war von 1990 bis 2013 Dozent an der Musikhochschule „Carl Maria von Weber“ in Dresden, später Regisseur und Leiter einer privaten Bühnenschule. Einen Namen machte er sich spätestens ab 2012, als er sich um die Jubiläumsgala zu 65 Jahren Staatsoperette kümmerte. Zuletzt blieb er dem inzwischen im Kulturkraftwerk Mitte beheimateten Ensemble als Kurator von dessen digitalem Archiv erhalten. Zur Nossener Lesenacht kommt er nun als Autor und Gestalter des Buches „Metropole des Vergnügens“. Das Werk wird er am 7. April mitbringen, im Sachsenhof zwischen 19 und 21 Uhr dreimal daraus vorlesen. Auf 200 Seiten erzählt Schwarze die Geschichte der musikalischen Volkstheater in Dresden von 1844 bis heute. Natürlich, sagt der für die Kultur lebende Künstler, gebe es sein Buch an diesem Abend auch zu kaufen.

Dass Schwarze nach Nossen zur nunmehr fünften Lesenacht kommt, sei einer der Erfolge der Organisatoren. Das sagen Schatzmeisterin Karin Flade und der Vorsitzende Dirk Frenzel-Arnhold vom Kulturverein Nossen mit einigem Stolz. Ein anderes Beispiel sei etwa der Leipziger Autor Stefan Schwarz, der gegen 22.15 Uhr die Schlusslesung halten wird. Der SZ-Journalist Peter Ufer ist dieses Mal nicht dabei. Dafür ist es dem Kulturverein mithilfe seiner Unterstützer gelungen, wieder 22 verschiedene Stationen im Stadtzentrum für die Lesenacht zu akquirieren. Da wird die Stadtbibliothek zum Krimi-Leseort, die Bäckerei Liebe zur Satire-Hochburg oder die Sparkasse zur Bühne für witzige Tiergeschichten mit Jürgen von der Lippe. Mal lesen Autoren aus ihren veröffentlichten Büchern vor, mal sind es Händler oder Friseure, die den Zuhören aus ihren Lieblingsbüchern vortragen.

Die 5. Nossener Lesenacht

Das Programm mit mehr als 80 Lesungen an 22 Orten beginnt am 7.April um 16 Uhr.

Die Abschlusslesung findet um 22.15Uhr im Sachsenhof statt. Der Leipziger Autor und Journalist Stefan Schwarz liest aus seinem Roman „Oberkante Unterlippe“

Die Lese-Schatzsuche für Kinder beginnt bereits ab 16.30 Uhr. Die Schatzkarte gibt es ab 16 Uhr am Marktbrunnen.

Die Lesenacht kostet wie immer keinen Eintritt. Sie endet gegen 23 Uhr.

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Die Mischung aus beidem, so Frenzel-Arnhold, mache den besonderen Charakter der Lesenacht aus. „Mit dabei sind viele, die vor fünf Jahren schon angefangen hatten“, sagt Karin Flade. Sie nennt hier den Nossener Bürgermeister Uwe Anke. Er wird wie gewohnt im Rathaus lesen, und zwar aus dem Buch von Sten Nadolny „Die Entdeckung der Langsamkeit“.

Ebenfalls von Beginn an dabei seien die Junge Gemeinde, die Drogerie Junghanß am Markt, die Bücherstube von Elke Benedix an der Waldheimer Straße sowie der Augenoptiker Gründig. Man freue sich aber auch über Neulinge in der Riege der Leseorte. „Das Blumeneck von Angelika Neumann ist zum ersten Mal dabei“, erzählt Dirk Frenzel-Arnhold. Dass so viele Ladenbesitzer bereit sind, spätabends zur Vorlese-Bühne zu werden, erklärt sich Karin Flade so: „Wir schaffen das, weil wir keine Großfilialisten, sondern zum Glück viele private Ladenbesitzer in der Innenstadt haben. Mit denen kann man noch persönlich und schnell ins Gespräch kommen.“ Die Begeisterung sei nach wie vor groß unter den Nossenern.

Nur so habe man wieder über 80 Einzellesungen auf die Beine stellen können. Die 1 000 Flyer für die Lesenacht sind bereits gedruckt. Ein Großteil des Budgets von nicht einmal 2 000 Euro sei alleine dafür ausgegeben worden. Mit klassischen Gagen kann keiner der Autoren rechnen. Doch für einen wie Andreas Schwarze spielt das keine Rolle. Er, der auf den Spuren seines Großvaters zurückkehrt, würde im Gegenteil für kein Geld der Welt verzichten.